Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
legt euch sofort auf den Boden!«
Die beiden Männer tauschten einen Blick. Nick schoss erneut, diesmal traf er einen der K-Männer am Schenkel. »Scheiße! Nick!«
Er verzog kaum das Gesicht, zeigte keine Spur von Angst oder Emotion. Nichts. Der Treppenabsatz war groß, aber Nick musste dennoch dicht an den K-Männern vorbeigehen, wenn er weiter nach unten wollte.
»Näher an die Wand«, befahl er mit fester Stimme. »Gesicht zur Wand. Los, schneller!« Er versuchte sich daran zu erinnern, was man ihm bei seinem Eintritt in den SND beigebracht hatte. »Und jetzt die Arme ausbreiten. Noch weiter. Genau so. Die Hände nach außen drehen!«
Den Lauf seiner Waffe an den Brustkorb gepresst, damit sie ihm nicht so leicht aus der Hand geschlagen werden konnte, schob Nick sich an den beiden Agenten vorbei. Sein Puls raste. Als er den Treppenabsatz hinter sich gebracht hatte, rannte er panisch die Stufen hinab. Er hörte, wie sich der unverletzte K-Mann hochrappelte. Zwei Schüsse ertönten, doch das Treppenhauswar zu eng, so dass sich kein guter Schusswinkel ergab, die Kugeln flogen weit an ihm vorbei. Ein weiterer Schuss. Diesmal streifte die Kugel seinen Arm. Er durfte nicht anhalten, er wusste, dass er es mit einem K-Mann nicht aufnehmen konnte. Wenn er aus der Deckung trat, um zu schießen, würde der andere ihn mit Sicherheit treffen. Er flog über die Stufen und riss die Tür zum Notausgang im Erdgeschoss auf. Mit einem dumpfen Geräusch stieß sie gegen Kartons, die sich vor einer Ziegelsteinmauer stapelten. Er befand sich in einer schmalen Straße zwischen zwei Gebäuden. Schweißgebadet rannte er zu seinem Auto, es stand direkt vor dem Feinkostladen. Plötzlich hörte er hinter sich zwei gedämpfte Schüsse. Er drehte sich um, schoss ebenfalls, die Kugel traf den K-Mann in die Brust. Der Mann brach zusammen, es gelang ihm aber noch, eine Kugel abzufeuern. Nick stockte der Atem, er hatte das Gefühl, jemand hätte ihm mit einer Eisenstange zwischen die Beine geschlagen. Er fiel hin, gegen einen Mülleimer voll verfaulter Früchte. Er blutete, doch mit letzter Kraft erreichte er das Auto. Er stürzte sich hinein. Niemand verfolgte ihn. Er fuhr los.
Der Schmerz war höllisch.
Einen Kilometer weiter entdeckte er ein Parkhaus, er lenkte den Wagen bis zur vorletzten Etage hinauf, schaltete den Motor aus. Er atmete tief durch, dann zog er die Hose herunter. Die Kugel hatte ihn lediglich gestreift, eine nicht sehr tiefe Linie zog sich über seine Haut. Die Wunde blutete stark, war aber doch nur oberflächlich, wie er feststellte. Nur eine Kugel vom Kaliber 22 konnte eine derart saubere, feine Wunde hinterlassen. Ihm wurde klar, dass der K-Mann ihn nicht hatte töten wollen.
Die Wunde würde rasch vernarben. Man musste sie nur desinfizieren und verbinden. Er versuchte anzufahren, doch seine Hände zitterten so sehr, dass es ihm nicht gelang, den Kontakt mit dem Schlüssel herzustellen.
»Komm schon, beruhige dich«, beschwor er sich mit zusammengebissenen Zähnen.
Endlich gelang es ihm, zu starten. Doch wohin sollte er fahren? Sicher warteten sie schon vor seiner Wohnung auf ihn. Außerdem kannten sie die Namen all seiner Exfreundinnen. Plötzlich kam ihm eine Idee. Langsam und darauf bedacht, die Geschwindigkeitsbeschränkung einzuhalten, hielt er sich in Richtung seines Sportstudios. Nach einer gefühlten Ewigkeit tauchte ein hell erleuchtetes Gebäude vor ihm auf. Eine Gruppe Jugendlicher stand vor dem Eingang, Sporttaschen über der Schulter.
Er schaltete die Warnblinkanlage ein. Der Lauf des Revolvers in seiner Manteltasche war noch heiß. Es waren nur noch vier oder fünf Kugeln übrig, damit würde er einem entschlossenen Einsatzkommando nicht beikommen. Einige Monate zuvor hatte er seinen gefälschten Zweitpass in dem Studio versteckt. Damals hatte es eigentlich keinen Grund dafür gegeben, es war lediglich eine Vorsichtsmaßnahme: In seinem Metier wusste man nie, was einen am nächsten Tag erwartete. In der technischen Abteilung des SND hatte er gelernt, wie man ein offizielles Dokument herstellte. Er hatte einfach aus einem Haufen belgischer Pässe einen herausgefischt. Mit den offiziellen Stempeln und allem Notwendigen, das er dort zur Verfügung hatte, war es ein Kinderspiel gewesen.
17
Osama erwachte als Erster. Lautlos schlüpfte er aus dem Haus. Die Sonne war noch nicht über die Berge gestiegen, auf denen sich jedoch bereits ein rosiger Morgenschimmer abzeichnete. Er nahm seinen Teppich, da er
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