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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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präzise Salven. Ein Profi, daran gewöhnt, seine Munition zu zählen. Der junge Polizist sackte zusammen, er war am Kopf getroffen worden. Osama robbte zu ihm hinüber, nahm ihm die Waffe ab, deren Verschluss inoffener Position blockiert war, und durchsuchte ihn nach Ersatzmunition. Fehlanzeige.
    »Hast du Munition für mich?«, fragte er Gulbudin.
    »Nein, ich habe nur noch drei Kugeln in meinem Gewehr und ein einziges Magazin für meinen Revolver, Chef.«
    »Mist. Ich auch.«
    Osama überdachte die Lage. Ihre Angreifer blockierten die Gasse. Sie waren noch zu sechst, allesamt gute Schützen und noch ordentlich mit Munition ausgerüstet. Wenn sie auf die Dächer der umliegenden Häuser stiegen, konnten sie auf Gulbudin und ihn feuern, ohne dass sie beide etwas mit ihren Handfeuerwaffen ausrichten konnten, die nicht so weit reichten. Gulbudin, kriegserfahren, wie er war, hatte die Situation ebenfalls genau eingeschätzt. Er drehte sich mit bleichem Gesicht zu Osama um.
    »Chef, wir sind erledigt.«
    »Noch nicht.«
    Osama entsicherte seine Granate. Er sprach im Stillen ein kurzes Gebet und schleuderte sie dann zu den Angreifern hinüber. Die Granate rollte unter den Wolga, hinter dem sich die Männer verschanzt hatten. Osama spannte seine Muskeln an, in Erwartung der Explosion. Fünf Sekunden vergingen, dann zehn. Die Granate explodierte nicht. Gulbudin schüttelte den Kopf.
    »Verdammt. Ist das eine von den Pakis?«
    Osama nickte. Mehrere Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er hatte keine Zeit gehabt, sich von seiner Frau oder seinen Kindern, Nita und Ramazan, zu verabschieden. Wer würde für Malalai sorgen, wenn er es nicht mehr tun konnte? Würde man sie zwingen, einen Mann aus Osamas Familie zu heiraten, gegen ihren Willen? Seinen Bruder oder einen seiner Cousins, allesamt deutlich älter als sie? Nein, sie würde emigrieren oder sich umbringen, alles lieber, als mit einem Mann zu leben, den sie nicht gewählt hatte!
    Wie in einem Traum sah er die Männer sich strategisch verteilen, die Waffen an den Schultern auf sie gerichtet, und er wusste, dass er in dieser öden Straße würde sterben müssen, im Kugelhagel seiner Feinde. Gulbudin gab vier Schüsse ab, die kleine Stücke aus der Mauer neben dem Kopf eines der Männer herausbrachen, ihn jedoch nicht trafen. Osama erwachte jäh aus seiner Benommenheit und gab ebenfalls zwei vergebliche Schüsse ab. Plötzlich nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Links von ihm, auf einem Dach, waren mehrere Männer in langen Gewändern und mit schwarzen Turbanen aufgetaucht. Sie hatten Kalaschnikows mit klappbarer Schulterstütze gezückt. Ein Kugelhagel ging auf die Angreifer aus dem Wolga nieder. Zwei von ihnen brachen zusammen, dann ein dritter. Ein paar längere Salven brachten Nummer vier und fünf zu Fall. Dem sechsten gelang es, zu flüchten, doch gerade als er das Ende der Sackgasse erreicht hatte, stürzten sich zwei Turbanträger auf ihn. Der Mann stieß einen erstickten Schrei aus, während einer der Turbanträger ein gebogenes Messer aus seinem Umhang zog.
    »
Allahu Akbar!
«, brüllte der Krieger, indem er mit einem einzigen Streich seinem Gefangenen die Kehle durchschnitt.
    Genauso schnell, wie sie aufgetaucht waren, verschwanden die Retter wieder. Gulbudin wartete einige Sekunden, dann richtete er sich auf, den Revolver in der Faust. Sirenen heulten in der Ferne.
    »Bei Allah!«, rief er. »Was für Männer waren das, denen wir unser Leben verdanken?«
    »Freunde eines Freundes«, erwiderte Osama. Er dachte an Mullah Bakir.
    Ein amerikanischer Panzer tauchte am Eingang der Sackgasse auf. Schwerbewaffnete Marines, mit Helmen und in dicken kugelsicheren Westen, sprangen auf die Straße und richteten die Sturmgewehre auf sie. Osama warf seinen Revolver von sich, sofort folgte Gulbudin seinem Beispiel. Es hatte keinenSinn, sich nach der Schlacht aus Versehen umbringen zu lassen.
    »Egal, was passiert«, befahl Osama, »sage niemandem, dass diese Männer einen Turban trugen.«
     
    Eingeschlossen in seinem Büro, lauschte Joseph zum zweiten Mal dem Abhörprotokoll. Gleich nach dem Schusswechsel hatte Gulbudin aufgelöst im Kommissariat angerufen und Hilfe angefordert. Aus den Gesprächsfetzen zwischen ihm und drei oder vier verschiedenen Polizisten hörte er heraus, dass die afghanischen Gangster ihre Mission verfehlt hatten: Kandar und sein Assistent waren ohne einen Kratzer davongekommen. Hingegen waren alle Angreifer getötet worden, zumindest das.

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