Das kalte Gift der Rache
Auto. Ich dachte an nichts mehr, keine Sachen zum Wechseln, keine Zahnbürste, wollte nur noch weg von hier.
Draußen suchte ich sogar den Explorer extra noch einmal von oben bis unten durch, so paranoid war ich mittlerweile. Da war nichts, also stieg ich ein, verriegelte die Türen, holte mein Taschenmesser heraus und befreite Jules Verne. Der Arme drängte sich in meinen Schoß und winselte unaufhörlich, versuchte sogar, sich in den Falten meines Mantels zu verkriechen. Wie schon gesagt, sogar meine Haustiere machen sehr schnell die Bekanntschaft mit Monstern. Vielleicht hatte ich deshalb nie weder einen Hund noch eine Katze gehabt. Vielleicht würde Jules darauf bestehen, sofort für ihn den nächsten Rückflug nach Paris zu buchen.
Ich fuhr übereilt rückwärts los und schlitterte prompt in eine Schneewehe. Ich bremste und sah auf das verschneite Seeufer hinunter. Die Wasseroberfläche war fast überall gefroren, mein Steg komplett vereist, also würde Black in nächster Zeit eher nicht mit seiner Cobalt 360 auf einen Besuch vorbeischauen. Dann entdeckte ich die Allradspuren, parallel zu Uferlinie verlaufend, ehe sie in die Wälder nördlich von meinem Haus abbogen.
Eine maßlose Wut überfiel mich, und ich drückte Jules Verne an mich. Für mich war das endgültig und eindeutig der Beweis für McKays Schuld. Ich fragte mich, wann verdammt noch mal McKay bei mir gewesen sein könnte. Ein paar Minuten lang zitterte ich vor Wut, dann fasste und beruhigte ich mich und schwor mir abermals, ihn zu schnappen. Er spielte mit mir, und das sollte er mir büßen.
Ich atmete einige Male tief durch, wie es die Stimme auf meiner Yogakassette für den Fall empfahl, dass ich stockwütend und zu allem bereit war. Ich kurvte die Straße entlang bis zu Harves Briefkasten. Dort stoppte ich. Der Motor lief, und die Heizung blies mir ins Gesicht; meinen Hund hatte ich unter dem geschlossenen Parka. Harve in die Sache zu verwickeln, wäre dumm. Harve wurde im letzten Sommer in meinen Fall verwickelt und wäre beinahe gestorben. Das durfte nicht noch einmal geschehen. Die Gefahr war zu groß, denn McKay war auf freiem Fuß und wurde immer unberechenbarer. Bud und Jules Verne hatte er schon erwischt, bei mir und Black hatte er es versucht. Harve wäre dann sicher der Nächste.
Ich fuhr weiter. Ich würde mich an Blacks Rat halten und in Cedar Bend übernachten. Dort wurde alles überwacht, und ich war nicht allein. Nicht einmal eine Schwarze Witwe würde durch das Sicherheitsnetz gelangen, das Black nach dem Mord im letzten Sommer dort eingerichtet hatte. Und wegen Black machte ich mir keine Gedanken. Er hatte zur Genüge bewiesen, dass er auf sich selbst aufpassen konnte. Natürlich hatte der Gedanke, aus dem eigenen Haus vertrieben zu werden, etwas schier Unerträgliches, im Moment jedoch war es klüger, bei Black zu bleiben, bis ich McKay gefasst hatte. Und an dem Punkt war ich fest entschlossen, Himmel und Erde zu bewegen, nur um ihn zu kriegen.
Dunkle Engel
Uriel hatte sich verliebt, in ein Mädchen an der Schule, bei der er arbeitete. Sie ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, und er sehnte sich permanent nach ihr. Gabriel war nun so eifersüchtig, dass er ständig versuchte, ihr auf gemeine Weise wehzutun. Uriel hatte Angst. Er fürchtete, Gabriel könnte in Rage geraten und sie umbringen wie schon Uriels andere Freundin zuvor.
An einem Wochenende dann, als Gabriel zu einer Konferenz über Bildung in die nahe Stadt Columbia gefahren war, fühlte sich Uriel sicher genug, sein Mädchen in die Höhle mitzunehmen und ihr alle seine Schlangen und Spinnen zu zeigen. Anfangs war sie noch zurückhaltend und fürchtete sich, aber nachdem er ihr alles erklärt und ihr gesagt hatte, wie schön und ausgefallen seine Tiere waren, gefielen sie ihr doch. Schließlich wollte sie sogar lernen, wie man Schlangen und Spinnen züchtet. Sie sagte, sie liebte ihn und würde alles auf der Welt für ihn tun, und dann schliefen sie in der Höhle miteinander, für beide das allererste Mal.
Uriel war nie so glücklich gewesen. Nach Gabriels Rückkehr wollten sie sich in der Höhle treffen, und Uriel hatte sich verspätet. Er war außer Atem, als er den Boilerraum erreichte und die Falltür entriegelte. Er sprang hinunter in den Tunnel, voller Angst, Gabriel könnte einen Wutanfall bekommen, denn Uriel war bei seiner neuen Freundin gewesen und hatte sich nicht von ihr trennen können. Das war der Grund für seine Verspätung, aber darauf würde
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