Das kalte Schwert
wir ins kalte Wasser springen.«
»Ja, und dein Thetannisch könnte etwas aufpoliert werden«, sagte Archeth schroff.
»Zugleich bin ich der Ansicht, wir sollten unsere Vorbereitungstreffen nicht hinausschieben. Der Aufstand in Demlarashan dümpelt zur Zeit etwas vor sich hin, die nördlichen Sümpfe bleiben stabil, zumindest gegenwärtig, und im Osten sind unsere Beziehungen zu Shaktur herzlich. Aber das alles, oder zumindest eines davon, kann sich ändern, und zwar früher als erwartet. Euer Steuermann hat einen günstigen Augenblick für seine Ankunft gewählt, Archeth, und ich glaube, wir müssen die Gunst der Stunde nutzen.«
»Dann benötigen wir Rakan, zumindest anfangs.«
Ringil war verblüfft. Rakan?
»Ich habe den Verdacht«, überlegte Shanta, »dass Ihr Rakan die ganze Zeit über braucht, ungeachtet Eures Freundes hier. Der Ewige Thron repräsentiert den Imperator, symbolisch und faktisch. Es sind seine eingeschworenen Männer. Ich glaube, seine Lichtgestalt wird es übel nehmen, wenn sie ausgeschlossen werden.«
»Ich bin auch seine eingeschworene Repräsentantin.«
»Hmm.«
Ringil erfasste den untergründigen Austausch. Etwas lag in der Luft zwischen diesen beiden, das sie ihm bislang noch nicht mitgeteilt hatten. Er räusperte sich.
»Dieser Rakan. Irgendeine Verwandtschaft mit dem alten Faileh?«
Archeth nickte geistesabwesend. »Sein jüngerer Bruder. Befördert beim Tod des älteren. Er soll das Kommando übernehmen, aber Mahmal hält ihn dafür nicht geeignet.«
»Er ist es nicht«, sagte Shanta düster.
»Ja, gut, in diesem Fall, Mahmal, weiß ich wirklich nicht, wie wir weitermachen können.« Archeth schien bemüht darum zu vermitteln, dass sie ziemlich verzweifelt war. Ringil glaubte, das Kratzen von kein Krin heute aus ihrem Tonfall herauszuhören. »Uns steht ein ziemliches Chaos bevor, wenn wir die Sache so früh anpacken wollen, wie Ihr möchtet.«
»Es ist ein Preis, den wir einfach zu …«
»Ja, ein höherer Preis, als Ihr …«
»Archeth, das ist es wert …«
»Es ist ein verdammter …«
Ringil räusperte sich lautstark. Beide hielten den Mund und sahen ihn an. Wiederum versuchte er sich an dem dünnen Lächeln. Könnte nicht schaden, schon mal etwas zu üben.
»Es ist perfekt«, sagte er. »Das ist es. Perfekt.«
30
Sie bezahlten den Schiffer am Kai des Propheten aus. Flecken von Bandlicht auf der Flusshaut und das Tröpfeln des Wassers von den eingezogenen Rudern. Das Klimpern und der stumpfe Glanz von Münzen, abgezählt auf eine schwielige Handfläche. Nachdem er sein Geld verstaut hatte, ruderte der Schiffer sofort und ohne ein weiteres Wort davon – anscheinend immer noch verdrossen. Sie sahen ihm nach, bis ihn die Dunkelheit auf dem Fluss verschluckte, und stiegen dann vorsichtig die grün überwucherten, schlammigen Steinstufen des Kais hinauf. Oben angekommen, lag das Kaufmannsviertel verlassen in der Düsternis der frühen Morgenstunden da – verschlossene Geschäfte und Lagerhäuser, Auktionshallen und Stallungen, hier und da der unheimliche Schein der Laterne eines Wächters, ansonsten jedoch kein Lebenszeichen. Sie schlüpften in die Ödnis der dunklen Straßen und waren auf und davon.
Niemand hatte sie verfolgt.
Zumindest niemand, den du gesehen hast.
Egar sagte nichts zu den anderen, aber er spürte immer noch vage die Sorge sich wie eine Schlange in seinen Eingeweiden winden. Vor einem Jahr in Ennishmin waren sie vor den Dwendas weggelaufen, und er hatte das Leuchten der verfolgenden Späher, die ihn schweigend im Vorüberfahren beobachtet
hatten, geisterhaft bläulich an den Ufern des Flusses lebendig werden sehen. Er hatte den größten Teil der Fahrt flussabwärts von Afa’marag ebenfalls nach so etwas Ausschau gehalten, jedoch nichts weiter entdeckt. Ob das bedeutete, dass sie in Sicherheit waren, wusste er nicht.
Er ertappte sich bei dem Wunsch, Ringil an seiner Seite zu haben. Er vermisste die bittere, selbstsüchtige Selbstwahrnehmung und das Bücherwissen des Homos.
Gil hätte gewusst, was er aus all dem machen sollte.
Er schüttelte das Gefühl ab. Komm schon, Drachentöter! Schlimm genug, dass du heutzutage Imrana den größten Teil des Denkens für dich überlässt. Brauchst du jetzt auch noch einen verdammten Schwulen dazu?
Fragst ihn als Nächstes wohl noch, ob er dich abschleppt.
Er strengte sich also selbst an. Wenn Pashla Menkaraks Umgang mit den Dwendas auf dem Eindruck beruhte, in heiliger Gemeinschaft mit Engeln
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