Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
an unseren Ermittlungen besteht.«
»Woher wollen Sie wissen, dass es da noch etwas aufzudecken gibt?«
»Es gibt Leute, die für meinen Geschmack zu viel Energie darauf verwenden, uns Steine in den Weg zu legen. Sie haben Angst vor uns, dabei wissen wir doch gar nichts.«
»Derjenige, der die Fäden der Marionette Dortmund hielt, ist ein
Kāfir
«, wandte Rangin ein. »Glauben Sie, wir haben genügend Macht, um zu handeln? Entschuldigen Sie, dass ich so direkt bin,
Qoumaandaan,
aber alle Polizisten unseres Kommissariats sind überzeugt, dass man Sie kaltstellen wird, und zwar bevor dieser Fall gelöst ist.«
Inzwischen hatten sie das Domizil Wali Wadis erreicht. Im Innern des Hauses herrschte eine angenehme Temperatur, der Heizkessel war noch immer in Betrieb. Alles war so, wie sie es zurückgelassen hatten. Ein leichter Schweißgeruch lag in der Luft, wegen all der Techniker, die dort ihre Arbeit verrichtet hatten. Gulbudin und ein Inspektor knöpften sich die Bibliothek vor. Die anderen Männer verteilten sich im Rest des Hauses. Nach drei Stunden unterbrachen sie ihre Arbeit. Osama blickte sich ratlos um und ging dann noch einmal ins Schlafzimmer hinüber. Seine Männer hatten alles auf den Kopf gestellt, aber seine Intuition ließ ihm keine Ruhe. Erneut begann er, alles zu durchsuchen. Plötzlich fiel sein Blick auf ein Holzkästchen auf einem runden Tischchen. Es war die Art von Gegenstand, wie man ihn wohl in jeder afghanischen Behausung fand, schlicht, grobschlächtig bemalt, es passte überhaupt nicht zu dem übrigen Interieur der Wohnung. Neugierig untersuchte er es. Es war leer. Als er es wieder schließen wollte, bemerkte er, dass da etwas klemmte.
»Da ist nichts drin«, sagte Dschihad, »ich hab schon nachgesehen.«
»Ich auch«, bestätigte Rangin.
Misstrauisch betrachtete Osama das Kästchen von allen Seiten. An einer Stelle war es dicker, was das Innere verkleinerte. So, als gäbe es darin ein Geheimfach.
»Dschihad«, rief er schließlich, »hast du ein Messer?«
Das Holz war weich, das Messer drang problemlos ein. Plötzlich spürte Osama, wie ein Mechanismus einrastete. Das zu dicke Seitenteil sprang auf. Osama deutete ein triumphierendesLächeln an. Mit der Messerspitze hob er das Holzteil komplett heraus, eine zylindrische Öffnung, die ins Holz eingekerbt war, verbarg sich darunter. Darin steckte ein fein gearbeitetes Zigarrenetui mit einem Schraubverschluss, das eine kleine Papierrolle enthielt.
Er streifte Handschuhe über und entrollte das Blatt. Seine Männer standen neugierig neben ihm, nur zwei Zeilen waren auf dem Papier zu lesen:
Akte Mandrake
31’’10’50.15’N. 66’11’06.92’E’
Mit pochendem Herzen reichte Osama Gulbudin das Blatt.
»Das sind wahrscheinlich GPS-Koordinaten«, sagte er. »Ein Breitengrad und ein Längengrad, oder?«
»Ganz genau«, bestätigte Gulbudin. »Das ist in Afghanistan, ich bin mir ziemlich sicher. Ich war schließlich Schütze unter Massud, wir hatten ausgezeichnete südafrikanische Granatwerfer mit einem lasergesteuerten Fernmessgerät, bei dem man den Breiten- und den Längengrad eingeben musste … Soll ich mal auf Google Earth nachsehen, welcher Ort das ist?«
»Ja, aber sei vorsichtig«, sagte Osama, der nicht wusste, was Google Earth war.
»Akte Mandrake. Versteht ihr, was das bedeuten soll?«
»Ganz und gar nicht. Immerhin muss sie so wichtig sein, dass Wadi dieses Papier in einem Geheimfach versteckt hat, das bei zwei kompletten Durchsuchungen unentdeckt geblieben ist. Wir sind ganz dicht dran.«
Die folgenden zwei Stunden verbrachten sie damit, das gesamte Haus nach weiteren Hinweisen zu durchkämmen, erfolglos. Schließlich gab Osama das Zeichen zum Aufbruch. Unablässig spukte ihm der Name im Kopf herum. Akte Mandrake. Was hatte das bloß zu bedeuten?
14
Es herrschte eine seltsam nervöse Stimmung im Zentralkommissariat. Männer vom NDS streiften mehr oder weniger offen in der Umgebung herum, offenbar hatte man bereits vom erneuten Besuch Osamas und seines Stabs in Wali Wadis Wohnsitz berichtet. Außerdem war Osama auf dem Rückweg gewarnt worden, dass man einen Trupp Geheimagenten zu den Büroräumen des Geschäftsmanns geschickt hatte, um den Ort zu sichern und das erneute Eindringen seiner Männer zu verhindern. Ihm war es egal. Er hatte nun eine Spur.
»Was ist hier los?«, fragte er einen seiner Mitarbeiter auf dem Flur.
»Die Zentralheizung ist außer Betrieb,
Qoumaandaan
.«
In der Tat, in den Büros
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