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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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Zusammenstoß verdampften ein Gutteil der Erde und fast die gesamte Theia. Der Großteil des Dampfes kondensierte wieder in der Mondumlaufbahn und ballte sich zum Mond zusammen. Aus dem Rest wurde der Erdmantel, daher die Ähnlichkeit. Dieselbe Theorie erklärt den großen Drehimpuls des Erde-Mond-Systems – eine willkommene Zugabe.
    Im Lauf der Zeit zeigten sich Probleme mit der Theia-Theorie. Der Zusammenstoß hätte sehr hohe Temperaturen an der Erdoberfläche erzeugt, sodass ziemlich alles Wasser verkocht worden wäre. Das scheint unvereinbar mit den heutigen Ozeanen der Erde zu sein. Also wurden zusätzliche Annahmen benötigt, um Theia zu retten. Vielleicht fielen ein paar Eisasteroiden auf die frühe Erde und brachten das Wasser zurück; vielleicht fiel das verdampfte Wasser doch auf die Erde zurück. Einige sehr alte australische Gesteine scheinen aber zu bezeugen, dass es vor etwa vier Milliarden Jahren viel Wasser auf unserer Welt gab, und das scheint zu kurz nach dem Ursprung des Mondes zu sein, als dass sich solch ein enormer Zusammenprall ereignet haben könnte.
    Wir haben die Theia-Theorie 1999 in Die Gelehrten der Scheibenwelt beschrieben, aber in der Ausgabe von 2002 waren wir davon nicht mehr überzeugt.* [* Die überarbeitete und ergänzte Neufassung steht seit 2006 auch in den deutschen Ausgaben. – Anm. d. Übers. ] Das größte Problem erwuchs aus neueren Computersimulationen des Zusammenpralls. Die ersten dieser Simulationen, jene, die die Theia-Theorie etabliert hatten, zeigten, wie ein großer Brocken von der Erde wegspritzte, dann spaltete sich dieser Brocken. Ein Teil bildete den Mond, und der Rest fiel zurück auf die Erde und bildete den Mantel. Die Theia wurde mit beiden vermengt, aber in ähnlichen Anteilen; also konnte jeder sehen, warum der Mond und der Erdmantel dieselbe Zusammensetzung aufweisen.
    Die Simulationen, die zu dieser Schlussfolgerung führten, erforderten jedoch viel Rechenzeit, und nur einige wenige Szenarios konnten durchgespielt werden. Mit besseren Computern wurden die mathematischen Modelle raffinierter, und die Folgerungen daraus wurden schneller und leichter abgeleitet. Es erwies sich, dass in den meisten der Großteil der Theia in den Mond einging und nur sehr wenig in den Erdmantel.
    Wie können dann Mond und Mantel praktisch identisch sein?
    Die bis 2012 gängige Hypothese lautete: Theias Zusammensetzung muss der des früheren Erdmantels sehr ähnlich gewesen sein.
    Das war natürlich genau das Problem, welches die ganze Theorie zu lösen versuchte. Warum sollten die Zusammensetzungen gleich gewesen sein? Wenn wir das für die Theia beantworten, indem wir erklären, dass »sie es eben waren«, warum dann nicht dieselbe Logik auf den Mond anwenden? Die Theia-Theorie musste dieselben Übereinstimmungen voraussetzen, die sie erklären sollte.
    In der Neuausgabe der Gelehrten der Scheibenwelt bezeichneten wir das als »von der Fragestellung abirren«, eine Ansicht, die Ian in Die Mathematik des Lebens wiederholte. Diese Sicht scheint neuerdings (im Juli 2012) bestätigt worden zu sein, als Andreas Reufer und Kollegen ein ähnliches, aber unterschiedliches Szenario entdeckten. Auch dabei findet ein Zusammenstoß statt, doch nun war der betreffende Körper viel größer als Theia (oder Mars) und bewegte sich viel schneller. Es war eher ein seitliches Streifen als ein frontaler Zusammenprall. Das meiste wegspritzende Material stammte von der Erde, sehr wenig von dem stoßenden Körper. Diese neue Theorie stimmt mit den Zahlen für das Drehmoment überein und sagt voraus, dass die Zusammensetzung von Mond und Erdmantel sogar noch ähnlicher sein müsste als zuvor gedacht. Einiges Faktenmaterial, das dieses Szenario stützt, existiert bereits. Eine neue Analyse der Apollo-Mondgesteinsproben durch Junjun Zhangs Gruppe* [* Junjun Zhang, Nicolas Dauphas, Andrew M. Davis, Inigo Leya und Alexei Fedkin: The proto-Earth as a significant source of lunar material. In: Nature Geoscience 5 (2012), S. 251 – 255.] hat ermittelt, dass das Verhältnis der Titan-Isotope 50 und 47 »innerhalb einer Schwankungsbreite von etwa vier Millionstel mit dem der Erde identisch ist«.
    Das ist nicht die einzige Alternative. Matija Čuk und Kollegen haben gezeigt, dass die beobachtete Chemie des Mondgesteins von einem Zusammenstoß herrühren kann, wenn die Erde damals wesentlich schneller rotierte – eine Umdrehung alle paar Stunden. Damit ändern sich die Menge des wegspritzenden Gesteins

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