Das Kainsmal
und dick angeschwollen? Wenn man dann aus einem Unfallauto klettert? Was glauben Sie, wie schnell man da erschossen wird?
Galton Nye: Mir blutet das Herz. Und ich sage ja nicht, dass diese Leute was dafür können, dass sie den Verstand verlieren, oder dass sie es verdient hätten, von der Sperrstundenpolizei abgeknallt zu werden, aber bedenken Sie bitte mal, wie Nachtgänger leben. Wir, die wir uns an das Wort Gottes halten und an den gesunden Menschenverstand, wir sollten nicht auch noch die Zeche für ihre Sünden zahlen müssen.
Sehen Sie sich das Leben dieser Nachtgänger doch nur einmal an. Für sie ist das ganze Leben eine einzige große Party. Bei denen dreht sich alles nur um Sex. Sie zertrümmern ihre Autos und genehmigen sich auf verantwortungslose Weise One-Day-Stands mit Fremden. Unser Pfarrer hat darüber einmal ausführlich gepredigt. Es fällt wirklich schwer, Mitleid mit Menschen zu haben, die so rücksichtslos mit ihrer Gesundheit umgehen. Diese so genannten Opfer sind Leute, die keinen Respekt vor sich selbst haben. Und vor Gott auch nicht.
Wenn sie ihre eigenen Reihen lichten wollen, kann ich nur sagen: Sollen sie doch.
Dr. Phoebe Truffeau: Mitte der 1960er Jahre impfte der amerikanische Anthropologe James Neel Angehörige des Stammes der Yanomani in Venezuela mit einem besonders ansteckenden Masernvirus. Neel und seine Mitarbeiter weigerten sich, die Kranken zu behandeln. Tausende starben, während die Forscher lediglich die Ausbreitung der Krankheit dokumentierten, um eine alte Streitfrage der Eugenik zu klären.
Neddy Nelson: Haben Sie eine Vorstellung davon, wie grell einem die Sonne vorkommt, wenn man nachts groß geworden ist? Haben Sie sich schon mal hunderttausend Herzschläge lang gefragt, ob sie nicht bereits an Tollwut sterben? Vielleicht haben Sie schon seit Wochen nichts mehr geboostet, weil Sie Angst haben, dass das längst nicht mehr funktioniert?
Haben Sie schon mal mit eigenen Augen gesehen, wie die Polizei Freunde von Ihnen mit Maschinengewehren niedergemäht hat?
Haben Sie schon mal in einer Welt leben müssen, wo Sie selbst Ihr schlimmster Albtraum sind?
Jayne Merris: Wenn Sie mich fragen: Ich denke, es begann damit, dass irgendwann die öffentlichen Toiletten über Nacht geschlossen wurden. Wenig später waren dann die öffentlichen Trinkbrunnen nur noch tagsüber in Betrieb. Die Taggänger bestimmten die Toiletten und Restaurants und Trinkbrunnen, die sie benutzen wollten, und die Nachtgänger mussten sich mit dem Rest zufriedengeben. Je mehr die Tollwut um sich griff, desto schlimmer wurde die Apartheid.
Die Nacht, die zwölf Stunden, die wir auf der Rückseite des Planeten verbringen - die Nacht wurde zu einem Ghetto, wenn Sie mich fragen.
Neddy Nelson: Haben Sie eine Vorstellung davon, wie wohltuend ein Sonnenuntergang ist, wenn man einen ganzen Tag lang schwitzend und blutend und sich in die Hose pissend auf der Rückbank eines Schrottautos gelegen hat? Können Sie sich vorstellen, wie herrlich die Sirenen zur abendlichen Sperrstunde klingen?
Galton Nye: In unserer Bibelgruppe hörten wir, dass die so genannten Sabberer einem absichtlich in den Mund spucken. Die lautstarken Proteste der Nachtgänger, ihre geifernden Reden, dienen nur diesem Zweck, damit einem ihre Spucke in die Augen oder ins Essen spritzt. Da steckt Absicht dahinter.
Ich schwöre, mir blutet das Herz, aber ich sage, früher oder später musste das Quarantäneprogramm einfach kommen.
30
In Trauer
Lynn Coffee (
Journalistin): Einen Tag nach Rant Caseys Tod - der ganz offenkundig Selbstmord war, schließlich hatten Tausende von Augenzeugen und Millionen Zuschauer an den Fernsehbildschirmen die Explosion seines Autos mitverfolgt -, einen Tag nach seinem Tod also fiel ein siebenundvierzig Jahre alter Streifenbeamter namens Daniel Hammish, der seit neunzehn Jahren auf Sperrstundenpatrouille gegangen war, über eine Passantin her. Anscheinend völlig grundlos biss Hammish der Fremden in den Hals. Herbeigeeilte Rettungssanitäter trafen Hammish noch am Tatort an; er stammelte wirres Zeug, verlor schließlich das Bewusstsein und starb.
Todd Rutz(
Münzhändler): Erst als Polizisten in meinen Laden kommen und mir ein Foto von dem Jungen zeigen, der mir seine Münzen verkauft hatte, erst da erfahre ich, dass der Junge Buster Casey heißt. Sie erzählen mir, er sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen, das sei sogar in den Nachrichten gewesen. Fragen mich, was
Weitere Kostenlose Bücher