Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
durch, drückte ab. Ein neuerliches Grollen. Auch die zweite Gestalt ging zu Boden.
»
Alhamdullilah,
Sie haben sie beide erwischt. Aus fast einem Kilometer Entfernung!«, stieß Rangin entsetzt und doch erleichtert aus.
»Los, fahren wir weiter!«, sagte Osama knapp.
Oben am Kamm angekommen, sahen sie die beiden toten Taliban am Wegrand liegen. Die Kugeln der Dragunow hatten ihnen keine Chance gelassen. Rangin stieg aus, um ihnen die Waffen abzunehmen, alte pakistanische Kalaschnikows, vor allem aber das Radio, das er im Wagen verstaute. Einer der Männer trug einen gekrümmten Dolch bei sich, die bevorzugte Waffe der Taliban, mit denen sie ihren Feinden die Kehle durchschnitten. Er warf ihn in den Graben.
»Wenn wir an jedem Gebirgspass erwartet werden, kommen wir nie weiter«, sagte er.
»Wir befinden uns in einer Gegend, die zum größten Teil eine Wüstenlandschaft ist, ich glaube nicht, dass sie hier so ohne weiteres viele Männer postieren können«, erwiderte Osama. »Wir haben also eine Chance.«
Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Krach. Der Geländewagen schoss wie von einer Riesenhand angeschoben nach vorn, bis er unter Knirschen und Quietschen stehen blieb. Sie stiegen aus, um den Schaden zu begutachten. Die Schotterpiste hatte nachgegeben, der Toyota steckte in einem Loch, die Hinterreifen hingen in der Luft. Abdullah besah den Wagen von unten.
»Die Vorderachse ist verbogen. Wir brauchen eine Winde, um den Wagen wieder herauszukommen. Der ist hinüber!«
»Gehen wir zu Fuß weiter«, entschied Osama. »Wir sind nicht mehr weit von der belutschischen Hochebene entfernt.« Er deutete auf die Bergspitze. »Sie liegt hinter dem Kamm. Bis dorthin sind es noch drei Stunden Fußmarsch, vielleicht auch nur zwei.«
Sie deckten sich mit reichlich Wasser, Lebensmitteln und Munition ein und marschierten los.
»Sehen Sie nur!«, schrie Rangin plötzlich.
Osama drehte sich um. Die Reiter hatten sich von der Gruppe gelöst und kamen im Galopp auf sie zu. Er überlegte nur kurz. Dann hielt er Abdullah die CD hin.
»Ich werde sie mit der Dragunow in Schach halten. Du bist Paschtune, vielleicht lassen sie dich weiterziehen. Wenn du durchkommst, übergib diese CD deiner Mutter, sie soll sie dem Chef des Nachrichtendiensts bei der Polizei in Kabul zuspielen. Es ist ein Freund von mir, er heißt Reza, er weiß, was damit zu tun ist. Dann geh bitte zu meiner Frau, sag ihr, dass ich sie liebe und dass es mir leidtut, mein Leben nicht an ihrer Seite beenden zu können.«
Er umarmte die beiden Männer, stellte sich in Positur, das Gewehr auf einen Felsen gestützt, und wartete. Er musste ihreVerfolger näher herankommen lassen, bis sie in Schussweite waren. Die Sonne wärmte sein Gesicht, Schweißtropfen liefen ihm ins Auge. Keine zwanzig Minuten später sah Osama, dass sie die richtige Entfernung hatten. Einen Kilometer. Er sah sich nach seinen beiden Gefährten um. Sie liefen auf den Kamm zu, sie hatten keine Chance, den Reitern zu entkommen. Er ging in Schussstellung und zielte auf den Kopf des ersten Reiters. Eine krachende Detonation. Er setzte auf den zweiten Reiter an, der dritte versuchte hastig, sein Pferd zu wenden, doch Osama ließ ihm keine Gelegenheit mehr dazu. Seine Kugel traf den Mann im Rücken und ließ ihn seitlich vom Pferd stürzen. Schweißgebadet richtete Osama sich wieder auf, die drei Pferde waren unruhig stehen geblieben. Er konnte sie nicht am Leben lassen, sie kämen der Nachhut der Reiter gelegen. Die Tiere waren zu weit weg, als dass er sie zu Fuß hätte einfangen können, und er konnte nicht abschätzen, wie schnell die anderen Verfolger zu Fuß waren. Daher erschoss er sie mit einer genau platzierten Kugel. Ihn überkam tiefe Traurigkeit, als er die Dragunow wieder über die Schulter legte und seinen Kameraden in strammem Tempo hinterherlief, die jenseits des Kamms warteten. Als er kurz innehielt, blickte er auf eine immense, mit Büschen und einzelnen spärlichen Bäumchen bestandene Hochebene. Sie erstreckte sich kilometerweit vor seinen Augen. Dahinter erkannte man ein Dorf, überragt von dem Minarett einer Moschee. Belutschen, Männer seines Volkes. Sie waren gerettet. Osama eilte auf seine beiden Kameraden zu. Plötzlich sah er, wie der junge Abdullah den Weg verließ und auf einen großen Felsen in einigen Hundert Metern Entfernung zusteuerte.
Er brüllte aus Leibeskräften. »Abdullah! Nein! Bleib, wo du bist!«
Als er ihn rufen hörte, blieb der junge Mann stehen,
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