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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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sich die Räder in Bewegung setzten.«
    »Wie weit waren Sie von dem Wagen entfernt?«
    Der Mann zeigte auf die gegenüberliegende Wand. »Vier Meter.«
    »Haben Sie das Nummernschild erkannt?«
    »Ja, es begann mit KBL, es war ein Wagen aus Kabul. Dann kam eine 7. Es war eine 7 dabei.«
    »Konzentrieren Sie sich«, sagte Osama. »Schließen Sie die Augen, versetzen Sie sich zurück, denken Sie nicht nur an den Wagen. Lassen Sie die ganze Situation Revue passieren. Von dem Augenblick an, als Sie auf die Straße rannten.«
    Der Mann schloss die Augen, konzentriert legte er die Stirn in Falten.
    »Ich sehe eine 27, keine 7. Es waren auch noch andere Zahlen dabei, aber ich erinnere mich nicht daran.«
    »Denken Sie nach«, sagte Osama.
    »Die letzte Ziffer ist dieselbe wie die letzte auf dem Nummernschild von diesem Mustang hier!«, rief der Mann auf einmal und deutete auf eines der Poster an der Wand.
    »Eine 5 also?«, fragte Osama sicherheitshalber.
    Osama setzte die Befragung noch ein paar Minuten fort. Dann dankte er dem Mann und verabschiedete sich, nachdem er mit unbeteiligter Miene seine Daten aufgenommen hatte. Eine präzise Adresse gab es nicht, da die Straße keinen Namen hatte, aber er zählte die Häuser bis zur nächsten Kreuzung.
     
    Die Kfz-Meldestelle der Präfektur von Kabul lag in einem alten Gebäude, das noch die Spuren des Geschützfeuers der Schlacht von 1996 trug. Die Innenräume waren unbeheizt, die Angestellten hasteten, in unzählige Kleiderschichten und Decken gehüllt, vorüber. Es waren viele Frauen darunter, einige unverschleiert, andere nur mit einem dünnen Schleiertuch. Keine trug eine Burka. Osama dachte an Malalai, sie hatte in diesem Augenblick eine Versammlung der RAWA an einem geheimen Ort. Er erkundigte sich nach dem Büro des Leiters der Kfz-Meldestelle. Im zweiten Stock, hieß es vage. Dort fragte Osama sich weiter durch und landete schließlich im Büro einer Frau, die sich ihm als neue Leiterin vorstellte. Sie hatte weiße Haut, rabenschwarzes Haar und eine sehr gerade Nase. Sie trug nur einen symbolischen Schleier, der ihre Schultern und einen Teil des Haars bedeckte. Eine widerspenstige Strähne fiel ihr ins Gesicht. Sie war wunderschön, strahlte Energie und Stärke aus und machte Osama verlegen. Er wagte nicht, ihr ins Gesicht zu sehen. Die Frau hingegen gab sich ungezwungen, wartete, bis er sein Anliegen vorgebracht hatte. Er bemerkte plötzlich, dassihr der Zeigefinger der linken Hand fehlte. Sie folgte seinem Blick.
    »Ein Geschenk der Taliban, die fanden, einer Frau, die sich die Nägel anmalt, sollte zur Strafe der Finger abgehackt werden. Ich hatte Glück, sie haben mir nur einen einzigen abgehackt. Das war 1999.«
    Die talibanischen Polizeieinheiten zur Unterdrückung des Lasters und zum Schutz der Tugend schnitten ihren Opfern in der Regel alle Finger ab, seltener kam es vor, dass sie sich mit einem oder zweien begnügten – aus Mildtätigkeit oder weil das Opfer einwilligte, mit ihnen zu schlafen. Er befürchtete, dass Letzteres bei dieser wunderschönen Frau der Fall gewesen war.
    »Ich weiß, was Sie denken,
Qoumaandaan
. Für mich bedeutete dies nichts, ich hätte alles getan, um meine Hände zu retten. Zum Glück waren es nur drei.«
    Osama zupfte sich an der Nase, ihre Direktheit war ihm peinlich. So etwas erwähnte man normalerweise nicht.
    »Zwei von ihnen wurden anscheinend 2001 von den Amerikanern getötet, aber vor zwei Jahren bin ich dem dritten auf dem Basar begegnet. Er trug die neue Polizeiuniform und hatte seinen Bart gestutzt – aber er war es. Ich werde sein Gesicht nie vergessen. Mein ganzes Leben lang werde ich seinen Gesichtsausdruck vor Augen haben, wie er die Heckenschere in der Hand hält. Er sah so glücklich aus, während er mich verstümmelte.«
    Sie unterdrückte ein Schluchzen.
    Das Opfer, das seinem Henker begegnet. Osama hatte diese Geschichte tausendmal gehört.
    Die Leiterin der Behörde fasste sich jedoch rasch wieder. »Was kann ich für Sie tun,
Qoumaandaan

    »Ich arbeite gerade an einem größeren Fall und brauche eine Auskunft.«
    »Ist es üblich, dass der Leiter der Kriminalbehörde selbst Erkundigungen einholt?«
    »In wichtigen Fällen schon.«
    »Was verstehen Sie unter ›wichtig‹?«
    Osama blieb die Spucke weg, dass eine Frau wagte, so mit ihm zu sprechen. Er beschloss, ganz offen zu antworten.
    »Anscheinend sind hochrangige Persönlichkeiten darin verwickelt. Ich denke da zum Beispiel an den

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