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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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dass die Treppe nicht leicht zu finden sein würde.
    Er erreichte das Dienstzimmer, wurde hereingebeten und war angenehm überrascht. Dieser etwas kräftige Beamte mit seinen roten Wangen und der sportlich-korrekten Kleidung wirkte vertrauenswürdig auf ihn. Als er ihm zudem noch ohne große Vorfragen einen Stuhl und einen Kaffee anbot, wusste er, dass er mit seinem Kommen die richtige Entscheidung getroffen hatte.
    Köhler stellte einen Pott Kaffee, Würfelzucker und Kondensmilch vor ihm hin. Dann setzte er sich ihm gegenüber. »Sie heißen, bitte?«
    »Ahmed El Nasri. Ich bin trotzdem Deutscher.«
    Ein verhaltenes Lächeln umspielte Köhlers Mund. »Sie wollen eine Mitteilung zu dem gestrigen Vorfall in Sachsenhausen machen, sagte mir der Kollege von der Pforte?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt wichtig ist, was ich zu sagen habe. Vielleicht hat meine Beobachtung gar nichts mit der Sache zu tun, die ich vorhin im Radio gehört habe.«
    »Was haben Sie denn genau gesehen?«
    Ahmed El Nasri trank einen Schluck Kaffee. Seine Hand zitterte, weil er aufgeregt war. In einer solchen Situation hatte er sich noch nicht befunden. Obwohl er gerne etwas Milch genommen hätte, hatte er davon Abstand genommen. Er hatte befürchtet, dass er sie verschütten würde. »Da waren zwei Männer. Genau konnte ich sie nicht erkennen, weil es dunkel war. Einer hatte lange gelockte Haare. Die Haarfarbe war hell. Der andere Mann war gedrungener und in seinen Bewegungen langsamer.«
    »Von wo haben Sie die beiden Männer beobachtet?«
    »Das war vom Taxistandplatz am Südbahnhof aus. Ich bin Taxifahrer und wartete dort auf Kunden. Die beiden kamen aus der Brückenstraße gelaufen.«
    Köhler spannte seinen Oberkörper an, beugte sich nach vorn und faltete die Hände. Mit wachsender Konzentration begannen seine Wangen immer mehr zu glühen. »Sie rannten?«
    El Nasri wog den Kopf hin und her. »Sie beeilten sich jedenfalls.« Mit der rechten Hand prüfte Köhler den korrekten Sitz seiner nach hinten gekämmten dunklen Haare. »Wissen Sie noch, um welche Zeit das etwa gewesen ist?«
    »Kurz nach Mitternacht, höchstens um halb eins. Das Geschäft ging gestern schlecht.«
    Köhler nickte und rückte mit seinem Stuhl näher an El Nasri heran. »Haben Sie irgendetwas Besonderes oder Auffälliges wahrgenommen? Irgendetwas, was uns weiterhelfen könnte, die Männer zu identifizieren?«
    Identifizieren! Ahmed El Nasri fühlte sich plötzlich sehr wichtig. Er setzte sich kerzengerade auf, atmete tief durch und erhob den Zeigefinger. »Ich glaube schon. Das Auto. Sie müssen wissen, dass ich Autofan bin. Vor allem Oldtimer haben es mir angetan. Da kenne ich mich aus. Die beiden Männer liefen zu einem tollen Wagen.«
    »Dann haben Sie sicher auch den Fahrzeugtyp erkannt?«
    »Selbstverständlich. Es war ein Jaguar. Der mit der ganz langen Schnauze. Aber das ist noch nicht alles.«
    »Was konnten Sie noch feststellen?«
    »Die Farbe. Die Lichtverhältnisse sind dort nicht optimal, aber eine solche Farbe fällt selbst noch bei düsterer Beleuchtung auf. Ich weiß nicht, wie ich die Farbe genau beschreiben soll. Das war eine Art Lila, ein sehr helles Lila.«
    Köhler strahlte so breit, dass seine blütenweißen Zähne stark mit dem Rot seiner Wangen kontrastierten. Er nahm einen Klebezettel von seinem gelben Block, heftete ihn auf seinen Schreibtisch und machte ein paar Notizen. »Hervorragend. Das könnte wirklich ein Anknüpfungspunkt für uns sein. Und die zwei Männer sind auch in das Fahrzeug eingestiegen?«
    »Ja, das habe ich selbst gesehen. Der Größere setzte sich hinter das Steuer, der gedrungene Mann auf den Beifahrersitz. Dann fuhren sie mit quietschenden Reifen los.«
    »Wunderbar. Vielen Dank. Ich benötige unbedingt Ihren Namen, Ihre Anschrift und Ihre Telefonnummer.«
    Ahmed El Nasri zückte seine Brieftasche, entnahm ihr eine Visitenkarte und legte sie vor Köhler auf den Schreibtisch. »Das ist noch nicht alles.«
    Köhler runzelte die Stirn.
    »Der Jaguar parkte nur ein Stück von mir entfernt am Rand der Straße. Praktisch neben der Verkehrsinsel, wo mittwochs immer der Markt ist. Ich hatte freie Sicht auf das Heck und konnte deshalb trotz der schwachen Lampen die Autonummer sehen.«
    Mit geweiteten Augen schaute Köhler zu ihm hin. »Sie wollen doch nicht sagen, dass Sie sich das Kennzeichen gemerkt haben?«
    El Nasri warf einen Blick zur Decke. »Nicht ganz. Ich habe kein Verhältnis zu Zahlen. Aber die Buchstaben

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