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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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blickte sich um. »Welches Ding? Da sind Tausende von Dingen.«

    Neel drückte sich an ihr vorbei und zeigte auf einen kleinen Tisch, der voller verschiedener Metallteile lag. »Das sieht aus wie etwas aus dem Buch deines Vaters. Ich hab da noch mal reingeguckt, nachdem du mir erzählt hast, was die Uhr tun kann. Natürlich kann ich nichts darin lesen, aber ich hab die Bilder betrachtet. Und diese Metallstücke erinnern mich an etwas.«
    Petra blickte auf den Tisch. Zuerst wirkte es so, als wären die gerundeten Metallteile völlig wahllos zusammen hingelegt worden. Doch als sie genauer hinsah, merkte sie, dass die Stücke, die ungefähr gleich groß und von ähnlicher Form waren, nebeneinanderlagen. Sie sahen aus wie die Teile eines Puzzlespiels, die jemand nicht untergebracht hatte. Petra versuchte, sich vorzustellen, was die bronzefarbenen Metallteile wohl ergäben, wenn sie zusammengesetzt wären. Dann verstand sie plötzlich. »Das ist das Herz der Uhr«, flüsterte sie. Sie erinnerte sich an die Zeichnung im Buch ihre Vaters, die aussah wie ein in Abschnitte aufgeteiltes menschliches Herz.
    Neel streckte die Hand aus, um eines der Metallteile zu berühren, doch Petra hielt ihn zurück. Sie hatte in dem bronzefarbenen Metall ein rotes Glitzern bemerkt. »Die Teile sind aus Banium«, warnte sie. »Menschliche Haut darf sie nicht berühren. Das bringt dich um. Banium schickt Stoßwellen in deinen Körper. Du stirbst dann ganz langsam und sehr qualvoll. Banium pulsiert... wie ein schlagendes Herz...«
    Neel schüttelte Petras Hand ab und griff mit seinen Geisterfingern nach einem Teil. »Und das hier soll dann zu
einem anderen Teil passen? Aber es ist nicht so einfach zu erkennen, was womit zusammenpasst.«
    »Versuch es mal mit dem.« Sie zeigte auf eines.
    Ein zweites gerundetes Baniumteil erhob sich in die Luft. Neel hielt die beiden Stücke gegeneinander. Er versuchte ein paar verschiedene Möglichkeiten, sie ineinanderzustecken, doch es passte nichts.
    »Neel, du machst das falsch.«
    »Was meinst du?«
    »Kannst du das nicht sehen? Schau dir mal die Zähne an den Kanten der Teile an. Jedes Teil ist ein Zahnrad, und wenn du sie zusammensetzt, drehen sich die Zahnräder.« Sie versuchte, sich die Art der Energie vorzustellen, die das Herz der Uhr hervorbrächte, wenn es fertig zusammengesetzt wäre, und wie sich jedes Zahnrad des Herzens drehen würde, wie das Banium das Herz schlagen lassen würde.
    »Wovon redest du, hier sind keine Zähne.«
    Petra blickte ihn enttäuscht an. Die ausgezackten Kanten der Teile waren doch so klar wie nur etwas zu sehen und sie sollten doch ganz offensichtlich in andere Zahnräder passen. »Du kannst sie wirklich nicht sehen?«
    »Ja-a, Pet, natürlich sehe ich sie«, antwortete er höhnisch. »Und ich sag nur das Gegenteil, weil ich Zeit vergeuden will, nachdem mein Leben schon auf dem Spiel steht.«
    Da wurde Petra klar, dass der Prinz mit den gestohlenen Augen die Zähne deutlich sehen konnte. Und sie konnte sie sehen - weil sie die Tochter ihres Vaters war.
    »Dreh deine Hand ein bisschen, so«, sagte sie und neigte Neels rechte Hand, »und jetzt drück sie zusammen.«

    Das machte er und die Teile passten ineinander.
    »Habt ihr beide den Verstand verloren!«, schrie Astrophil. »Nicht das Herz zusammenbauen! Ihr sollt genau das Gegenteil machen!«
    Neel und Petra blickten die Spinne schuldbewusst an.
    »Seide neutralisiert Banium. Sucht welche, teilt die Stücke zwischen euch auf, wickelt jedes in Seide ein, dann passiert euch nichts. Und dann lassen wir sie verschwinden, sobald wir die Burg verlassen haben. Und ich empfehle dringendst, dass ihr euch beeilt! Wie lange kann der Prinz denn noch für sein Abendessen brauchen?«
    Petra fand einen seidenen mit Kranichen bestickten Kimono, lieh sich Neels Messer und schlitzte den Kimono in Stücke. Dann hielt sie inne, dachte nach und sagte: »Aber was machen wir mit den Zahnrädern? Schmeißen wir sie in den Fluss? Das wird nicht reichen. Der Prinz würde sie wieder rausfischen.Wenn wir sie vergraben, findet er sie und gräbt sie wieder aus. Deine Idee funktioniert nicht,Astro.«
    »Bitte jetzt nicht streiten!«, flehte Neel. »Jetzt den Plan des anderen auseinanderzunehmen, scheint mir der schlechteste Plan überhaupt, wenn es darum geht, unser liebes Selbst hier rauszubekommen. Zerbrechen wir doch einfach das verdammte Herz.«
    »Es ist schon zerbrochen.« Astrophil zeigte auf die Metallteile.
    »Nein, ist es nicht«,

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