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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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heimisch an den Flanken des An-Monal und gewöhnlich ein majestätischer, willkommener Anblick in einem Gelände, das so karg und schattenlos war wie dieses.
    Etwas hatte die hier völlig verbrannt.
    Senger Hald zog die Zügel und hob die Hand. Das Geräusch marschierender Stiefel erstarb. Sie kamen neben dem geschwärzten Skelett der Eiche zum Stehen. Es gab nicht viel zu sehen – das Blattwerk des Baums war verschwunden, aber von den verkohlten Ästen stieg noch immer Rauch in den blauen Kristallhimmel auf. Archeth lenkte ihr Pferd mit der Hacke herum, beugte sich hinüber und wischte mit einer Hand über den verkohlten Stamm des Baums. Sie zog die Finger schwarz und dick verschmiert mit Asche zurück.
    Gebrummel seitens der Männer in den Reihen hinter ihr. Sie
musterte die Asche an ihren Finger und hörte zu, ohne es sich anmerken zu lassen.
    »Diese Bäume können nicht brennen, verdammt!«
    »Ja, was du nicht sagst! Holz brennt. Jedes Holz, früher oder später.«
    »Nein, er hat recht, Trath. Mein Alter ist in den Lavafeldern nördlich von Oronak groß geworden. Er hat immer gesagt, dass du zehn Liter Lampenöl über einen von den Bäumen auskippten könntest und bloß die Zweige ansengen würdest.«
    »Ja? Wie ist das hier passiert? Ich meine, du siehst es doch selbst, nicht wahr?«
    »Ich seh’s, ja. Gefällt mir nicht.«
    »Oh, und was hast du erwartet? Du hast den Monal, der finster von da hinten auf uns runterguckt, du hast ’ne schwarz verbrannte Führerin. Du meinst, wir …«
    »Halt dein verdammtes Maul, Mann! Der Kapo kommt, der hört dich.«
    Sie hörte nicht weiter zu, ließ die Worte an sich abgleiten wie Blätter auf der Oberfläche eines Flusses. Aber sie wusste, dass ihre Augen auf sie gerichtet waren – sie spürte die raschen, verstohlenen Blicke wie Nadelstiche auf Hals und Schultern. Und obwohl der Kommandant von hinten herankam und brüllte, sie sollten Ruhe in den Reihen geben, wusste sie, dass heute Nacht im Lager die Geschichten, die unablässigen Erzählungen, im Feuerschein hin und her gehen würden, Mythen über den Vulkan und das Vulkanvolk, und von einem Onkel, der einmal, nein, hör mal zu, damals, als er noch jung war, die Kiriath …
    Und so weiter.
    »Habt Ihr das erwartet?«, fragte Hald sie leise.
    Sie schüttelte den Kopf. »So etwas nicht, nein.«

    Das unausgesprochene Wort hing in der Luft zwischen ihnen.
    Drache.
     
    Es war kein Drache.
    Es war eigentlich kaum etwas von irgendwas.
    Hinter dem ersten Baum standen andere, ähnlich eingeäscherte Bäume, die weiter zu einer zentralen Rauchsäule führten und dann, jäh, zu einer breiten, flachen Senke, ausgeschaufelt aus dem schrägen Grund von An-Monals gewaltiger Flanke. Hier waren die einzigen verbliebenen Bäume zu hohen, gezackten Stümpfen verkohlt, die an Pfähle erinnerten und in merkwürdigen Winkeln dastanden. Am oberen Rand des Kessels war die rötliche Wüste selbst von der Hitze schwarz geworden, und weiter hinab, zur Mitte hin, wich die Schwärze einer glasigen bleichen Substanz, die in der Sonne in allen Regenbogenfarben glänzte.
    Die Rauchsäule stieg unbeirrt von einem zusammengeknüllten Haufen am Grund der Schüssel auf. Es war das letzte i-Tüpfelchen, das den Ort unheimlich wie die kleine Kopie eines Vulkankraters aussehen ließ.
    Archeth stieg ab, stand da und starrte hinab.
    Wir sind den ganzen Weg hergekommen, für … das?
    In der flimmernden Hitze zitterte das Objekt und wirkte auf diese Entfernung unbestimmt, aber in ihren Augen ähnelte es nichts so sehr wie den schlackenartigen Auswüchsen, welche die schwarzen eisernen Maschinen der kiriathischen Brauereien südlich von Monal manchmal erzeugten.
    Manathan, wenn das ein Witz der Steuermänner sein soll, dann werde ich deine verdammten Innereien mit einem Schlosserhammer bearbeiten!
    Falls du sie finden kannst.

    »Lasst Euer Pferd zurück«, sagte sie müde. »Es wird sowieso nicht auf diesem Zeug laufen können. Und sagt den Männern, sie müssen vorsichtig sein – es wird da unten glatt sein wie der Felsen eines Wasserfalls.«
    Senger Hald schwang sich von seinem Reittier und trat zu ihr. Er beschattete sich die Augen und spähte hinab in den Krater. »Genauso wie die kiriathischen Wälle in Khangset und Hanliahg, nicht wahr?«
    »Vermutlich ja. Kiriathische Gussformen benötigen bei der Herstellung viel Hitze, und ich würde sagen, letzte Nacht hat es hier auch eine gewaltige Hitze gegeben.«
    Sie wartete, während Hald dem

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