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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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ein differenzierteres soziales Gefüge vorherrschte. Taraki erkundigte sich, ob sich schon neue Details zu dem Attentat abzeichneten, und Osama erwiderte, die Untersuchungen seien im Gange, der Durchbruch stehe jedoch noch aus. Taraki nickte, es schien ihn nicht sehr zu erstaunen.
    »Es ist mir eine Ehre, Babraks Bitte zu entsprechen, vor allem jetzt, wo er mit den Gläubigen im Paradies ist,
Inshallah

    »Ich hatte ihn gebeten, die Liste aller ausländischen Passagiere aufzutreiben, die in den drei Tagen vor dem 4. März in Kabul angekommen sind und es zwischen dem 5. und dem 7. wieder verlassen haben.«
    »Ganz recht.«
    »Wissen Sie, wer mir hier auf dem Flughafen dabei helfen könnte, eine derartige Liste zu bekommen?«
    »Ich. Ich habe diese Liste.«
    Osama sah ihn überrascht an.
    »Ich habe die Liste aller Passagiere mit Angabe ihrer Nationalität sowie ihre Ankunfts- und Abreisedaten. Die Schnittmenge müssen Sie selbst herausfinden.«
    »Wie kommen Sie an eine solche Liste?«
    »Meine Männer sind für die Reinigung der Büros verantwortlich. Sie gehen nachts durch, wenn sie leer sind. Ihre Kollegen von der Grenzpolizei sind nicht besonders umsichtig,
Qoumaandaan
, sie werfen Dokumente einfach in ihre Papierkörbe.« Taraki schob den Ärmel seines Umhangs hoch und enthüllte eine goldene Armbanduhr. »Viele Leute interessieren sich für diese Informationen, wie Sie sich vorstellen können. Ich bewahre alles auf. Normalerweise muss man für diese Information zahlen, aber für Sie, zum Gedenken an Babrak, ist sie kostenlos.«
    Er zog eine Schreibtischschublade auf und entnahm ihr einen Stapel Papier – ein klassischer Ausdruck auf Lochpapier, mindestens zwei Zentimeter dick.
    »Danke«, sagte Osama. Er war in einer Verlegenheit. Von einem rein rechtlichen Standpunkt aus betrieb Taraki da etwas, das man eigentlich als Spionage ahnden musste. Er hätte aufstehen und den Mann auf der Stelle anzeigen müssen. Indem er es nicht tat, lieferte er sich Taraki aus.
    »Ich habe wenige Freunde«, sagte der Mann, als könnte er Gedanken lesen, »aber ich bin ihnen treu, so, wie sie mir auch treu sind. Ich darf doch mit Ihrer Verschwiegenheit rechnen?«
    Osama begriff, dass Taraki fest im Sattel saß und sicherlich Beziehungen zu allen Lagern hatte, wahrscheinlich ebenso zu den Taliban wie zu den Spionen benachbarter Länder. Vielleicht sogar zu den Russen, was seine Unbekümmertheit erklärte.
    »Sie können sich darauf verlassen.«
    Er verabschiedete sich und ging hinaus, die kostbare Liste unterm Arm. Er fragte sich, wie vieler Ausdrucke es wohl bedurfthatte, damit Taraki sich seine goldene Armbanduhr hatte leisten können.
     
    Als er den Flughafenbereich verließ, fiel Osama ein Minibus auf, der sich konstant einige Meter hinter ihm hielt. Man hatte ihn entdeckt. Jetzt wurde er also vom Minister überwacht oder von seinen geheimnisvollen westlichen Kontrahenten. Zum Glück war er diskret vorgegangen, er glaubte nicht, dass man herausfinden konnte, welcher Grund ihn hergeführt hatte. Er fuhr direkt zum Kommissariat. Gulbudin kam zu ihm ins Büro, setzte sich und legte seine Prothese mit einem Ächzen auf einem Stuhl ab. Solange er sich erinnern konnte, hatte Osama ihn nie klagen hören, nicht einmal, als er tödlich verwundet auf die Ladefläche eines Lieferwagens geschleudert worden war.
    »Wir haben die Liste mit den Fingerabdrücken. Vier unterschiedliche Abdrücke, darunter die von Abdul Hakat, den wir dank der Polizeiakte offiziell ermitteln konnten. Die drei anderen sind unbekannt. Wie wollen Sie vorgehen?«
    Es gab keine automatisierte Datei für Fingerabdrücke, wenngleich die Russen vor ihrem Abzug daran gearbeitet hatten. Die Amerikaner behaupteten, ein derartiges System einrichten zu wollen, um die Bekämpfung der Islamisten voranzutreiben, es würde aber Jahre dauern, bis es im Einsatz war. Osama wusste, dass diese Fingerabdrücke ihm vielleicht bei den weiteren Untersuchungen dienlich waren, dass sie ihm aber keinen direkten Namen liefern konnten.
    »Hast du Spuren von dem Rußpulver auf dem Schuh hinterlassen?«, fragte er Gulbudin.
    »Ja.«
    »Versteck ihn gut in einem unserer Schränke im Untergeschoss. Und dann fahr ins Krankenhaus und übergib
Daktar
Katun diesen Brief. Persönlich.«
    Als Gulbudin draußen war, sondierte Osama seinen Posteingang. Reza hatte ihm die jüngsten Untersuchungsergebnissegeschickt. Begierig las er sie durch. Der Bericht über das Verhör des Bruders des
Shahid
umfasste

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