Das kalte Schwert
drehte sich hin und her und winkte ungeduldig. »Ja, das ist bestimmt eine faszinierende Geschichte. Du kannst sie mir später erzählen. Du bist von der Sklavenkarawane?«
»Ja. Wir sind entkommen. Aber sie sind gleich hinter m…«
»Mach dir darum keine Sorgen! Dein Schicksal hat sich gerade gewandelt, Gerin Trickfinger. Ich bin …«
Der Schmerz traf ihn mit einem gewaltigen Hieb in die Seite. Gerin blinzelte. Einen Augenblick lang glaubte er, der Schwertkämpfer habe ihn erstochen. Er stolperte und setzte sich unbeholfen auf den Fels, die Beine ausgestreckt wie ein Kind. Benommen schaute er an sich herab und entdeckte den Bolzen, der unter seinen Rippen hervorstach. Blut leckte rings herum aus der Wunde. Er blickte zu seinem neuen Gefährten auf, begegnete dessen Blick verwundert und furchtsam und mit etwas,
das sich, lächerlicher Weise, wie Scham anfühlte. Er kam sich dumm vor und träge, als bewegte er sich durch Sirup. Er lächelte zögerlich.
»Scheiße, sie …«
Und jetzt sah er in den Augen, die tot wie Stein gewesen waren, etwas aufflammen. Die Gestalt stieß einen angespannten, harten, schluchzenden Laut aus und fuhr herum, und eine bleiche Hand zerrte bereits oben am Knauf des Breitschwerts. Die Klinge fuhr hoch, heraus und herum – schon eine trickreiche Scheide, dachte Gerin benommen, muss an einer Seite völlig offen sein – und schimmerte im Bandlicht.
Zwei der Antreiber hatten es bis zu ihm herauf geschafft. Der Armbrustschütze kurbelte schon wieder für seinen nächsten Schuss, der andere hielt sein Schwert beidhändig und deckte seinen Kameraden, schwer atmend, jedoch bereit zum Kampf.
»Ein entkommener Sklave«, keuchte er. »Ihr müsst Euch da nicht weiter einmischen, guter Mann.«
»Aber ich mische mich ein«, sagte Gerins neuer Gefährte mit schrecklicher, bebender Stimme. »Ich bin ein Sohn der freien Städte, ebenso wie dieser Junge. Und das hier sieht mir nicht sehr nach Freiheit aus.«
Der Mann mit der Armbrust war mit seiner Kurbelei fertig, legte einen neuen Bolzen in die Rinne und hob die Waffe mit offensichtlicher Erleichterung.
»Ich möchte nicht mit Euch über Politik debattieren, Sir«, sagte der andere Antreiber jetzt etwas ruhiger. »Ich mache die Gesetze nicht, ich erledige bloß meine Arbeit. Wenn Ihr also jetzt nicht dasselbe Frühstück haben wollt, das dieser Sklave gerade bekommen hat, so lasst uns den Skalp einsammeln und unseres Weges ziehen. Seid ein guter Bürger und tretet zurück!«
»Aber Ihr habt keine Waffen, um mich dazu zu zwingen.«
Diese Worte waren wie ein Blitz, der zwischen ihnen einschlug. Gerin, der dem Geschehen zuschaute, sah, dass der Armbrustschütze seine Waffe fallenließ, als ob sie heiß wäre, und ungläubig auf seine leeren, offenen Hände hinabblickte. Der andere Antreiber hielt sein Schwert in lockerem Griff hoch, und das Gewicht entrang es ihm, sodass es auf den steinigen Grund fiel.
Die Gestalt im Mantel erreichte sie, bevor Gerin auch nur den nächsten qualvollen Atemzug hätte tun können. Es war, als ob der Raum um den Neuankömmling sich wie das Bild auf einem Papier zusammengefaltet hätte und er über die zerknüllten Kanten getreten wäre. Die Klinge aus blauem Stahl schlitzte dem Armbrustschützen den Bauch von einer Seite zur anderen auf, fuhr zurück und zerschnitt dem anderen Mann die Kehle. Blut spritzte, schwarz im Bandlicht, und die beiden Männer gingen keuchend, schreiend zu Boden.
Eine Bewegung in den Schatten unter den Bäumen. Der dritte Antreiber hatte den Hang bewältigt, das Kurzschwert in der Hand. Seine Stimme war heiser vor Anstrengung und Wut.
»Jungs, verdammt, was habt ihr mit meinen Hunden angestellt? Sie sind völlig …«
Ruckartig brach alles ab, sowohl seine Worte wie auch seine Schritte, als er die Leichen seiner Kameraden erblickte und das, was über ihnen stand. Seine Stimme schraubte sich eine volle Oktave in die Höhe.
»Wer, verdammt, bist …«
»Du kommst gerade rechtzeitig«, krächzte die Gestalt, und die blaue Klinge blitzte. Der dritte Antreiber hatte gerade noch Zeit, das Schimmern metallischen Lichts vor seinem Gesicht zu erkennen, dann kippte sein Sichtfeld und geriet ins Taumeln und alles wirbelte herum. Fichten, Wolken und Flecken des
Himmels, vom Bandlicht erleuchtet, sausten vorüber – er hatte diesen einzigen Augenblick zu denken, er sei über den Rand des Felssturzes gestoßen worden –, und dann folgte ein schmerzhafter Schlag, unerklärlich verblasste
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