Das kalte Schwert
beschützen.«
Gil gähnte. »Den entsetzlichen Fehlschlägen der anderen von Jhirals Meuchelmördern nach zu urteilen, ja. Würde ich sagen.«
»Dann kannst du nicht allein da hin!«
»Warum nicht?« Er drehte den Kopf auf dem Kissen und sah zum Drachentöter hinüber. »Sie fallen wie Männer, schon vergessen? Ich habe früher schon Dwendas getötet.«
»Nicht allein!«
»Eg, hör zu.« Ringil seufzte. Stützte sich auf die Ellbogen. »Sei vernünftig! Selbst wenn sie dich hier rauslassen würden, so hast du ein Loch von der Größe eines Zelteingangs im Bein und siehst aus, als wärst du von Steppenghulen durchgekaut und wieder ausgespuckt worden. Du bist gerade nicht in der Verfassung für einen Kampf mit irgendwem.«
»Ich bin vor deinem Auftauchen ganz gut zurechtgekommen.«
»Ja, habe ich bemerkt.«
»Habe zwei von diesen Idioten oben in Afa’marag fast gleichzeitig zur Strecke gebracht.«
»Hast du gesagt.«
»Habe einen in Ennishmin mit bloßen Händen getötet.«
»Eg!« Er richtete sich weiter auf und begegnete dem Blick des Drachentöters. Hielt ihn. »Ich komm schon klar, verstanden? Ich weiß dein Mitgefühl zu schätzen, aber ich komm schon klar.«
Sie lagen da, zusammen, jeder für sich. Die Streifen aus warmem, orangefarbenem Licht über ihnen wichen zurück, glitten beiseite. Die Brise, die durch das Fenster hereinströmte, wurde kühl.
»Und wenn du es nicht zurück schaffst?«
»Bei Horians verfluchten Eiern, Eg! Ich komm schon klar! Du wartest einfach ab. Schlimmstenfalls ein paar Tage. Ich bin zurück, bevor du dich auch nur umschaust.«
Er hörte den Drachentöter mit Worten ringen, erahnte, wie sie ihm im Hals steckenblieben. Er seufzte. Schloss die Augen.
»Was ist, Eg?«
Er hörte den langen Atemzug, den der andere Mann ausstieß.
»Ich habe meinen Tod gesehen, Gil.«
Ringil riss die Augen auf. »Du hast was gesehen?«
»Du hast gehört, was ich gesagt habe. Die Hand der Himmelsbewohner liegt auf mir. Mein Tod naht. Ich habe ihn gesehen.«
»Oh, jetzt mach aber mal halblang, ja!« Ringil gestikulierte hilflos zur Zellenwand. »Das ist … das ist ein Haufen abergläubischer majakischer Schwachsinn. Deinen Tod gesehen. Es müsste schon ein weiterer verfluchter Drachen kommen, um dich zu töten, Drachentöter.«
Egar kicherte, aber es lag nicht viel Erheiterung darin. »Das wäre nett.«
»Meiner Erinnerung nach nicht.«
»Ich mein’s ernst, Gil. Ich habe meinen Tod gesehen. Ich stand auf der Brücke des schwarzen Volks und sah ihn an mir vorüberpoltern. Ast’naha, der mein Bier für Uranns Festmahl herankarrte.«
Ringil schwieg.
»Die Sache ist – das ist in Ordnung so. Das Sterben ist in Ordnung. Muss jeder früher oder später, und ich habe länger gelebt
als die meisten Majak. Mehr gesehen, als ich mir jemals erträumt hätte.« Egar setzte sich auf und sah ihn an. »Aber ich möchte keinen beschissenen Tod, Gil. Ich möchte nicht zollweise von diesen Arschlöchern aus dem Süden ermordet werden, in irgendeinem Kerker an einen Stuhl gefesselt. Oder mit Riemen von Folterern für verdammte Kraken festgeschnallt. Ich muss sterben, ich möchte sterben, mit Stahl in meiner Faust, mit der Sonne und dem Wind auf dem Gesicht.«
»Wenn du mit mir auf die Jagd nach Menkarak gehst und getötet wirst, wird es Nacht sein«, gab Ringil zu bedenken.
»Du weißt, was ich meine, verdammt!«
»Ja. Und du wirst nicht sterben.« Ringil drehte sich zu ihm herum. »Alles klar? Ich weiß nicht, was du auf der Brücke gesehen hast, aber es hat nichts zu bedeuten. Ich werde Menkarak die Kehle aufschlitzen, und ich werde zurückkehren. Anschließend verlassen wir beide diese verfluchte Stadt. Bald. Alles klar?«
Aber der Drachentöter gab keine Antwort, und Ringils Worte versanken in dem abendlichen Dämmer wie Steine in dunklem Wasser.
Oben an der Decke glitten die letzten Strahlen des Sonnenuntergangs davon.
40
Eine halbe Meile südöstlich vom Boulevard des unbeschreiblich Göttlichen war der düstere Einfluss der Zitadelle fast mit Händen zu greifen. Er fiel über die Straßen mit ihren strengen Namen ebenso unerbittlich wie tagsüber der Schatten einer Sonnenuhr über das Zifferblatt. Es gab keine Bordelle, Kneipen oder Flandrijnhöhlen, die sich als solche anpriesen, und an allen öffentlichen Orten standen Schnitzereien aufgeschlagener heiliger Bücher, beleuchtet von flackernden Fackeln in schwarzen Eisenhalterungen. Jene wenigen Frauen, die sich vor die Tür
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