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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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Angewohnheiten?«
    »Manchmal hatte ich den Eindruck, dass das, was wir taten, ihm kein großes Vergnügen bereitete. Während wir miteinander schliefen, wirkte er sehr … konzentriert. Als ob er arbeiten würde. Ich glaube nicht, dass er große Lust empfand.«
    »Warum zahlte er dann so viel Geld?«
    »Er ist reich, Geld spielt keine Rolle für ihn.«
    »Eine etwas unbefriedigende Antwort, wenn Sie erlauben.«
    Jacqueline überlegte.
    »Ich glaube, ich schenkte ihm Geborgenheit. Ich wirke seriös, anfangs gab ich mich als Lehrerin aus, die ihr Monatsgehalt ein wenig aufbessern will. Vermutlich hat er mir das nie geglaubt, aber das Szenario schien ihn zu erregen.«
    »Zu erregen? Oder gefiel es ihm?«
    »Das ist dasselbe, oder?«
    »Sie haben doch selbst gesagt, er sei nicht sehr erregt gewesen«, erwiderte Nick.
    »Sie haben recht. Dieses Rollenspiel erregte ihn nicht, es gefiel ihm.« Sie schaute Nick durchdringend an. »Nur ein Polizist kann derartige Fragen stellen.«
    »Ich versuche, die Fragen zu stellen, die ihn mir näherbringen«, sagte er, um die Situation zu entschärfen. »Es gibt vieles an seinem Verhalten, das ich mir nicht erklären kann. Meine Fragen sind wohl eher die eines Psychologen als die eines Polizisten.«
    »Ich glaube nicht, dass ein Psychologe über diesen Vergleich erfreut wäre.«
    »Sie treffen sich seit neun Jahren regelmäßig mit ihm. Wissen Sie, wer Ihre Vorgängerin war?«
    »Glauben Sie, dass das wichtig ist?«
    »Léonard ist verschwunden. Alles ist wichtig.«
    »Hm, lassen Sie mich überlegen. Ja, er hat mir von einer Frau erzählt. Das war zu Beginn unserer Beziehung, es ist sechs, sieben Jahre her. Um Weihnachten herum. Er wirkte deprimiert. Er sagte, ich hätte Klasse, das schätze er sehr an mir, undes erinnere ihn an die Frau, mit der er sich vor mir regelmäßig getroffen habe. Ich fragte ihn, weshalb sie sich nicht mehr sähen, wenn sie ihm doch so gut gefallen hätte. Ich war ein wenig verärgert und außerdem nervös, Léonard war ein guter Kunde, treu und großzügig, er schlug mich niemals, ich hatte keine Lust, dass diese andere mich ersetzte. Er lachte und sagte, ich brauchte mich nicht zu sorgen, Yasmina würde er nie wiedersehen, sie sei zwar wirklich schön, aber drogenabhängig. Er hatte wahnsinnige Angst vor Aids.«
    »Yasmina? War sie Araberin?«
    »Ich nehme es an. Wir haben das Thema danach aber nie wieder angeschnitten.«
    Nick sah Jacqueline durchdringend an. Ihm schoss plötzlich ein Gedanke durch den Kopf.
    »Verzeihen Sie, dass ich Ihnen eine persönliche Frage stelle … Sie tragen einen französischen Vornamen, aber sehen orientalisch aus. Woher stammen Sie?«
    »Ich komme aus dem Libanon.«
    Der weitere Verlauf des Gesprächs brachte keine interessante Information zutage. Seufzend entnahm Nick seiner Brieftasche tausend Schweizer Franken, das war der Preis für ein Schäferstündchen mit Jacqueline – genug, um eine Familie aus der Dritten Welt ein ganzes Jahr lang zu ernähren. Sie nahm die Geldscheine behutsam entgegen, steckte sie mit einer gazellenhaften Geste in ihre Tasche. Er ermahnte sie, vorsichtig zu sein, dann ließ er sie gehen.

6
    Am nächsten Morgen stand Osama mit starken Kopfschmerzen auf, er hatte das Gefühl, in einen Schraubstock gespannt zu sein. Als er seine Gedanken in Worte gefasst hatte, war ihm die Tragweite der Situation bewusst geworden. An schwierige Ermittlungen war er gewöhnt, an Druck und an Drohungen, aber er spürte, dass die Risiken diesmal andererNatur waren. Er duschte kalt, da der Boiler kaputt war. Vor dem Fenster heulte der Wind. Er zog die Vorhänge beiseite. Ein eisiger Nordwind blies auf einmal über Kabul hinweg und hatte Schneestürme mitgebracht, die zu einem Temperatursturz von gut zwanzig Grad innerhalb weniger Stunden geführt hatten – ein für diese Jahreszeit nicht seltenes Wetterphänomen. Es war noch Nacht, die kleine Straße, in der er wohnte, lag in tiefem Dunkel, nur das eine oder andere erleuchtete Fenster und die Scheinwerfer eines Autos erhellten die Finsternis. Er bemerkte die Gestalt von Nafuz, dem Polizisten, der nachts auf sein Haus aufpasste. Mit an sich gepresster Kalaschnikow stand er da, während sein Mantel sich allmählich mit Schnee vollsog. Osama selbst schlotterte vor Kälte, obwohl er doch in den Bergen gelebt hatte: Das Haus war so gut wie nicht geheizt, und die Temperatur überschritt wohl kaum sechs oder sieben Grad. Er schlüpfte in einen Shalwar mit Innenfutter, statt

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