Das kalte Schwert
aufrührerischen religiösen Idioten in Demlarashan diente. Und wenn der junge Imperator keine Zeit für das aufgewärmte abergläubische Gebrummel hatte, das die Zitadelle dieser Tage als Dogma kundtat, so hätte er auch keine Zeit für die Steuermänner. Gewiss würde er keinem von ihnen weiter trauen als einem Steppennomaden mit seiner Frau. Und darin war er zumindest einmal repräsentativ für das Volk, das er beherrschte. An-Monal stand aus einem bestimmten Grund leer da und verfiel.
Also nein, sie konnte mit dieser Nachricht verdammt noch mal nicht zu Jhiral zurück, und Hald wusste es wahrscheinlich. Sie wählte ihre Worte so, dass sie beschwichtigende Gelassenheit verströmten.
»Ich glaube nicht, Kommandant, dass diese Operation eine große militärische Streitmacht erfordert. Gewiss nichts, mit dem Eure Männer nicht zurechtkämen. Manathan hat sich vage ausgedrückt, aber …«
»Vage allerdings«, polterte Nyanar. »Ein Botschafter, der eine Eskorte benötigt. Zitat, Zitat Ende. Damit kommt man nicht allzu viel weiter.«
»Und nicht viel da draußen.« Der zweite Offizier der Fregatte nickte düster zu der Karte, die sie über den Tisch ausgebreitet hatten. Festgehalten von zwei schweren silbernen Briefbeschwerern in der Form niedergemetzelter Drachen zeigte das dicke gelbe Pergament den Fluss Y’hela in voller Länge, von Yhelteth
und der Küste, vorbei an dem riesigen Brocken des Vulkans, wo An-Monal errichtet war, und bis hinein ins Landesinnere. Das Land rings umher war größtenteils öde und konturlos. Keine Städte. »Woher kommt er, wenn das ein Botschafter ist?«
»Aus Shaktur, vielleicht?« Jemand wollte hilfreich sein.
»Die haben bereits einen Repräsentanten am Hof«, sagte Hald. »Und überhaupt, wenn dieser Botschafter den ganzen Weg vom großen See herabkommt, warum braucht er gerade jetzt eine Eskorte? Wir befinden uns hier mitten im imperialen Territorium. Keine Einfälle von Barbaren, keine nennenswerten Überfälle von Banditen. Verglichen mit den östlichen Märkten ist das hier ein Vergnügungspark.«
»Dann von Süden?«
Nyanar zuckte mit den Schultern. »Da trifft dasselbe zu. Jeder, der von der Wüste heraufkommt, muss durch raueres Gebiet als dieses hier. Wenn sie es bis hierher geschafft haben, benötigen sie auf der letzten Strecke unsere Hilfe nicht.«
»Es sei denn, sie stecken in Schwierigkeiten«, warf Hanesh Galat unerwartet ein.
Alle sahen ihn an. Er errötete, anscheinend ebenso wie alle anderen überrascht darüber, dass er das Wort ergriffen hatte.
»Soll heißen«, fuhr er fort und gewann etwas Kraft beim Sprechen. »Vielleicht haben der Botschafter und seine Entourage bis hierher Entbehrungen erlitten, die so stark sind, dass sie ohne unsere Hilfe nicht mehr weiterkönnen. In diesem Fall wäre es tatsächlich unsere Pflicht der Offenbarung gegenüber, ihnen Hilfe zu leisten.«
Archeth schloss den Mund. Räusperte sich.
»Na ja, schon«, sagte sie.
Ein unbehagliches Schweigen senkte sich über den Tisch. Es war eine instinktive Reaktion auf Angelegenheiten der Doktrin.
Niemand, der seine Position in der Gesellschaft Yhelteths schätzte, würde sich freiwillig dabei ertappen lassen, die Lehren der Offenbarung in Frage zu stellen, am wenigsten jene Lehren, die gerade Thema der Interpretation durch einen anerkannten Hüter gewesen waren. Jedoch …
»Meine Sorge ist«, sagte Hald vorsichtig, »dass dies vielleicht ein Trick ist. Vielleicht sogar ein Hinterhalt der einen oder anderen Art. Der Steuermann hat gesagt, dieser Botschafter würde uns erwarten. Ist das nicht so, Mylady?«
»Wird uns erwarten, ja.«
Der Marinekommandeur gestikulierte. »Ja. Wird uns erwarten, oder wartet bereits. So oder so, Mylady, und ohne jede Zauberei: Wie ist das möglich?«
»Ich weiß es nicht«, musste Archeth zugeben. »Hoch-Kiriathisch ist gelinde gesagt eine komplizierte Sprache, und die Steuermänner sprechen es häufig in arkanem Tonfall. Vielleicht übersetze ich es bloß nicht gut.«
Ja, Archidi, und vielleicht ist das Echsenscheiße. Vielleicht hast du diesen Menschen genau so viel gesagt, wie sie wissen sollen, weil alles andere ihre Unterstützung in noch weitere Ferne rücken würde. Vielleicht gibt es Details und Fragen, die du ihnen lieber nicht auf die Nase bindest, damit du wenigstens dasselbe tun und dich einfach auf dieses leuchtende neue Ding konzentrieren kannst, das der Steuermann dir gebracht hat.
Dieses leuchtende neue Ding …
»Tochter
Weitere Kostenlose Bücher