Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
erreichte die Temperatur nicht einmal zehn Grad. Die Polizisten hatten sich stoisch in Decken gehüllt, doch besonders vergnügt wirkten sie dabei nicht. Osama ließ einen Kohleofen im Konferenzraum aufstellen, der aus einer Gemeinschaftskasse gespeist wurde, zu der jeder seiner Männer beisteuerte. Als er den Raum betrat, hatte sich bereits das Gros der Mitarbeiter dorthin geflüchtet.
»Aha, der Konferenzraum steht heute mal ganz oben«, witzelte er. »Tut mir leid, wir müssen über eine vertrauliche Angelegenheit diskutieren, ich nehme ihn eine halbe Stunde lang in Beschlag.«
Brummend zogen sich die Polizisten zurück und ließen ihn allein mit Gulbudin, Dschihad, Rangin und Abdul. Dschihad stürzte sich sogleich auf den Rechner.
»Ich seh mal bei Google nach.«
Er gab »Mandrake« ein. Zu ihrer großen Überraschung tauchten zehntausend Einträge auf. Hauptsächlich handelte es sich um Artikel, die sich auf einen amerikanischen Comichelden bezogen, einen berühmten Zauberer. Weder Osama noch seine Männer hatten je von dieser Figur gehört, doch der Menge an Ergebnissen nach zu schließen, war sie sehr populär. Dschihad erweiterte seine Recherche auf die Suchbegriffe»Mandrake + Wali Wadi«. Er versuchte anschließend noch andere Kombinationen, mit mehreren Suchbegriffen.
»Wir landen immer nur bei dieser Comicfigur!«, rief er schließlich. »Was sollen wir tun,
Qoumaandaan
?«
»Dschihad, such mal nach einem Online-Exemplar dieses Comics und drucke es mir aus. Vielleicht steckt ein geheimer Sinn dahinter, den wir erst begreifen, wenn wir den Comic vor uns sehen.«
»Gut, mach ich.«
»Rangin, finde du heraus, auf welchen Ort sich die GPS-Koordinaten beziehen. Zumindest wissen wir dann, wo wir suchen sollen, wenn wir schon nicht wissen, was wir suchen. In Ordnung?«
»Klar, Chef. Ich sehe gleich bei Google Earth nach.«
Rangin fand rasch, wonach sie suchten. Die Stelle lag ungefähr achtzig Kilometer im Süden von Kabul, auf der Straße nach Quetta, am äußersten Rand der Provinz Helmand. Die wüstenartige Region, ein Schlupfwinkel der Taliban, lag direkt an der südöstlichen Grenze zu Pakistan, also in der Gegend, die von den Westlern oft als »Stammesgebiet« bezeichnet wurde. Sie war vorwiegend von Paschtunen besiedelt, die dem Regime zum Teil überaus feindlich gesinnt waren, aber im äußersten Süden fanden sich dort auch einige Nischen mit Belutschen und Brahui.
»Nicht gerade ein idealer Ferienort«, bemerkte Gulbudin düster.
»Wir brauchen genauere Details«, sagte Osama. »Handelt es sich um ein Dorf, um eine Militärbasis? Rangin, geh mal zum Generalstab rüber. Bring Karten mit.«
»Ich werde die Autos durchchecken lassen«, sagte Gulbudin. »Wenn wir in die Wüste fahren, sollten wir Pannen vermeiden.«
Joseph hatte die Augen geschlossen. Ein nervöser Tick ließ sein rechtes Lid zucken, während sich sein Gesicht ab und an zu einer Grimasse verzog.
»Chef! Chef!«
Er schlug die Augen auf. Es war einer der Tadschiken aus dem Abhörteam.
»Was ist los?«
»Wir haben eine Nachricht abgefangen, die Sie interessieren wird. Kommen Sie! Ich glaube, es ist sehr wichtig.«
Joseph ging in den Abhörraum hinüber. Der Tadschike hielt ihm ein Paar Kopfhörer hin und drückte auf eine Taste des Aufnahmegeräts.
»Garage?«
Gulbudins Stimme, ganz aus dem Zusammenhang gerissen. Joseph hatte inzwischen das Gefühl, den Afghanen lange und gut zu kennen, schließlich hörte er seine Stimme ohne Unterlass. Er kannte sogar den Namen seines Lieblingsrestaurants in Kabul.
»Ja. Wer ist da?«
»Ich bin der Assistent von Kommissar Kandar.«
»Und ich der des Garagenleiters. Abdullah, aus dem Dorf Almitia. Können Sie sich an mich erinnern?«
»Natürlich. Friede sei mit dir, mein Bruder. Hör zu, wir brechen morgen zusammen mit dem
Qoumaandaan
und einigen Männern in die Wüste auf. Können Sie die Autos noch mal durchchecken? Den Geländewagen des Chefs und den Ranger mit dem Maschinengewehr Kaliber 50, der als Begleitschutz mitfährt.«
»Gut, machen wir. Fahren Sie weit?«
»Ja, ziemlich. Wir brauchen Reservekanister und Wasser. Etwa hundert Liter.«
»Haben wir da. Brauchen Sie Waffen, sollen wir Ihnen welche besorgen?«
»Wäre das möglich?«
»Wenn’s für
Qoumaandaan
Kandar ist, dann schon. Was hätten Sie gerne?«
»Einen Kurzwellen- und einen Langwellenempfänger, Verteidigungsgranaten,ein paar AK 74 mit Granatenwerfer, ein Heckenschützengewehr mit Fernrohr,
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