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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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doch er war zu weit, um ihn verstehen zu können. Er winkte Osama freundlich zu und marschierte zu dem Felsen hinüber, während er sich die Hose aufknöpfte. Fieberhaft zurrte Osamaam Haltegurt seines Gewehrs. Er musste unbedingt Abdullahs Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Im selben Augenblick hörte er ein trockenes Knacken. Wie in einem Alptraum sah er eine Art graue Scheibe in die Luft steigen, über den Kopf des jungen Mannes. Die Scheibe explodierte und traf Abdullah direkt im Gesicht. Der junge Mann vollführte eine makabre Pirouette. Als Rangin ihm zu Hilfe eilen wollte, schoss Osama zweimal in die Luft. Rangin stockte und blickte sich um. Osama hielt die Hände oberhalb seines Kopfes über Kreuz, das Zeichen, sich nicht von der Stelle zu bewegen.
    »War das eine Springmine?«, fragte Rangin leichenblass. Er zitterte am ganzen Leib.
    »Ja, bleib hier. Ich werde zu Abdullah hinübergehen, indem ich in seine Fußstapfen trete.«
    Der Leichnam bot kein schönes Bild. Osama musste sich überwinden, ihn zu durchsuchen. Die CD, er brauchte die CD. Als er sie schließlich entdeckte, wollte er seinen Augen nicht trauen. Das Plastik war geschmolzen. Verzweifelt senkte Osama den Kopf. Es gab keine CD mehr. Es gab keine Spur mehr. Er hatte verloren.
    Osama starrte auf Abdullahs Blut, das ihm von den Händen tropfte. Überall war Blut. Abdullahs Blut. Babraks Blut. Gulbudins Blut.
    Zum ersten Mal seit dem Tod seines Sohnes begann er, hemmungslos zu weinen.

Zweiter Teil

18
    Der alte Geländewagen fuhr quietschend auf dem Parkplatz des Grenzpostens in Torkham vor – einer heruntergekommenen Stadt mit Häusern aus Lehm und hässlichem Beton, die durch die Präsenz der paschtunischen Militärs mit ihren geschulterten Kalaschnikows furchterregend wirkte.
    »Gehen wir was trinken, bevor wir die Grenze passieren«, schlug Nicks Führer vor. »In der Mittagspause sind weniger Agenten vom pakistanischen ISI unterwegs, die unliebsame Fragen stellen könnten.«
    »In Ordnung«, sagte Nick.
    Die Reise hatte ihn erschöpft, und die Wunde an seinem Bein schmerzte immer noch. Nach seiner Flucht war er mit dem Auto über die italienische Grenze gefahren. Dort hatte er einen Bus nach Mailand genommen und sich dort behandeln lassen – ein Haushaltsunfall, so hatte er behauptet. Der junge Chirurg war ihm gleich sympathisch gewesen, ein Senegalese, der gerade sein Studium an der Universität Dakar abgeschlossen hatte und perfekt Französisch sprach. Nachdem er genäht worden war, hatte Nick unter falschem Namen ein Flugzeug nach Dubai bestiegen, dann ein weiteres nach Islamabad. Ein normaler Reiseverlauf für Geschäftsleute, Journalisten und Leute im Dienst humanitärer Organisationen, nichts, was große Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Obwohl er sich inzwischen pakistanische Kleidung zugelegt und sich seit zwei Tagen nicht rasiert hatte, sah man Nick an, was er war: ein junger Westler, der verloren wirkte in einem Land, in dem er sich nicht auskannte. Man musterte ihn verstohlen, bisweilen auch feindselig. Zum Glück verhinderte die Kalaschnikow, die ihm am Schulterriemen baumelte, lästige Nachfragen. In Islamabad hatte er sich von einem Taxifahrer, der kein Wort Englisch sprach, nach Peschawar fahren lassen, der Hauptstadt von Ost-Pakistan. Mitten in der Stadt war er ausgestiegen, um ein weiteres Taxi zu nehmen und einen Führer zu finden, der ihn an sein endgültiges Ziel brachte. Er hatte einen speziellen Erlaubnisschein kaufen müssen, der es ihm gestattete, die Stammeszone zu betreten. Die Erlaubnis gab es eigentlich kostenfrei, aber das Home Department of Tribal Affairs war so korrupt, dass er beinahe zweihundert Rupien hatte hinlegen müssen, um das Dokument sofort zu erhalten. Vorsichtshalber hatte er fünf Kopien des Passierscheins und seines Passes angefertigt und jeder einen Hundert-Rupien-Schein beigelegt. An den vier Kontrollposten, an denen er zwischen Peschawar und der Grenze angehalten wurde, wirkten die Fotokopien wahre Wunder: Die pakistanischen Militärs steckten das Geld ein und winkten sie ohne weitere Fragen durch. Am Checkpoint Michni bewunderte er das atemberaubende Panorama. Die Gegend war gefährlich, aber sein bewaffneter Führer – jeder Westler, der Peschawar verließ, musste einen haben – wirkte vertrauenswürdig. Er war Mitglied der Khyber Agency, der offiziellen Organisation, die das Monopol für den Begleitschutz der Reisenden aus dem Westen innehatte. Nick hatte sich als belgischer Arzt ausgegeben, der

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