Das Kabinett der Wunder
Vorhänge und der Prinz schlummerte unter dicken Decken. Sein bleiches Gesicht hatte dieselbe Farbe und schien aus demselben Material zu bestehen wie die weißen Seidenkissen.
Astrophils Blick fiel auf den Nachttisch. Ihn schauderte. Da stand inmitten glatter und polierter Dinge eine böse Pflanze, die jemand in Astrophils Lage am wenigsten von allen Pflanzen auf der Welt leiden konnte. Eine Venusfliegenfalle. Eine große Glasglocke bedeckte dieses pflanzliche Tier. Statt Blüten hatte sie mehrere breite Münder mit spitzen Zähnen. Sie standen weit offen und warteten darauf, dass irgendein Insekt da hineingeriet. Astrophil hatte über diese Pflanzen gelesen, die nur mit Sonne und Wasser nicht überleben konnten. Das Innere ihrer Münder war süß und saftig.Viele Insekten, nicht nur Fliegen, wurden von dem Geruch angezogen. Sobald sie sich in einem Mund befanden, klappte der zu.
Astrophil versuchte, nicht an die Venusfliegenfalle zu denken. Stattdessen sprang er auf einen kleinen Tisch, auf dem eine Tasse und eine Untertasse mit Löffel standen. Während er über den Tisch lief, stieß Astrophil ganz bewusst den Löffel an, sodass der klappernd über die Kante fiel. Astrophil sprang auf den Boden.
Doch er kam nicht weit. Gewölbtes Glas stülpte sich von oben vollständig über ihn. Es war die Glasglocke, die noch eben die Venusfliegenfalle bedeckt hatte. Astrophil zitterte vor Angst, doch er ermahnte sich, Ruhe zu bewahren.
Als sich der Prinz nach unten beugte, um ihn zu betrachten, erstarrte er. Aus Astrophils Perspektive verzerrte die Glaskrümmung das Gesicht des Prinzen. Es verformte sich und wurde in seltsame Richtungen verzogen, wenn er den Kopf bewegte. Als der Prinz dann sprach, vibrierten seine Worte durch das Glas. »Mein Güte«, sagte er, »wie merkwürdig.«
Münzen und Zahnräder
DAMIT SEH ich aus wie ein Papagei.« Neel fingerte an der rot-goldenen Jacke herum, als sie über den Flur liefen.
»Was beschwerst du dich darüber? Die Hälfte der Lowari trägt Kleider in solchen Farben.«
»Ja-a, aber der Schnitt...«
Irgendwo in einer dunklen Ecke des Stalls gab es einen Pagen, der liebend gerne wie ein Papagei ausgesehen hätte. Stattdessen trug er Neels Kleider und war gefesselt und geknebelt. Petra hatte Damek damit in den Stall gelockt, dass sie ihm erzählte, dort würden Scheffel voll Äpfel für die Lieblingspferde der Adligen gelagert. Als Neel sich auf den armen Damek stürzte, erklärte Petra dem Pagen, dass es ihr leidtäte, dass es hier keine Äpfel zu stehlen gäbe und er seine Uniform so schnell nicht zurückbekäme. Petra ging davon aus, dass das, was sie heute Abend tun würden, Prinz Rodolfos Meinung von verschlagenen Zimmermädchen nicht verbessern würde. Aber als Iris bestätigte, ja, sie hätte davon gehört, dass der Prinz an diesem Abend mit verschiedenen Gesandten speisen würde, hatte Petra angefangen,
ihren Plan in die Tat umzusetzen. Damek fing tatsächlich an zu weinen, als Neel seine Uniform anzog, doch Petra blieb hart und sagte dem Pagen, seine Ausstaffierung wäre lächerlich genug, und er sollte froh sein, sie loszuwerden.
Petra und Neel hatten es geschafft, ohne irgendwelche Schwierigkeiten an mehreren Wachen vorbeizukommen. Sie kannten Petra inzwischen und winkten sie durch, ohne auf ihre Papiere zu blicken. Neel zog einige zweifelnde Blicke auf sich, doch Petra hatte das Arbeitszimmer des Prinzen an ihrem ersten Arbeitstag als Zimmermädchen gut genutzt. Sie hatte sich verschiedene Briefe des Prinzen genau angesehen, wobei sie sich bewusst war, dass sie erhebliche Probleme bekäme, wenn man sie dabei erwischte, auch wenn keiner der Briefe irgendetwas Interessantes enthielt. Es ging um die Anhebung der Getreidepreise, die Anerkennung der Ritterschaft und die Bereitstellung von mehr Geld für böhmische Schiffe, die von Italien aus lossegeln sollten. Indem sie die Handschrift des Prinzen recht annehmbar nachahmte, stellte sie Branko (Neel) vor. Er war der neue Page, der Damek ersetzte, der sich seinerseits als unwürdig erwiesen hatte, für den Prinzen zu arbeiten. Branko war bereits von Prinz Rodolfo befragt worden. Petra siegelte das Schreiben mit dem Siegel des Prinzen und hoffte inbrünstig, dass es seinen Zweck erfüllte.
Der Löwe und der Salamander starrten auf den Brief in Neels ausgestreckter Hand. Die beiden verständigten sich lange schweigend. Schließlich sagte der Löwe: »Viera, du kannst durchgehen.«
»Was ist mit mir?«, fragte Neel.
»Du
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