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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Fackeln oder Scheite hoch, die sie eilig aus den Lagerfeuern gezogen hatten. In den freien Händen glänzten matt die gezogenen Klingen.
    Der hagere Mann setzte den Bolzenschneider an die Fesseln des Veteranen an und schnitt sie ebenso mühelos durch wie die anderen zuvor. Der Veteran riss die Hände ungeduldig aus dem zerstörten Metall, dann beugte er sich herab und zog die Füße aus den durchgeschnittenen Fußfesseln.
    Hinter ihnen durchdrang ein Ruf die Nacht.
    »Dort! Monkgraves Treck!«
    »Sie sind … Holt sie euch! Sie sind frei! Verdammt, rein da und …«
    Noch über die Fußfesseln gebeugt, drehte der Veteran den Kopf zu den Stimmen hin. Gerin sah, wie er das Gesicht zu einer Grimasse verzog und in sich hineinnickte. Dann richtete er sich vorsichtig wieder auf, rieb sich die befreiten Handgelenke, atmete tief ein und knurrte, wie von etwas überrascht.
    »Du verschwindest besser von hier«, sagte er zu dem Hageren.
    »Ich, du, aber …«
    Der Veteran nahm ihm sanft den Bolzenschneider ab. »Mach schon! Nimm den Jungen mit, verzieht euch rasch unter die Bäume, solange ihr’s noch könnt.«
    »Und du?«
    Der Veteran winkte zu dem Durcheinander rings um sie, wo die anderen Männer versuchten, sich im Dunkeln zu befreien.
»Mein Freund, wenn uns jemand nicht etwas mehr Zeit verschafft, ist das alles rascher vorbei als der Fick eines Priesters.«
    »Dann bleibe ich auch.«
    »Du warst im Krieg?«, fragte der Veteran ebenso sanft, wie er den Bolzenschneider an sich genommen hatte.
    Der Hagere zögerte. Senkte den Kopf, schüttelte ihn langsam.
    »Freigestellt«, erwiderte er. »Ich war … ich bin Schmied.«
    Der Veteran nickte. »Hatte mir schon so was gedacht. Wie du das Eisen durchgeschnitten hast. Sieh mal, das ist keine Schande. Es können nicht alle den Stahl schwingen, weißt du, jemand muss das verdammte Zeug schließlich auch herstellen. Aber du hast Ahnung von deinem Spezialgebiet.«
    Geistesabwesend schwang er den Bolzenschneider und spürte dessen Gewicht. Es klang wie eine Sense, die durch die Luft fuhr. Der Schmied starrte ihn an, und das vernarbte Gesicht des Veteranen verzog sich zu etwas, das vage einem Lächeln ähnelte. Er zeigte mit seiner frisch erworbenen Waffe dort hinauf, wo die Bäume sich zu einem Wald verdichteten.
    »Macht schon, setzt euch in Bewegung, alle beide. Rüber zu den Bäumen!« Aus dem Lächeln wurde ein schreckliches Grinsen. »Ich folge euch gleich.«
    Sie wandten sich von der Lüge ab, dem unmöglichen Versprechen auf seinem zerstörten Gesicht, und flohen.
    Der zernarbte Mann sah ihnen nach. Gellende Flüche und ein Stolpern hinter ihm, als die ersten der Antreiber, die Schwerter schwingend und um sich tretend, sich ihren Weg durch die Revolte bahnten. Langsam erlosch sein Grinsen. Inmitten des Chaos aus Männern, die sich befreien wollten, die an ihren Ketten zerrten und nach Bolzenschneidern schrien, wandte er sich den Neuankömmlingen entgegen. Zwei Männer, beide schwangen Schwerter, einer trug eine Fackel. Der
Veteran spürte einen Muskel zucken, tief unter dem Narbengewebe seines Gesichts.
    »Du!« Der erste Antreiber erblickte ihn, hob die Fackel und sah genauer hin. Zeigte mit seinem Schwert. »Runter auf deine verdammten Knie! Sofort!«
    Ungeachtet des Schwerts überwand der Veteran mit drei raschen Schritten die Distanz zwischen ihnen, und bevor der Antreiber verstand, was eigentlich vor sich ging, war der andere so nah heran, dass die Waffe zu nichts mehr nutze war. Drohend stand der Veteran vor ihm.
    »Wir haben sie zurückgelassen«, sagte er, als erklärte er einem Kind etwas.
    Eine Bewegung, kaum zu erkennen, wie der Flügelschlag eines Falters – der Bolzenschneider, der auf Kopfhöhe zuschlug.
    Der Antreiber stolperte zur Seite, das Gesicht von dem Hieb aufgerissen, ein Auge verschwunden, die Augenhöhle eingedrückt. Die Fackel flog funkenspeiend davon. Der Antreiber stieß ein abgerissenes Geheul aus, ließ das Schwert fallen und sackte auf die Knie. Der Veteran wandte sich bereits seinem Begleiter zu. Der zweite Mann bekam den zurückschwingenden Bolzenschneider ins Gesicht. Voller Furcht fiel er nach hinten, und Blut tröpfelte aus den Wunden. Das Schwert hielt er aufrecht wie einen Zauberstab gegen Dämonen. In dem unbeständigen Schein der herabgefallenen Fackel kam der Veteran knurrend heran.
    »Befehle«, sagte er zu dem verständnislosen Antreiber und hackte ihm mit dem Bolzenschneider in den Kopf, einmal, zweimal, bis er fiel. »Sie

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