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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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Gesichtsverlust für die Behörde auf Distanz halten. Was er nicht vermochte, würde der Behördenleiter, Herbert Hübsch, einbringen, der selbst eine Zeit lang Pressesprecher im Ministerbüro in Wiesbaden gewesen war. Als Schultz im dritten Stock aus dem Fahrstuhl stieg und in sein Dienstzimmer gehen wollte, begegnete er auf dem Flur Rechtsanwalt Doktor Schaller. Er lächelte und drückte ihm die Hand. Da Krawinckel nicht zu sehen war, entschied er sich, Schaller zu duzen. Sie waren seit Jahren privat befreundet. »Du bist zu früh, Rolf. Das passiert dir doch sonst nicht.«
    Schaller ordnete seine graumelierten Haare, die ihm ein rückwärtiger Wind über die Ohren geblasen hatte, und putzte sich die Brille. »Ich bin gerade bei deinem Kollegen Diener gewesen. Ein netter und begabter junger Mann. Er hat mir freundlicherweise ein paar Ergebnisse eurer gestrigen Durchsuchung bei meinem Mandanten mitgeteilt. Das verändert natürlich meine Verteidigungskonzeption. Ich verstehe, dass Krawinckel von euch nicht mehr als Zeuge angesehen, sondern als Beschuldigter geführt wird. Deshalb ist es gut, dass wir uns unter vier Augen begegnen. Ich hätte dich sonst um ein vertrauliches Gespräch gebeten.«
    Mit fragendem Blick musterte ihn Schultz. »Wie sieht deine neue Verteidigungsstrategie aus? Ich habe vorgesehen, Krawinckel jetzt erneut zu vernehmen. Seine frühere Aussage als Zeuge ist nicht mehr viel wert. Als Beschuldigter darf er ja zu den Vorwürfen schweigen. Wie will er sich denn dazu verhalten?«
    Schaller zog seinen Burberry-Mantel aus und hängte ihn über den Arm. Er sog die Luft ein, was seinen leichten Bauchansatz vorteilhaft zurücktreten ließ. »Es ist warm bei euch.« Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich über die Stirn. Seine Miene blieb freundlich. »Was sollen wir tun? Wir legen ein Teilgeständnis ab.«
    Die Stirn von Schultz legte sich in tiefe Furchen. »Wieso nur ein Teilgeständnis. Die Internet-Beweise, die Malereien von Sunita, die Örtlichkeiten im Vogelsberg im Zusammenhang mit den Angaben der Sachverständigen, Frau Reiche, die Aussagen von Frau Janssen, von Beuchert und dem indischen Jungen Dubho – um nur ein paar Ermittlungsergebnisse zu benennen – rücken ihn in den Verdacht des sexuellen Missbrauchs an Sunita. Wo will er da noch Vorbehalte einbauen? Von dem Tötungsdelikt will ich vorerst nicht reden. Da gibt es noch Arbeit für uns.«
    »Den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornos wird er zugeben. Noch ziert er sich bei der Frage, ob er sich selbst an Sunita vergriffen oder sie lediglich bei entsprechenden Widerlichkeiten fotografiert hat. Er wird allerdings auf jeden Fall bestreiten, etwas mit der Tötung von Sunita zu tun zu haben.«
    »Und worauf willst du nun hinaus?«
    »Lass uns einen Deal machen, Hanspeter. Er akzeptiert eine Freiheitsstrafe mit Bewährung. Nachdem mir Herr Diener ein paar von euren Durchsuchungsergebnissen mitgeteilt hatte, habe ich kurz mit ihm gesprochen. Er ist schon hier. Ich habe mich an einem neutralen Ort mit ihm getroffen, als ich die Zeitungsmeute vor der Tür gesehen habe. Wir sind über einen Nebeneingang hierhergekommen. Unterwegs haben wir uns verständigt, ein Teilgeständnis abzulegen und damit eine kurze Hauptverhandlung von einem halben Tag zu haben, weil wir keine Zeugen brauchen. Das Urteil wird sofort rechtskräftig, und du hast mit der Sache keine Arbeit mehr. Was hältst du davon?«
    »Wir sind uns einig, dass wir vor einer solchen Abrede mit dem zuständigen Gericht ein Einvernehmen herstellen müssten. Außerdem müsste ich mir erst noch reiflich überlegen, ob die Aussetzung der Strafe zur Bewährung in Ordnung ginge. Dazu bräuchten wir einige gewichtige Hinweise deines Mandanten, warum die Tat in einem so milden Licht gesehen werden soll. Für mich wird das auch davon abhängen, in welchem Ausmaß er Sunita zu nahe getreten ist und wozu er sie alles gezwungen hat.« Schaller riss seine kugelrunden blauen Augen weit auf. »Er wird in seiner Aussage einige Dinge zu seiner Entlastung vortragen. Sie war ein Luder. Ihrer erhofften Karriere wegen hat sie ihn verführt, nicht er sie. Er fiel darauf herein, weil er ein armer Teufel ist. Viel hat er ihr nicht getan. Eine sexuelle Vollendung istihm nicht möglich.«
    Das empörte Gesicht von Schultz sprach Bände. »Du sprichst nur die körperlichen Auswirkungen an. Die psychischen Belastungen und die Prägung für den Rest des Lebens eines Kindes einschließlich

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