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Das kalte Jahr: Roman (German Edition)

Das kalte Jahr: Roman (German Edition)

Titel: Das kalte Jahr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Ehrlich
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sehr peinlich war.
    Ich hatte jetzt einen schlechten Stand, wenn ich noch glaubhaft machen wollte, dass ich hier zielstrebig einkaufte.
    Es war aber schon sehr viel heller um mich herum geworden und ich sah auch andere Menschen mit Körben und Wagen herumlaufen und dachte noch: Wie gut, er hat sich also einen Ruck gegeben.
    An der Kasse saß, als ich endlich einen großen Haufen verschiedenster Dinge auf das Förderband lud, ein junges Mädchen, das sehr angewidert aussah, jeden Gegenstand einzeln anfassen und über den Scanner ziehen zu müssen.
    Vor der Kasse, im Eingangsbereich, sah ich feuchte Schlieren, die von den Einkaufswagen aus einer großen, trüben Pfütze heraus über den Fußboden gezogen wurden. Etwas frischer Schnee lag dort wo die Leute mit ihren Schuhen aufstampften, wenn sie hereinkamen. Auch hier bildeten sich kleine Pfützen, die das einfallende Licht aus den Fenstern reflektierten. Die Franchisebäckerfiliale hatte wieder geöffnet, jemand hatte in der Zwischenzeit schon große Mengen Plundergebäck, Schnecken, Kringel, Törtchen, Brezeln und Brotlaibe gebacken und dicht gedrängt in der Auslage aufgestapelt.
    Ich dachte tatsächlich noch, dass ich Richard und mir ein paar Brötchen mitbringen könnte für ein gemeinsames Frühstück, bevor die Erkenntnis schließlich einsetzte.
    Mit zwei übervollen Plastiktüten in den Händen, die immer wieder gegen meine Knie schlugen und an den Handgelenken schmerzhaft in die Haut einschnitten, rannte ich durch die Straßen des Ortes zum Haus meiner Eltern. Die Wollmütze kratzte auf der Stirn, unter dem Mantel fing ich an zu schwitzen, und die kalte Luft brannte in meiner Lunge wie ein unerbittliches Feuer.
    Ich stieß die Haustür auf, lief mit meinen schneeverklebten Stiefeln über den Flurteppich ins Wohnzimmer, die Tüten fielen mir aus der Hand, ich sorgte für große Unruhe und einigen Lärm in dem sehr stillen Haus.
    Richard war nicht zu sehen. Im Ofen lagen kalte Reste verkohlter Holzscheite, mein Schlaflager auf der Couch war aufgeräumt und alles in einen Zustand versetzt, als wäre ich nie da gewesen. Wenn ich mich konzentrierte und ganz still war, hörte ich aus dem oberen Stock wieder das Rutschen von Richards Knien über den Teppichboden in meinem alten Kinderzimmer. Immer nur sehr kurz, bevor wieder eine umfassende Ruhe einkehrte, in der sogar das Knistern der sich auf dem Fußboden langsam entspannenden Plastiktüten zu hören war.
    Ich räumte die Einkäufe in den Kühlschrank, die Küchenregale und den Keller, machte ein frisches Feuer im Wohnzimmerofen, was mir diesmal erstaunlich schnell gelang und ging schließlich, als ich das Gefühl hatte, es sei wirklich nichts anderes mehr zu tun, in den ersten Stock und klopfte vorsichtig an Richards Zimmertür.
    Ich schob meinen Kopf in den Raum und sah Richard, wie er auf dem Bett saß und in einem Fotoalbum blätterte, das mir sehr bekannt vorkam. Es hatte einen kunstledernen Einband und dünne, knisternde Trennseiten aus Pergamentpapier. Ich glaube, es enthielt Bilder aus meiner Zeit als Säugling und Kleinkind.
    Ich sagte zu Richard: Ich bin jetzt wieder zurück. Und: Ich habe für uns eingekauft. Er schaute auf und mir ins Gesicht, ich konnte nicht sagen, ob er enttäuscht war von mir oder überrascht, dass ich doch wieder zurückgekommen war. Jedenfalls sagte er, er sei hier oben lieber allein und ich versuchte verständnisvoll zu nicken und gab zur Antwort, dass ich unten auf ihn warten würde, und wenn er wollte, dann könnten wir wieder gemeinsam etwas essen, schließlich sei jetzt alles Nötige vorhanden und er müsse ja großen Hunger haben.
    Im Erdgeschoss lief ich dann eine ganze Zeit unruhig durch die Räume. Ich wollte etwas aufräumen, fühlte mich aber nicht befugt. Richards Werkzeug lag noch in der Küche, der Esstisch hätte freigeräumt werden können. Ich wollte auch nicht anfangen zu kochen, bevor ich nicht sicher war, dass Richard alle Zutaten gerne essen wollte oder zumindest gut vertragen konnte.
    Schließlich fing ich aus Ungeduld doch an, den Tisch zu decken und leicht bekömmliche Kleinigkeiten in Stücke zu schneiden. Ich kochte Nudeln und Tee, blätterte noch einmal in der Tageszeitung aus dem Nachbarbriefkasten, die ich auf dem Esstisch fand, als letzten Hinweis, dass ich schon gestern hier gesessen hatte.
    Ich überflog nochmals den Artikel über den Autor, der aus dem Nichts gekommen war, las ihn bis an sein Ende, wo es über das Buch hieß, es handle sich dabei

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