Das kalte Schwert
gekrümmten Knöcheln. »Tu, wofür du bezahlt wirst. Geh da runter und befreie die Leute aus ihren Fesseln.«
Der Mann zögerte, leckte sich die Lippen. Etwas Lustiges fiel ihm anscheinend ein, und die Runzeln auf seiner Stirn glätteten sich. Er knöpfte sich die Hose zu, beugte sich herab und hob sein Schwert auf. Als er sich aufrichtete, trat Ringil nahe an ihn heran und packte ihn an der Schulter. Sah ihm ins Gesicht und nagelte ihn mit einem weiteren starren Blick fest.
»Und du lässt die Frauen in Ruhe. Du hast für heute genug
Spaß gehabt. Wenn ich dich dabei erwische, wie du das bei einer anderen versuchst, trenne ich dir die Sehnen durch und lasse dich hier für die Hyänen zurück. Kapiert?«
Starre Stille, und der Leichenhausgestank des Atems des Mannes in seinem Gesicht. Ringil ballte die freie Hand an seiner Seite zur Faust.
»Ich sagte: Kapiert?«
Der Mann schluckte, dann senkte er den Blick. Er befreite sich wie beiläufig aus Ringils Griff und trat zurück.
»Ja, Mann, hab’s kapiert, hab’s verdammt noch mal kapiert – in Ordnung? Lass mich einfach in Ruhe. Was hab ich denn getan, hä? Was hab ich getan, verdammich?«
Er latschte den Hang hinab und zerrte dabei wütend an seinem Schwertgriff, der ihm zu hoch an der Taille saß. Ringil drehte sich um, und sein Blick glitt über die Reihe von Männern, die nach wie vor dort warteten.
»Ihr auch. Der Spaß ist vorbei. Wir lassen diese Leute frei, wir kümmern uns darum, dass sie was zu essen kriegen. Jengthir, du sorgst dafür, dass das passiert.«
Die Männer sahen einander zweifelnd an. Jengthir räusperte sich.
»Mylord, es ist nur so, äh …, das wird ziemlich lange dauern. Wir sind nicht …«
»Sehe ich so aus, als ob ich deinen beschissenen Rat haben will?«
Jengthir fuhr zurück. Er wandte sich um und murmelte den Männern etwas zu, zeigte den Hang hinab. Sie gingen, allerdings nicht sonderlich schnell und mit bedauernden Blicken zurück über die Schulter bei jedem zweiten Schritt. Ringil fing jeden einzelnen dieser Blick auf und starrte ihn nieder. Er spürte, wie ihm das Kommando allmählich entglitt. Konnte sich nicht dazu überwinden, sich deswegen Sorgen zu machen.
Zu seinen Füßen schwaches, hustendes Gelächter.
Er sah hinab. Die rote Xanthippe hatte sich auf einen zittrigen Ellbogen gestemmt und war bemüht, die Beine wieder unter sich zu bekommen. Ihre Lippen waren aufgerissen, in einem Mundwinkel bildete sich rasch ein Bluterguss. Ein Auge war derart angeschwollen, dass es fast geschlossen war, und überall auf ihrer Haut zeigten sich Bisswunden.
»Den Geschmack an deiner Rache verloren, was, Eskiath?« Sie schlang die Arme um sich und fing an zu zittern, starrte jedoch nach wie vor trotzig zu ihm auf. »Verdammte reiche Bälger, ihr seid euch alle gleich! Keinen Mumm, wenn’s hart auf hart kommt. Verdorbene blöde kleine Tunten mit Blut aus den Niederungen. Findrich und die anderen haben sich so in dir geirrt. Du bist weich wie Syphiliseiter.«
»Es ist nicht meine Rache«, teilte er ihr abwesend mit.
»Oh, ja.« Sie bleckte die Zähne, spuckte ihm vor die Füße. »Arme kleine Sherin! Hat sie denn das hier gewollt?«
»Nein. Sie hat mich bloß gebeten, dich zu töten.« Ringil holte den Drachenzahndolch aus dem Ärmel. Er hockte sich neben Xanthippe, auf Augenhöhe. »Sie hat jedoch nichts davon gesagt, deine Ehre zu schützen, obwohl ich’s getan habe.«
»Ehre!« Ein schreckliches, blubberndes Gelächter drang aus der Kehle der roten Xanthippe. »Oh, aber wie lebt denn die andere Hälfte? Ehre? Meinst du, meinst du wirklich, ich bin jetzt zum ersten Mal vergewaltigt worden? Meinst du etwa, vielleicht zum zehnten Mal? Zum zwanzigsten?«
»Mir gleich, Xanthippe.«
»Verdammt, Eskiath! Meinst du, ich wäre im Hafenende älter als vierzehn verdammte Jahre geworden, wenn ich so leicht zusammengebrochen wäre wie deine kleine Zicke, diese Cousine? Sag denen da im Haus Eskiath, ich war ein Dutzend Mal
die Frau, die Sherin war, bevor ich auch nur halb so alt war wie sie. Du sagst denen, das habe ich gesagt!«
»Nein«, sagte Ringil ruhig. »Ich sag ihnen, du wärest kreischend und um Gnade bettelnd gestorben.«
»Na ja, du bist schon immer ein verfluchter Lügner gewesen.« Sie ruckte mit dem Kinn zu ihm auf, entblößte die Kehle und grinste höhnisch. »Also, worauf wartest du, du affektierter Aristokraten-Homo? Los, nun mach schon, worauf wartest du?«
Anschließend ließ er ihre Leiche an Ort
Weitere Kostenlose Bücher