Das Kadett
aufgeführt. Die Betaner sahen die Sache natürlich anders. Das Blau im Titel des Dokudramas bezog sich auf die Uniform, welche das Betanische Expeditionskorps getragen hatte, zu dem auch Captain Cordelia gehört hatte.
»Es ist … es ist …« Elena wandte sich an Miles. »Es ist doch kein Wort davon wahr, oder?«
»Naja«, antwortete Miles, der durch die vielen Jahre, in denen er mit der betanischen Version der Geschichte gekämpft hatte, schon abgebrühter war. »Manches schon. Aber meine Mutter sagt, dass sie blaue Uniformen erst trugen, als der Krieg praktisch schon vorbei war. Und sie schwört bei allem, was ihr heilig ist, dass sie Admiral Vorrutyer nicht umgebracht hat, aber sie sagt auch nicht, wer es getan hat. Sie protestiert etwas zu heftig, finde ich. Mein Vater sagt über Vorrutyer nur, dass er ein brillanter Verteidigungsstratege war. Ich habe das nie ganz verstanden; denn schließlich war Vorrutyer für den Angriff verantwortlich. Meine Mutter meint nur, er sei etwas seltsam gewesen. Das klingt im Grunde nicht so schlimm, aber dann muss ich berücksichtigen, dass sie Betanerin ist. Gegen Prinz Serg haben beide nie ein Wort gesagt, und Vater war in seinem Stab und kannte ihn. Daraus schließe ich, dass die betanische Darstellung des Prinzen hauptsächlich eine Ausgeburt der Kriegspropaganda ist.«
»Unser größter Held!«, rief Elena. »Der Vater des Kaisers! Wie können sie es wagen …?«
»Nun, selbst auf unserer Seite überwiegt die Auffassung, dass wir uns übernommen haben, als wir Escobar nach Komarr und Sergyar auch noch einnehmen wollten.«
Elena wandte sich an ihren Vater. Schließlich war er der Experte. »Du hast doch mit dem Grafen auf Escobar gekämpft, Sir! Sag ihr …« Sie deutete mit dem Kopf zu Mrs. Naismith hinüber, »dass es nicht so war.«
»Ich kann mich an Escobar nicht mehr erinnern«, antwortete der Sergeant ungerührt mit selbst für ihn ungewöhnlich ausdrucksloser Stimme. »Du hättest dir das nicht ansehen sollen.« Er deutete mit einer Hand, deren Daumen im Gürtel eingehakt war, auf das Holovid-Gerät.
Die Spannung in Botharis Schultern beunruhigte Miles, ebenso der Ausdruck in seinen Augen. Wut? Über einen belanglosen Film, den er schon gesehen und wie Miles ignoriert hatte?
Elena blieb verwirrt stehen. »Du erinnerst dich nicht? Aber …?«
In Miles Gedächtnis machte es klick! Die Entlassung aus medizinischen Gründen – lag hier der Grund? »Wurdest du in Escobar verwundet, Bothari?« Kein Wunder, wenn er dann so empfindlich reagiert.
Bothari antwortete nur knapp: »Ja.« Dann wich er Miles und Elenas Blicken aus.
Miles kaute auf der Unterlippe. »Kopfverletzung?«, bohrte er nach, da ihm plötzlich ein Verdacht kam.
Bothari schaute Miles finster an. »Ja.«
Miles ließ es gut ein. Diese neue Information war sehr wertvoll. Eine Kopfverletzung würde viel erklären, das ihm an seinem Lehnsmann Rätsel aufgegeben hatte.
»Wie dem auch sei.« Miles verneigte sich tief vor Elena – was sind eigentlich diese herrlichen Knappen mit Federbüschen für Männer geworden? »Ich habe meine Ladung!«
Elenas Verärgerung ging sofort in freudiges Interesse über. »Phantastisch! Hast du dir schon überlegt, wie du die Blockade überwindest?«
»Daran arbeite ich noch. Würdest du ein paar Einkäufe für mich erledigen? Proviant für die Fahrt. Gib die Bestellungen bei den Ship Chandlern auf. Das kannst du von hier aus, von der Komkonsole aus machen. Großmutter zeigt dir, wie. Arde hat eine Standardliste. Wir brauchen alles: Proviant, Treibstoffzellen, Sauerstoff für den Notfall, Erste Hilfe Sachen – und alles zum günstigsten Preis, den du bekommen kannst. Das Unternehmen frisst meine gesamten Reisespesen auf. Wenn du also irgendwo etwas sparen könntest …?« Er lächelte seiner zwangsverpflichteten Rekrutin so aufmunternd zu, als sei der zweitägige Kampf mit dem elektronischen Labyrinth betanischer Geschäftspraktiken wahres Zuckerschlecken.
Elena blickte ihn etwas zweifelnd an. »Ich habe noch nie ein Schiff ausgerüstet.«
»Das ist ganz leicht«, versicherte er ihr. »Nur zu! Das bekommst du schnell in den Griff. Wenn ich es tun kann, dann du doch auch.« Dann sprach er schnell weiter, um ihr keine Zeit zu lassen, über die Tatsache nachzudenken, dass er ebenfalls noch nie ein Schiff ausgerüstet hatte.
»Plane für Pilot Mayhew, einen Ingenieur, den Sergeant, mich und Major Daum für acht Wochen plus einen kleinen Spielraum, aber nicht zuviel,
Weitere Kostenlose Bücher