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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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für sie beide. Er bemerkt eine Silberkette auf der Brust des Drachentöters, ein flach geklopftes Ding, das sanft von ihrer heftigen Umarmung nachschwingt.
    Was ist denn das? Er hebt das Ding hoch und legt es sich auf die Handfläche. Hätte nie gedacht, dass du so was trägst.
    Na, das hast du mir doch geschenkt, Kumpel.
    Ringil ist verblüfft. Die flach geklopfte Scheibe ist ein billiges Teil mit dem Gesicht Akals des Großen und stumpf geworden vom Alter. Die Enden der Kette sind angelötet, und die Münze
selbst sieht aus, als wäre sie dabei stark angeschmolzen. Während seiner Zeit in Yhelteth flossen ihm solche Münzen wie Waschwasser durch die Hände. Aber er kann sich nicht daran erinnern, Egar eine geschenkt zu haben.
    Komm schon, Gil! Das weißt du aber besser. Es bringt nichts, sich an den grauen Orten auf Einzelheiten zu konzentrieren. Es bringt nichts, deine Gefährten allzu genau zu befragen. Sich zu überlegen, was sie wirklich sein können.
    Oder wohin einen das alles führt.
    Er lässt die Hand fallen, lässt die Münze zurück gegen die Brust des Drachentöters schwingen. Es ist, als wäre der massige Mann auf einmal dunkler und härter, eher knorriger Eichenstamm als menschliches Fleisch. Eher tierisch als menschlich.
    Er unterdrückt ein Schaudern. Bringt ein kleines, gepresstes Lächeln zustande. Klopft dem Vielleicht- Egar auf eine der Schultern, die hart sind wie die eines Trolls.
    Möchtest du mit mir spazieren gehen, hm? Dann gehen wir so.
    Ja, wenn ich so gehen könnte, würde ich mir den Lebensunterhalt in Madame Ajanas Tanzvorstellung verdienen.
    Die alten, blöden Witze – immer am besten. Aber sie zu hören, treibt einen Stachel hinter Ringils Augen, und er wendet sich rasch ab, blinzelnd und gestikulierend.
    Hast du die Schädel gesehen?
    Ja. Verfluchte Dwendas, hm?
    Seethlaw flackert durch seine Erinnerung, kühl bei der Berührung und prächtig, die wissenden Augen tief, so tief, dass man darin hätte ertrinken können.
    Ja, stimmt er zu. Verfluchte Dwendas.
     
    Natürlich verliert er Egar, genau wie alle anderen, bevor sie auch nur ein paar Meilen gegangen sind. Diesmal blutet er langsamer
aus, der Drachentöter, er verblasst und flackert wie eine Kerze in einem heftigen Luftzug, als würde ein größerer Sturm außerhalb dieses grauen Himmelszelts toben und kurze, heimtückische Windstöße könnten hin und wieder hereinfegen. Es währt eine Weile, der Steppennomade ist verschwunden, dann abrupt wieder zurückgekehrt, als wäre ihm plötzlich noch etwas Letztes eingefallen, das er unbedingt loswerden muss, als könnte er sich nicht so ganz entscheiden, ob er Ringil jetzt und an diesem Ort ungefährdet zurücklassen kann.
    Hör mal – du hast doch immer noch diesen Drachenzahndolch, den ich dir geschenkt habe?
    Ringil klopft sich auf den Ärmel, wo die Waffe ruht.
    Halt es fest, es ist ein gutes Messer.
    Ich weiß.
    Ringil spielt damit, weil, na ja, dies die grauen Orte sind, was sollte er denn sonst tun? Er behält seine Fassade einstudierter Ruhe und normalen Gesprächs bei, hält inne, wenn er plötzlich allein ist, nimmt den Faden wieder auf, wenn Egar wiederum erscheint.
    Poltar, der Schamane, ja, hast du gesagt.
    Der alte Scheißkerl hat es verdient, Gil. Ich meine, wenn nicht ich dorthin zurückkehre und ihn für seine Taten ausweide, wer tut’s sonst?
    Vielleicht werden sie ihn leid. Wenn er nicht für Frühlingsregen sorgen kann oder die Steppenghule sich wieder zeigen, trotz seiner Stockwerferei.
    Niemand wirft dort oben Stöcke, Gil. Das ist ein Haufen Echsenscheiß-Romantik, die irgendein Arschloch von Schreiber bei Hofe für eines dieser Edle-Wilden-der-Steppe-Stücke erfunden hat, mit denen sie die Theater da unten überschwemmen. Im Ernst: Ich bin diese Bande kleiner Sesselfurzer so was von leid, die noch nie in ihrem
Leben ein Lagerfeuer errichtet hat und über die Irrungen und Wirrungen eisenharter Krieger doziert und …
    Und weg ist er.
    Öder Sumpf bis zum Horizont, und den Wind zur Gesellschaft.
    Er geht weiter.
    Und wieder da. Der Drachentöter mitten im Schritt, die Brauen zusammengezogen beim Ringen um die Erinnerung.
    Was habe ich also gesagt?
    Stöcke werfen. Sieh mal, ich hab’ gesehen – damals in Ishlin-ichan  –, ich hab’ gesehen, dass ein Schamane einen Stock über einem kranken Kind geworfen hat. Etwa so lang, mit Knochenrasseln am Ende.
    Ja, das ist das verdammte Ishlin-ichan. Da machen sie so etwas, weil sie glauben, die imperialen

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