Das kalte Schwert
Straße aufstellte.
Das Schwert des Mannes kam klirrend aus der Scheide.
»Zauberer!«
Ringil setzte ein Grinsen auf. »Stimmt genau.«
Aber unter dem schäumenden, wilden Jubelgefühl, welches das Ikinri ’ska in ihm ausgelöst hatte, erlebte er einen Augenblick lang die Grenzen der Macht. Kluge Männer werden nicht fallen, hatte Hjel zu ihm gesagt, irgendwo in dem verwirrenden, nur schwach bewusstem Wirbel der Erinnerungen an seine Unterweisung. Streunende Hunde und Strolche, Tiere und Narren, sie alle wird der Zauber blenden und verkrüppeln. Aber ein Mann, der sich selbst und seinen Intellekt beherrscht, ist eine ganz andere Sache. Er las dem Mann ihm gegenüber die Gerissenheit und Intelligenz am Gesicht ab, an der kühlen Berechnung und der Körperhaltung. Der hier, der ließe sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen.
»Möchtest du sterben?«, rief er im Plauderton.
»Ich bin ein Königsfänger«, rief der Mann zurück. »Ich bin die Hand Jhiral Khimrans und des Ewigen Throns. Ich bin der fleischgewordene imperiale Befehl.«
»Ringil Eskiath. Schwuler Drachentöter.« Überschwang kochte in ihm hoch angesichts der vom Zaum gelassenen Macht, ein dunkles Grinsen lag in seinen Augen, und jetzt griff er nach oben, und das Schwert sprang ihm in die Hand wie ein Jagdhund, der nach dem Fleisch schnappt, das sein Besitzer vor ihm baumeln lässt – die Klinge fuhr durch die nachgiebigen Lippen an der Seite der Scheide, vollführte einen schwirrenden Bogen von seiner Schulter herab und stand jetzt vor ihm wie stählernes Gelächter im Sonnenlicht. »Ich habe dir eine Frage gestellt, Mann des Königs: Möchtest du sterben?«
Einige Augenblicke lang standen sie sich auf der Straße gegenüber,
während die Bewaffneten schreiend umherstolperten oder zuckend und murmelnd auf dem Pflaster lagen. Später würden einige derjenigen, die vom Fenster auf der Kielmacherstraße zuschauten, sagen, dass schwarze und blaue Flammen in Gestalt von Männern aufflackerten und die Szenerie beleuchteten, als wären Passanten aus einer Straße nicht von dieser Welt, einer Straße, die über der Kielmacherstraße lag, zu diesem Augenblick hingezogen worden und würden sich dort versammeln, um zuzusehen, was als Nächstes geschah.
»Der Drachentöter wird für seine Verbrechen gegen das Imperium gesucht«, rief der Mann des Königs. »Du wirst dich der imperialen Gerechtigkeit nicht in den Weg stellen.«
»Das tu’ ich bereits. Wenn du den Drachentöter haben willst, musst du erst an mir vorbei.«
»Gil!«
Er wandte sich kurz nach dem Ruf um. Egar schritt heran, bückte sich und hob ein Kurzschwert von einem der verzauberten Bewaffneten auf. Er humpelte stark.
Ringil hob eine Hand. »Ich krieg das schon geregelt, Eg.«
»Gil, so einfach ist das nicht. Die verdammten Dwendas sind hier, genau hier in …«
»Ich weiß alles darüber, Eg. Töten wir einen nach dem andern, ja?«
Zucken von Bewegung im Augenwinkel. Der Mann des Königs machte sich bereit – er täte es sowieso. Etwas in Ringil grinste bei dem Wissen wie ein Totenschädel.
»Warte!«
Dumpfes Klirren und Klappern einer fallengelassenen Klinge auf den Pflastersteinen. Die Augen des Mannes zuckten bei dem Geräusch zur Seite. Plötzlich wirkte er verwirrt.
Und dann war der Drachentöter an Ringils Seite, wandte sich
ihm zu und drückte Gil eine warme, schwere Hand auf Brust und Schulter. Das Gesicht so nahe, dass er die Stoppeln auf Ringils Wange streifte.
»Halt dich einfach zurück, Gil«, brummelte er. »Das können wir auch anders erledigen.«
Ringil warf ihm einen Blick aus zusammengekniffenen Augen zu. »Wie zum Beispiel?«
An der massigen Schulter des Drachentöters vorbei sah er den Mann des Imperators erneut zucken. Er hob mahnend die Spitze des Rabenfreunds.
»Du. Denk nicht mal dran!«
Egar wandte sich um und sah den Imperialen an. Er hob die leeren Hände.
»Es reicht«, sagte er in förmlichem Thetannisch, was Ringil völlig verblüffte. »Ich ergebe mich. Ihr könnt mich vor den Imperator bringen.«
Der Mann des Imperators starrte nach wie vor Ringil hart an, ebenso den kalten, gehobenen Finger des Rabenfreunds. Ein imperialer Bewaffneter kroch auf dem Boden herum, plapperte und klammerte sich an die Pflastersteine, als könnte er in eine wartende Leere hinabfallen. Das Weinen und Blöken der anderen tränkte die Luft. Der Rabenfreund glitzerte.
»Gil!«
Ringil zuckte die Achseln und senkte sein Schwert.
»Na gut«, sagte er. »Das muss
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