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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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addiert.* [* Für eine dominante Frequenz ω klingt die Kombination sin( ωt ) + 0,75 sin(3 ωt ) + 0,5 sin(5 ωt ) + 0,14 sin(7 ωt ) + 0,5 sin(9 ωt ) + 0,12 sin(11 ωt) + 0,17 sin(13 ωt ), die bis zur dreizehnten Harmonischen geht, für das menschliche Ohr ziemlich überzeugend.] Aber »existieren« diese Komponenten als physikalische Dinge? Das ist fraglich, obwohl wir den Klang in diese »Dinge« zerlegen und sie wieder zusammensetzen können. Einerseits können wir sie feststellen, indem wir auf den Klang, den die Klarinette hervorbringt, die richtige Mathematik anwenden. Andererseits bringt eine Klarinette überhaupt keine reinen Sinustöne hervor, es sei denn, man treibt einen ungeheuren Aufwand, um die unerwünschten Komponenten herauszufiltern – und dann ist es eigentlich keine Klarinette mehr. Mathematisch werden die Schwingungen einer Klarinette am besten durch eine nichtlineare Gleichung beschrieben, die nur die komplexe Wellenform erzeugt, nicht die individuellen Fourier-Komponenten. In diesem Sinn erzeugt eine Klarinette nicht die Komponenten und setzt sie dann zusammen, vielmehr treten sie als einziges, unteilbares Paket auf.
    Man kann aus diesen mathematischen Konstrukten viel über den Klang einer Klarinette erfahren – aber das heißt nicht, dass die Konstrukte wirklich sind, sondern nur, dass die mathematische Technik an sich nützlich ist. Eine ähnliche Methode wird verwendet, um die Daten in digitalen Bildern zu komprimieren, wobei Graustufen-Muster anstelle von Klangwellen verarbeitet werden, aber in der wirklichen Welt entsteht das Bild nicht aus der Addition dieser Komponenten.
    Greifen Physiker einfach nur mathematische Konstrukte auf – erschaffen sie sie also in gewissem Sinn dadurch, wie sie ihre Daten analysieren – und interpretieren sie als Elementarteilchen? Sind ausgefallene hochenergetische Teilchen real, oder werden sie von komplexen Anregungszuständen von etwas anderem hervorgerufen? Und wenn ja, macht das einen wichtigen wissenschaftlichen oder philosophischen Unterschied aus? Wir wagen uns nun auf das Gebiet der Fragen über die Natur der Realität, wovon die entscheidendste Frage lautet, ob es so etwas wie Realität überhaupt gibt. Wir sind uns bezüglich der Antworten nicht sicher, also wollen wir uns damit begnügen, die Fragen aufzuwerfen. Doch wir vermuten, dass mehrere unterschiedliche Interpretationen derselben Physik gleichermaßen gültig sein können.* [* In Licht von M. John Harrison haben Außerirdische, die rings um den Galaxiskern leben, sechs unterschiedliche Raumantriebe entwickelt, jeder basierend auf einer anderen Theorie der Grundlagenphysik. Mehrere dieser Theorien sind bekanntermaßen falsch, aber alle Antriebe funktionieren bestens. Auf der Rundwelt sind unsere Theorien über Aerodynamik Näherungen, die die Struktur in atomaren Größenordnungen vernachlässigen, trotzdem fliegen Flugzeuge ohne Weiteres. Lügen-für-Kinder funktionieren oftmals.] Welche die beste ist, hängt davon ab, was man damit anfangen will.
    Nachweislich ist das Higgs ein kleiner Huckel auf einer ansonsten glatten Kurve. Mit der Geisteshaltung und Tradition der Teilchenphysik wird sie als Teilchen interpretiert. Interessant ist für uns, wie der Huckel alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, während die viel größere Datenmenge, die der glatten Kurve entspricht, in den Hintergrund gedrängt wird.
    Ein viel vertrauteres Beispiel weist dieselben Züge auf. Unser Bild vom Sonnensystem mit allen seinen Planeten, Asteroiden und Kometen, die sich vorschriftsmäßig verhalten, wäre gestört, wenn wir ein umherdüsendes Raumschiff bemerken, es aber für einen weiteren regulären Körper halten würden. Es wäre ein Tunichtgut, der sich nicht ans Gravitationsgesetz hält. Das Gesetz sagt uns nämlich, was natürlich ist, also wird das Raumschiff zu einer Anomalie. Denken Sie an die Aufregung wegen der Pioneer -Anomalie, einer unerklärten Beschleunigung von etwa 10 –9 Metern pro Quadratsekunde, die man unlängst durch ungleichmäßige Wärmeabstrahlung erklärt hat. Das Gesetz spannt die Szene auf, den Hintergrund, vor dem das Raumschiff zu einer Geschichte wird. Pan narrans kann nicht umhin, das Raumschiff als den interessantesten Gegenstand zu betrachten, weil es nicht in die Geschichte passt – es scheint das Gesetz zu verletzen.
    Unser Denken hat sich vermutlich so entwickelt, dass es den Ausnahmen besonderes Gewicht beimisst. Isaac Asimov, der überaus produktive Autor von

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