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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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erblickte einen kleinen Feldweg, der auf einen Hügel führte.
    »Gehen wir da lang, vielleicht liegt dort ein Dorf. Ich möchte nicht auf der Landstraße weitergehen.«
    Die beißende Kälte erleichterte ihnen den Aufstieg nicht unbedingt, und der Kummer über den Verlust ihrer engsten Kollegen lähmte sie. Nach einigen Hundert Metern brach Rangin schluchzend zusammen.
    »Dschihad – er war wie ein Bruder für mich. Er hat es nicht verdient zu sterben, und ich verdiene es nicht, am Leben zu sein!«
    Osama half ihm auf.
    »Wir werden unsere Freunde später beweinen,
Inshallah
. Im Augenblick müssen wir uns in Sicherheit bringen. Los, komm!«
    Osamas grüne Augen leuchteten unglaublich intensiv. Rangin spürte die wilde Entschlossenheit seines Chefs, sie übertrug sich auf ihn. Wie elektrisiert hastete er hinter ihm den steilen Hang hinauf. Nach einem halbstündigen strammen Marsch erreichten sie den Gipfel des Hügels. Osama hielt einen Moment lang inne, gepackt vom Anblick der grandiosen Landschaft, die sich vor ihnen erstreckte. Ockerfarbene Berge, soweit das Auge reichte, im Licht der aufgehenden Sonne nahmen sie einen purpurnen Schimmer an. Er deutete auf Scheinwerfer, die in einigen Kilometern Entfernung unten im Tal das Dunkel durchbohrten: eine Kolonne von etwa zehn Fahrzeugen.
    »Schnell, wir müssen auf die andere Seite hinüber.«
    Auf der Rückseite des Hügels lag ein armseliges Dorf, das ein paar Bauernhäuser und eine kleine Moschee zählte. Osama fiel ein alter Lada Shiguli auf. Mit diesem Wagen könnten sie vielleicht nach Kandahar gelangen und dort einen Geländewagen leihen, der sie an ihr Endziel brachte. Sie beschleunigten ihre Schritte, getrieben von Wut und dem Drang, sich vor ihren Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Nach zwanzig Minuten, die sie beinahe gerannt waren, erreichten sie das Dorf. Osama war kaum außer Puste, während Rangin die dünne Luft im Gebirge schwer zu schaffen machte, er keuchte heftig. Osama ging auf das größte Haus zu, das nicht weniger verfallen war als die übrigen. Eine Frau war gerade dabei, ihre Notdurft zu verrichten,eine Handvoll flacher Steine in Reichweite. Als sie die beiden Männer erblickte, bedeckte sie ihr Gesicht mit dem Schleier, ohne jedoch ihre Tätigkeit zu unterbrechen. Osama hatte einmal einen Bericht aus der Feder eines englischen Diplomaten gelesen, in dem es hieß, das einzig moderne Element in diesem Afghanistan sei die Kalaschnikow. Das Afghanistan der Berge war eine rohe, gewalttätige Welt. Osama klopfte an die Tür. Kurz darauf erschien ein feindseliges Gesicht im Türspalt.
    »
Salamu alaikum, manda na bashi
. Der Friede sei mit dir, mögest du niemals müde sein. Dein Körper sei stark, deine Familie kräftig«, begann Osama.
    Der Mann antwortete ihm, die Hand aufs Herz gelegt. Als sie ihre Begrüßungsformeln ausgesprochen hatten, zog der Mann die Tür ein wenig weiter auf.
    »Ich komme aus Kabul«, erklärte Osama, »ich bin
Qoumaandaan
einer Polizeieinheit. Auf meinen Wagen wurde eine Rakete abgeschossen, die meine Männer getötet hat.«
    »Warum wollte man dich töten? Bist du ein Taliban?«, fragte der Mann.
    »Nein. Ich bin nur ein
Pules,
der versucht, seine Arbeit zu tun. Man will mich daran hindern, aber ich habe nichts mit den Taliban zu tun. Und auch nicht mit der Regierung Karzai.«
    »Werden die
Kuffār
hierherkommen?«
    »Vielleicht.«
    Der Mann ließ sie eintreten. Sie folgten ihm ins Wohnzimmer. Der Dorfälteste klatschte in die Hände, sogleich erschien ein Kind und nahm den Befehl entgegen, Tee, Brot und gesalzenen Joghurt zu bringen. Mit einer Geste forderte der Alte Osama und Rangin auf, sich zu setzen.
    »Wenn die Soldaten hierherkommen, verstecken wir euch in einem Geheimraum, unter der Küche«, verkündete der Mann, der ihnen Einlass gewährt hatte. »Viele Männer haben sich während der russischen Besatzung dort versteckt.«
    Sie tranken den Tee und verschlangen gierig das Brot undden Joghurt, den man ihnen servierte. Allmählich kehrte wieder Farbe in Rangins Gesicht zurück, und Osama entspannte sich ein wenig. Die Möblierung in dem Haus war armselig, Teppiche aus grober, farbloser Wolle lagen auf dem Boden, es gab eine Truhe, abgewetzte Kissen, einige bemalte Holzkisten, in denen der Koran und die wenigen kostbaren Objekte der Familie Platz fanden. Ein einziges Foto hing an der Wand, auf dem zwei traditionell gekleidete junge Männer posierten, die Kalaschnikow über der Schulter, im Hintergrund Soldaten

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