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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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gespreizt, sich im Flussarm wiegen, sah die Hunde im Wasser in der Nähe der Felsen. Sie bellten wild zu ihm hinauf, waren anscheinend jedoch außerstande hinauszuklettern.
    Er fiel in die Umklammerung des Albtraums zurück.

    Der Hang war steil, und er musste sich immer wieder auf alle viere fallen lassen, damit er nicht nach unten rutschte. Der Harzduft der Fichten klebte in seiner Kehle, während er hinaufkletterte. Die Antreiber waren zumeist große, stämmige Männer; das hatte mit dem zu tun, womit sie sich ihren Lebensunterhalt verdienten. Unter den Bäumen konnte er ihnen wahrscheinlich voraus bleiben. Aber die Hunde …
    Nur eine Sache von Minuten, bis sie einen Weg nach oben fanden.
    Der Anstieg flachte ab, die Bäume dünnten aus. Der Hang wurde zu einem breiten Sattel, gesäumt vom erodierten Steilufer des Flusses. Ein kühler Wind pfiff über die Felsen, schnitt durch seine klatschnasse Kleidung, sodass er bis auf die Knochen durchgefroren war. Gerin richtete sich auf und verfiel in einen stolpernden Lauf über die Kuppe.
    Etwas Dunkles erwartete ihn auf seinem Weg.
    Gerins Herz hämmerte bereits in seiner Brust, aber beim Anblick der schwarzen Gestalt schien es völlig zu erstarren. Eine einzige Sekunde war es, als blickte er auf etwas, das aus den verdrehten Überresten von Borke und Baumstämmen zusammengetragen und tödlich schwarz verkohlt war. Die Gestalt zeichnete sich scharf von dem glatten, offenen, vom Bandlicht erhellten Gipfel des Grats ab. Bei dem Anblick kam er ruckartig zum Stehen, und erst da begriff er, dass er einen Mann vor sich hatte, einen groß gewachsenen Krieger in einem Mantel. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und über der linken Schulter ragte der Knauf eines Breitschwerts empor, dessen Scheide an seiner rechten Seite hing.
    Ein Aufseher!
    Aber es war keiner, und irgendwie, irgendwo in seinem panikerfüllten Gehirn, wusste er das bereits. Er starrte in ein hageres
Gesicht, das einst vielleicht gut ausgesehen haben mochte, jetzt jedoch schmallippig und hohläugig und an einer Kinnseite von einer dünnen, schlangenförmigen Narbe verunziert war, wie ungehorsame Huren sie in der Stadt bekamen. Er begegnete einem Blick, der nicht mehr Mitgefühl bot als der eines Anglers, der seine reglose Schnur beobachtete.
    »Dakovash?«, fragte er heiser. »Bist du das?«
    Die Gestalt regte sich und warf ihm einen neugierigen Blick von der Seite zu.
    »Nein«, erwiderte sie mit überraschend sanfter Stimme. »Und ich habe ihn hier oben auch nicht gesehen. Hast du den dunklen Hof erwartet?«
    »Ich …« Gerin zitterte. Ein Niesen überkam ihn und schüttelte ihn durch, laut und jäh wie die Brandung an den Felsen der Melchiorspitze. »Ich habe um das Einschreiten des salzigen Herrn gebetet.«
    Die Gestalt wischte sich geziert mit einer Hand an der Weste herum. »Dann stammst du aus den Sümpfen?«
    »J-ja. Ich war …«
    Hinter ihm das Kratzen von Klauen auf dem Fels und das freudige Gebell aus voller Kehle, als die Hunde ihr Opfer erspähten. Gerin, völlig durchnässt, wirbelte herum, sah den ersten aus der Meute der Hunde auf sich zurennen, ganz Zähne und gräuliche Muskelpakete, spürte, wie sich ein Schrei in seiner Kehle sammelte …
    Neben sich hörte er den Schwertkämpfer etwas in einer ihm unbekannten Sprache sagen. Sah aus dem Augenwinkel einen erhobenen Arm, der ein kurzes Zeichen in die Luft malte.
    Der Hund jaulte.
    Kam in einem Dutzend Metern Entfernung rutschend zum Stehen. Schnappte und fauchte wiederum, wollte jedoch nicht
näherkommen. Ein Finger wackelte, zeigte zum Rand des nächst gelegenen Felssturzes. Der Hund erhob sich und humpelte eilig zur Kante, sah hinab, blickte einmal zurück zu der Gestalt im Mantel und warf sich dann in die leere Luft. Ein langes Heulen trieb herauf, das Krachen der brechenden Äste, und dann herrschte Stille.
    Der Rest der Meute heulte im Einklang mit ihrem gestürzten Anführer, wollte jedoch ebenfalls nicht weiter herankommen. Die Hunde rutschten auf den Bäuchen am Waldrand hin und her, bis der Schwertkämpfer zwei weitere ungeduldige Schritte auf sie zutat, wiederum sprach und Zeichen machte, und dann krochen sie wimmernd fort in den Schutz des Waldes und flohen.
    »Also«, sagte der Neuankömmling mit seiner sanften Stimme. »Vielleicht möchtest du mir sagen, wie du heißt, Junge?«
    »Gerin«, brachte Gerin noch immer zitternd hervor. »Auch Trickfinger genannt, weil ich, als ich noch ein Junge war …«
    Die Gestalt

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