Das kalte Schwert
los.
»Du bist bezahlt worden, Majak.« Hinter den lang gezogenen, gleichmütigen Worten, verbarg er, wie sehr er außer Atem war. »Manchmal kommt es anders, als man denkt. So viel hättest du in Demlarashan lernen sollen.«
Harath erwiderte verdrossen den Blick. »Das waren meine Freunde.«
»Ja? Wenn ich mich recht erinnere, hast du bei meinem Besuch zunächst geglaubt, deine Freunde hätten mich geschickt, um dich zu ermorden. Schon vergessen?«
»Du hast gesagt …«
»Ich weiß, was ich gesagt habe. Ich habe nicht gewusst, was wir da drin finden würden. Jetzt ist der Kampf vorbei, du bist am Leben und deine Börse ist voll. Ziemlich gutes Ergebnis für einen Freibeuter, würde ich sagen. Also halt dein verdammtes Maul und lass mich nachdenken.«
Schweigend saßen sie da und ließen ihn überlegen.
Offensichtlich sollte er sie zu Archeth bringen.
Genau.
Aber die Zitadelle würde Archeths Haus überwachen, jetzt mehr denn je und natürlich unbemerkt.
Vor ein paar Tagen hätte ich sie vielleicht durch den Ring schleusen können, den sie da draußen gezogen haben. Aber das war, bevor dir die Idee gekommen ist, aus Spaß an der Freude Knochen zu brechen
und Gesichter einzuschlagen. Jetzt werden sie Spione in Bettlerkleidung auf dem ganzen Boulevard verteilt haben, und wahrscheinlich Männer mit Ferngläsern in hoch gelegenen Räumen an der ganzen Straße. Unmöglich zu sagen, wer wo überwacht.
Toll gemacht, Drachentöter.
Eine Grimasse.
Du könntest es trotzdem versuchen – sie vielleicht von Kopf bis Fuß einhüllen. Ist hier in der Gegend nicht so ganz unüblich.
Aber er wusste, dass der Plan kaum geboren, schon gestorben war. Die Zitadelle würde jede sich bietende Gelegenheit ergreifen, Archeth in Misskredit zu bringen, und über Archeths Vorlieben zog das Geflüster breite Kreise. Die Ankunft eines frischen weiblichen Wesens, wie es auch ausgestattet sein mochte, wäre bloß Öl auf die Flammen des Klatschs. Das Gerede würde mit Sicherheit Menkaraks Ohr erreichen, und wenn der Hüter zwei und zwei zusammenzählte, ein majakischer Freibeuter mit mysteriösem weiblichen Wesen, ein Dwenda mit Schnitten von einer Stablanze und das Verschwinden eines gewissen Sklavenmädchens in Afa’marag …
Nein. Vergiss Archeths Palast.
Da ist immer noch …
Egar warf dem jüngeren Mann verstohlen einen Blick zu und sah, dass er das Mädchen förmlich ansabberte wie ein Straßenköter einen Napf frischer Innereien. Ließ die Idee fallen, bevor sie sich auch nur vollständig geformt hatte. Er traute dem Ishlinak nicht einmal zu, sich in den nächsten Tagen aus jeglichen Schwierigkeiten herauszuhalten, geschweige denn, zugleich jemanden bei sich zu verstecken. Harath, mit einer prallvollen Börse und zunehmend geschwellter Brust nach ihren Abenteuern und dem Entkommen mit heiler Haut …
Bestenfalls würde er sich dem Mädchen dadurch aufdrängen,
dass er sie für ihre Gunst bezahlte. Vielleicht würde sie dann kreischend die Straße hinabrennen. Schlimmstenfalls würde er sie in jeder Söldnertränke der Stadt zur Schau stellen und für ein paar Bier die Geschichte erzählen.
Vergiss es, Drachentöter! Dümmere Idee als Archeths Palast.
Einen Moment lang dachte er an Darhan, vielleicht ein Kamerad Darhans vom Freikorps …
Man sollte sich nicht allzu sehr auf diese Sache mit den Stämmen verlassen.
Die Worte seines alten Ausbilders, vor dem Geklapper der Stabübungen am frühen Morgen. Und einen abschätzenden Blick im Auge.
Du bist ein Idiot, Drachentöter, das will ich dir sagen. Du und deine Loyalitäten! Werden dich eines Tages noch den Kopf kosten.
Langsam sickerte die eiskalte Erkenntnis in ihn ein, dass er Darhan nicht mehr richtig kannte – den Mann vielleicht niemals gekannt hatte. Vielleicht war er ein Ersatz für einen knurrigen älteren Bruder gewesen, als er damals in der Stadt aufgetaucht war, unreif und mit großen Augen, und das lag scheinbar ein ganzes Leben weit zurück.
Du bist zu lange weggewesen, Drachentöter. Er wusste, dass das stimmte – es war eine jener harten, ins Mark treffenden Erkenntnisse, wie ein sauberer Axthieb, der sein Ziel fand. Die Zeiten ändern sich, und Männer ändern sich mit ihnen. Dies ist nicht mehr die Stadt, die du im Gedächtnis hast.
Du bist allein hier.
Plötzlich erschien es keinesfalls eine gute Idee mehr, Darhan das Mädchen und ihre Geschichte anzuvertrauen.
Da blieb tatsächlich nur eine Möglichkeit.
Er schickte Harath nach
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