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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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haben«, entschuldigte er sich. »Ich habe so viel von dir verlangt – aber ich bringe dich wieder heil raus. Darauf gebe ich dir mein Wort. Keine Angst.«
    Empört verzog sie den Mund. »Ich habe keine Angst! Naja – ein bisschen. Aber ich fühle mich lebendiger als je zuvor. Du schaffst es, dass alles möglich erscheint.«
    Die lang ersehnte Bewunderung in ihren Augen beunruhigte ihn. Sie ähnelte zu sehr Hunger. »Elena, das Ganze hier steht auf wackligen Beinen. Wenn diese Typen je aufwachen und merken, wie wir sie hinters Licht geführt haben und dass sie uns zahlenmäßig weit überlegen sind, kommt es zu einem Riesenknall …« Er brach ab. Das brauchte sie nicht zu hören. Er rieb sich die Augen und presste die Finger gegen die Schläfen.
    »Es steht nicht auf wackligen Beinen«, widersprach sie ernst. »Du gibst Stabilität.«
    »Das sagte ich doch gerade?« Er lachte gezwungen.
    Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Wann hast du das letzte Mal geschlafen?«
    »Ach, ich weiß nicht. Diese verschiedenen Schiffszeiten – ja, ich muss daran denken, sie auf dieselbe Zeit umzustellen. Ich werde die RG 132 ändern, das ist einfacher. Wir übernehmen die oserische Zeit. Geschlafen habe ich vor dem Sprung. Ja, einen Tag vor dem Sprung.«
    »Hast du zu Abend gegessen?«
    »Zu Abend gegessen?«
    »Mittagessen?«
    »Mittagessen? Hat es denn Mittagessen gegeben? Da habe ich wohl alles für die Bestattung vorbereitet.«
    »Frühstück?«, fragte sie verzweifelt.
    »Ich habe etwas von der eisernen Ration gegessen, als ich vorige Nacht an der Dienstvorschrift gearbeitet habe. Hör mal zu! Ich bin klein und brauche nicht so viel wie ihr Riesen …« Miles lief weiter.
    Elenas Gesicht war ernst. »Miles, wie ist der Pilot gestorben?«, fragte sie plötzlich. »Im Gleiter hat er noch gelebt, allerdings nicht besonders gut ausgesehen. Hat er dich angefallen?«
    Miles’ Magen zog sich wie auf der Achterbahn zusammen. »Mein Gott, glaubst du etwa, ich hätte ihn ermordet?« Aber das hatte er – so sicher, als hätte er dem Mann eine Nervenschere an den Kopf gehalten und sie abgefeuert. Er hatte keine Lust, Elena zu erzählen, was sich im Wachraum der RG 132 zugetragen hatte. In seiner Erinnerung tauchten die Bilder immer wieder auf. Botharis Verbrechen, sein eigenes Verbrechen, das Loch in der Schläfe …
    »Miles, ist dir nicht gut?«, fragte sie erschreckt. Miles merkte, dass er mit geschlossenen Augen dastand. Tränen liefen ihm über die Wangen.
    »Miles, setz dich! Du bist völlig fertig!«
    »Ich kann nicht stillsitzen; denn dann …« Er nahm hinkend seinen Rundgang wieder auf.
    Elena betrachtete ihn kurz, dann lief sie hinaus und knallte die Tür zu.
    Jetzt hatte er sie verschreckt, vielleicht sogar ihr neu gewonnenes Selbstvertrauen sabotiert … Er verfluchte sich. Dann versank er in schwarzem, klebrigem Terror, der den lebenswichtigen Vorwärtstrieb hemmte. Blind watete er weiter.
    Da war wieder Elenas Stimme. »… läuft dauernd im Kreis herum. Ich glaube, du musst ihn hinsetzen. Ich habe ihn noch nie so schlimm erlebt …«
    Miles blickte in das kostbare, hässliche Gesicht seines persönlichen Killers. Bothari seufzte. »Stimmt. Ich kümmere mich um ihn.«
    Elena zog sich mit vor Sorgen großen Augen zurück. Bothari packte Miles hinten am Kragen und am Gürtel und schob ihn zum Bett. Dort setzte er ihn fest hin.
    »Trink!«
    »Ach, zum Teufel, Bothari – du weißt, ich kann Scotch nicht ausstehen. Schmeckt wie Farbverdünner.«
    »Ich halte dir die Nase zu und kippe ihn dir in die Kehle, wenn es sein muss«, erklärte der Sergeant geduldig.
    Gehorsam nahm Miles einen Schluck aus der Flasche, die auch bei einem Söldner konfisziert worden war, wie er sich vage erinnerte. Bothari zog ihn kurzentschlossen aus und legte ihn aufs Bett.
    »Nimm noch einen Schluck!«
    »Verdammt!« Das Zeug brannte wie Feuer.
    »Und jetzt schläfst du!«
    »Ich kann nicht schlafen. Zu viel zu tun. Muss sie alle auf Trab halten. Wie kann ich die Broschüre machen? Der Todesbund ist auch nur eine primitive Form der Lebensversicherung, oder? Elena irrt sich bestimmt wegen Thorne. Ich hoffe nur, dass mein Vater nie erfährt – Bothari, du sagst ihm doch nichts …? Andockungsmanöver mit der RG 132 …« Dann murmelte er nur noch – und dann schlief er traumlos sechzehn Stunden lang.

 
KAPITEL 11
     
    Eine Woche später hatte Miles immer noch den Oberbefehl. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto öfter hielt Miles

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