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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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der Nordweststadt.«
    Weber nickte. »Kläre mal schnell über Funk ab, ob etwas gegen sie vorliegt. Ich bleibe so lange bei ihnen.«
    Manuela Stein ging zum Streifenwagen. Weber nahm Blickkontakt zu den zwei Männern auf. »Was habt ihr hier zu tun? Da vorne liegt doch jemand auf dem Boden. Den habt ihr wohl zusammengeschlagen, oder?«
    Der Kleinere fuhr sich mit leicht zitternden Fingern durch seine schwarzen, lockigen Haare, schlug den Kragen seiner schwarzen Lederjacke hoch und schüttelte mehrmals kräftig den Kopf.
    »Quatsch! Damit haben wir nichts zu tun. Wir waren in der Disco und wollten noch eine Zigarette rauchen und ein bisschen reden. Als wir hier entlanggingen, sahen wir ihn liegen. Der ist total besoffen. Und zugepinkelt hat er sich auch.«
    »Und warum habt ihr dann versucht wegzulaufen, wenn ihr euch nichts vorzuwerfen habt?«
    Der zweite junge Mann zuckte mit den Schultern. »Das ist doch ganz einfach. Wir hatten Angst. Der Besoffene hat sich wahrscheinlich beim Hinfallen verletzt. Jedenfalls blutet er. Wir befürchteten, dass die Polizei uns dafür verantwortlich macht.« Bevor Weber weiterfragen konnte, näherte sich ein Streifenwagen vom Südbahnhof her mit Blaulicht und Martinshorn und hielt mit quietschenden Reifen bei dem niedergeschlagenen Beuchert an.

27. Kapitel
    Ahmed El Nasri saß in seinem Taxi vor dem Hessischen Rundfunk in der Bertramstraße, streckte sich, gähnte herzhaft und dachte nach, wie es weitergehen sollte. Er hatte die Scheibe auf der Fahrerseite heruntergelassen, atmete tief durch und betrachtete den verblassenden Mond. Dieser 28. November blieb wohl so ungewöhnlich warm wie der Vortag. Wolkenfetzen jagten über einen leicht bläulichen Himmel, der am Horizont von einem weißlichen Gelb durchzogen wurde. Dennoch hielt sich hartnäckig ein düsteres Licht. Nur behutsam deutete sich zarte Helligkeit an.
    Er zog den Ärmel zurück und schaute auf seine Armbanduhr. Drei Minuten vor acht Uhr. Mit einem Schlag erloschen die Straßenlaternen. Westwind kam auf, änderte aber nichts an den bereits vorherrschenden Temperaturen von zehn Grad. Für die Jahreszeit war es spürbar zu warm.
    Die Müdigkeit steckte Ahmed El Nasri noch tief in den Knochen. Bis zwei Uhr nachts war er mit seinem Taxi unterwegs gewesen, weil es den ganzen Tag über nicht viel zu verdienen gegeben hatte. Deshalb hatte er sich entschlossen, bereits am frühen Morgen wieder die Fahrgastsuche aufzunehmen.
    Das hatte sich als erfolgreich erwiesen. Er hatte einen weiblichen Fahrgast mit seinem Taxi vom Typ Opel Zafira vor dem Haupteingang des Hessischen Rundfunks an der Bertramstraße abgesetzt. Die hübsche junge Dame mit den feuerroten langen Haaren und den überlangen schlanken Beinen hatte er eine Viertelstunde zuvor am Hauptbahnhof aufgenommen und sich während der gesamten Fahrt wunderbar mit ihr unterhalten.
    Die schick gekleidete Frau nahm ihren Erzählungen nach irgendeine Aufgabe bei der Betreuung der Sportjugend in Offenbach wahr. Worum es sich dabei genau handelte, hatte Ahmed El Nasri nicht verstanden. Nicht etwa, weil er nur unzulänglich die deutsche Sprache beherrscht hätte. Er war als Sohn eines eingewanderten arabischen Bauarbeiters in Frankfurt geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und hatte einen leidlichen Hauptschulabschluss.
    Vielmehr hatte die Frau zunächst Sportarten angesprochen, für die er sich nicht interessierte. Eine von ihm selbst bemessene Anstandsfrist lang hatte er zugehört und dann das Wort Fußball eingeworfen. Er spielte selbst bei einem Verein in der A-Klasse und besuchte die Heimspiele der Frankfurter Eintracht, wann immer er es konnte. Zu seiner Begeisterung kannte sich die Dame im Fußballgeschäft ausgezeichnet aus, so dass sie während der gesamten Fahrt gefachsimpelt hatten.
    Wie herzhaft hatte sie aufgelacht, als er wegen der Rivalität Frankfurts zur Nachbarstadt pflichtgemäß und spaßhaft ein paar abfällige Bemerkungen zu den Offenbacher Kickers gemacht hatte. Sogar sein Hinweis, dass in Offenbach die Vögel auf dem Rücken fliegen würden, um nicht das Elend der Stadt sehen zu müssen, hatte sie belustigt aufgenommen.
    Natürlich hätte es ihn noch interessiert, was genau sie im Rundfunk wollte. Er hatte nur in einem Nebensatz aufgenommen, dass sie Studiogast in der Morgensendung von HR 3 sei.
    Jetzt überlegte Ahmed El Nasri angestrengt, welchen Standplatz er anfahren sollte. Die Wahrscheinlichkeit, hier alsbald einen neuen Fahrgast aufnehmen zu

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