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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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trauten, waren in schlammfarbene, eintönige Gewänder gehüllt, die sie wie Zelte umgaben und ihre Gesichter bedeckten, sodass sie aussahen wie Leichname. Auf der Straße herrschte eine Stimmung von Düsternis und Achtsamkeit, es gab nicht viel Gewalt oder Gelächter. Bärtige Männer schritten zu zweit mit sauertöpfischen Mienen dahin. An ihre Gewänder hatten sie Insignien der Offenbarung geheftet, und kurze Holzknüppel schwangen an ihren Gürteln und sorgten dafür, dass es sich niemand gutgehen ließ.
    »Alles seit dem Krieg«, brummelte Taran Alman, der anscheinend das Gefühl hatte, sich rechtfertigen zu müssen. »Vor zehn Jahren war das noch völlig anders.«
    Er könnte sogar die Wahrheit gesagt haben – Noyal Rakan
nickte zustimmend, aber andererseits hatte Rakan vor zehn Jahren wahrscheinlich noch nicht einmal Bartwuchs gehabt. Ringil hätte wirklich nicht sagen können, ob das zutraf, und eigentlich war es ihm auch herzlich gleichgültig. Er war mehrmals im Krieg von der Südseite gekommen, auf dem Weg von der einen oder anderen Beschäftigung oder für einen Besuch der Kiriath in An-Monal; aber er war stets zu Pferd gewesen und hatte nie Gelegenheit gefunden abzusteigen. Und auf längerem Fronturlaub war er nie weiter nach Süden gestreift als bis zu Archeths Wohnung auf dem Boulevard.
    Anscheinend hatte er nicht viel versäumt.
    »Weiter vorn.« Der andere Königsfänger, der für die Gegend zuständig war, nickte zu einer Stelle, wo zwei der Schläger von der Zitadelle in den Pfützen aus Licht herumstolzierten, die Fackeln und Geschäftsfronten warfen. »Rechts in die Gasse, hinter dem Krämer. Soll die blöde Patrouille erst mal ’n Stück weitergehen.«
    Sie lungerten herum und täuschten Interesse an den Auslagen eines Eisenwarenhändlers vor, die dieser auf Decken auf der Straße ausgebreitet hatte. Vier Männer in dunklen, unauffälligen Gewändern, die Gesichter verschmiert und stoppelig, nicht reich, nicht arm, überhaupt nichts, das sie aus der gewöhnlichen Menge herausheben würde, bis man sie näher in Augenschein nahm. Sie waren vom Fluss aus zu Fuß gegangen – ein Agent der Königsfänger hatte ihre Pferde an sich genommen, die Männer mit unauffälligen Mänteln ausgestattet und Ringil angewiesen, den seinen über den Rabenfreund zu ziehen. Auf diese Weise erschien er wie ein ungewöhnlich großer Buckliger, doch falls jemand stehenbliebe und tatsächlich darüber nachdachte, so wüsste der Betreffende ziemlich gut, was unter dem Kleidungsstück verborgen war – Rakan, Alman und die
anderen Königsfänger trugen sowieso alle sichtbar Schwerter an der Hüfte –, aber die Chancen standen gut, dass es niemanden kümmern würde. Hauptsache, die schimmernden, irisierenden kiriathischen Legierungen, die in Scheide und Griff des Rabenfreunds eingearbeitet waren, blieben im Verborgenen.
    Die Männer von der Zitadelle kamen rasch voran, schauten sich funkelnd um und pöbelten hin und wieder überraschte Einwohner an. Sie blieben stehen, um eine Frau zu tadeln, die Wasserkanister mit bloßen Händen und aufgerollten Stulpen trug. Rakan hockte sich hin und musterte zwei verzierte Streitäxte. Sie waren abseits der Töpfe, Pfannen und Gartenwerkzeuge ausgestellt, die den größten Teil der Waren des Händlers ausmachten.
    »Gesegnete Waffen, Mylord.« Der Händler, der ein Geschäft witterte, trat heran. »Geweiht für den Krieg gegen das schuppige Volk vom großen Hüter Envar Menkarak persönlich. Seht Ihr sein Siegel, hier im Schaft eingraviert? Es verleiht dem Träger Schutz gegen Drachenspeichel, die Pest und in Schmutz getauchte Pfeilspitzen. Hat mir ein Veteran von Shenshenath und dem Strand von Rajal verkauft, über den schwere Zeiten gekommen sind. Und wenn er Rajal überlebt hat, was sagt uns das?«
    Ringil, der den Strand von Rajal ja selbst überlebt hatte, verdrehte die Augen und berührte Rakan leicht an der Schulter. Oben an der Straße waren es die Männer der Zitadelle müde geworden, die Frau zu belästigen, und sie gingen jetzt zu einer dicht gedrängten Menge von Straßenhändlern weiter. Zeit, sich in Bewegung zu setzen.
    Rakan richtete sich auf und murmelte einige Bedenken wegen des Preises.
    »Aber Ihr müsst erst noch einen Preis bieten, Mylord«, jaulte
der Eisenwarenhändler beleidigt. »Was ist fair und gerecht? Was ist Euch der heilige Schutz der Offenbarung wert?«
    Ringil ging dazwischen. »Ich war in Rajal, mein Freund. Ich war dort. Ich habe den

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