Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
Dienstgrad. Nachdem er Joseph und Amin mit einem Kopfnicken begrüßt hatte, las er interessiert den Abschussbefehl durch. Er kam von seinem direkten Vorgesetzten, einem ehemaligen Offizier im Rang eines Obersts, der absolute Befugnis hatte, eine »schmutzige« Operation, das heißt eine zielgerichtete Ermordung, durchzuführen. Das Dokument war ein sogenanntes weißes Blatt, ein Befehl ohne offiziellen Briefkopf, ohne Stempel, ja selbst ohne die unerlässliche Archivierungsnummer. Er verstand sofort, worum es sich handelte: Das Dokument würde nach dem Raketenabwurf vernichtet werden, was bedeutete, dass die Aktion niemals stattgefunden hatte.
»Welche Drohne kommt zum Einsatz?«, fragte er den Operator, obwohl er die Antwort bereits kannte.
»Wega 31. Sie ist gerade gestartet und jetzt im Warteflug.«
Eine Angriffsdrohne, die angeblich ein paar Monate zuvor abgestürzt war. Sie befand sich mittlerweile in einer Art No Man’s Land für Geheimoperationen, von denen die Agenten bisweilen mit ehrfürchtigem Tremolo in der Stimme sprachen.
»Wissen Sie, wer das Ziel ist?«, fragte er Joseph.
»Ein Maulwurf der al-Qaida in den afghanischen Sicherheitsorganen. Ein absolutes Dreckstück.«
Gelassen steckte der Offizier das Dokument ein.
»Na schön, lassen wir uns die Gelegenheit nicht entgehen, ihm den Garaus zu machen. Ich bestätige den Abwurfbefehl. Leiten Sie den Predator um, bringen Sie ihn hinter dem Fahrzeug in Position, minimale Geschwindigkeit, Flughöhe sechstausend Kilometer.«
»Verstanden, Sir«, sagte der Operator.
Joseph zog Amin unauffällig am Ärmel zu einem der Pulte hin. Eine ausgefeilte Apparatur mit Mikrofon, Kopfhörer, einer Kamera und zwei weiteren kleineren Bildschirmen – fünf Zoll – war über dem Hauptbildschirm angebracht. Eine Reihe von Ziffern und Buchstaben erschien, gleich darauf reale Bilder, die der Predator aufgenommen hatte. Die Infrarotkameras zeigten ihnen die beiden Fahrzeuge, die rasch dahinfuhren, einen Geländewagen und einen Pick-up.
Der Operator, ganz auf den Bildschirm konzentriert, rief munter: »Da sind sie. Sind Sie bereit?«
»Ja«, sagte Joseph.
»Wie wollen Sie eine derartige Aktion vertuschen?«, flüsterte Amin. »Der Beschuss wird Spuren hinterlassen. Die Afghanen werden die Trümmer untersuchen.«
Joseph bedachte ihn mit einem Blick aus seinen stechenden Augen.
»Wir verwenden Vikhr, russische Flugkörper, anstelle der üblichen Hellfire-Raketen. Das sind sehr leistungsstarke Panzerabwehrraketen. Sie fliegen sechshundert Meter pro Stunde und haben einen ganz besonderen Sprengstoff an Bord, den nur die Russen produzieren. Auf diese Weise fällt bei einer Untersuchung kein Verdacht auf uns.«
»Haben Sie keine Angst vor Journalisten?«
Joseph lächelte. »Wir werden die Spuren der Operation tilgen. Ich habe bereits alles in die Wege geleitet. Wir bezahlen etwa dreißig Leute aus dem Kontingent der Albaner dafür. Sie haben die Ausrüstung für eine komplette Reinigung. Ich habedie Männer und ihr Material angemietet. Zweitausend Dollar pro Mann, dreißigtausend für ihren Hauptmann, siebzigtausend für den Oberst an der Spitze ihres Regiments. Alles cash. Das ist genügend Kohle, damit sie tun, was ich will, aber nicht so viel, damit sie begreifen, wie wichtig die Operation im Grunde ist. Sie werden von fünf K-Männern flankiert. Wir werden die Leichen und die Fahrzeugwracks einsammeln und gehen dann noch einmal mit dem Hochdruckreiniger darüber. Auf diese Weise wird niemand erfahren, was passiert ist.« Er sah auf die große Wanduhr. »Sie sind vor einer Stunde losgefahren. Die Reinigungsfahrzeuge sind langsamer als Kandars Konvoi, aber sie werden in weniger als fünfundvierzig Minuten an der Stelle des Angriffs sein. Die Operation ist komplett durchgeplant, Amin. Davon kannst du was lernen!«
»Ja, Chef!«
»Ziel auf dem Radar«, meldete der Operator plötzlich. »Bereit zum Beschuss. Ich sehe ein DSchk auf der Ladefläche des hinteren Fahrzeugs. Es ist ein Begleitfahrzeug, im vorderen Fahrzeug muss ein Offizieller sitzen. Sind Sie sicher, dass das unser Ziel ist?«
»Ziel bestätigt. Der Wagen ist seit Tagen mit einem Peilsender ausgestattet«, erwiderte Joseph mit eisiger Stimme.
»Abschussvorrichtung ausfahren«, befahl der Verantwortliche. »Drohne auf tausend Meter Flughöhe absenken.«
»Vikhr bereit«, teilte der Operator mit.
»Wir können die aktive Phase einleiten«, sagte der Verantwortliche. »Bitte bestätigen.«
Auf dem
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