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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Kommandanten seine Befehle erteilte, und blickte mit zusammengekniffenen Augen in den Hitzeschleier und den Regenbogenglanz des Glases. In Khangset hatte sie gesehen, wie die Sklaven der Reptilien versucht hatten, die Verteidigungsanlagen zu ersteigen, die die Ingenieure ihres Vaters dort errichtet hatten; sie hatte gesehen, dass sie höchstens zwei oder drei Meter weit gekommen waren, bevor sie den Halt verloren hatten und um sich schlagend und knurrend in das Meer unter ihnen zurückgerutscht waren, ohnmächtig mit den Klauen kratzend.
    Während sie in die Senke hinabstarrte, überlegte sie, ob das da auch eine Art Verteidigungsanlage war.
    »Hast du die Absicht, den ganzen Tag da oben zu verbringen und hinabzuschauen, Tochter des Flaradnam?«
    Einen langen Augenblick des Schocks dachte sie, die Stimme spräche allein zu ihr. Sie hatte das Gefühl, jemand flüstere ihr etwas ins Ohr, wie bei Manathan, wenn er sie im Bergfried von An-Monal ansprach. Aber dann sah sie, wie sich Senger Hald versteifte, sah, wie die Seeleute sich mit den Händen auf den Schwertgriffen umschauten, und sie verstand, dass die Luft
rings umher von der vollen, ironischen und etwas merkwürdigen Stimme erfüllt war.
    »Ja – du, mit dir spreche ich.« Sein Tonfall war höher als Manathans, fast weiblich, und der Hauch von Unvernunft und Sprunghaftigkeit augenscheinlicher. »Mit dir und dieser Schar von Einheimischen, die du mitgebracht hast. Könntest du vielleicht in Erwägung ziehen, dass es sich um eine dringliche Angelegenheit handelt? Manathan hat darauf beharrt, du könntest gut mit Krisen umgehen, aber ich muss sagen, dass er offenbar übertrieben hat.«
    Hald war an ihrer Seite, die bärtigen Züge angespannt und wachsam. »Mylady?«
    »Schon in Ordnung.« Archeth hob eine Hand zum Zeichen dafür, dass sie ruhig war, was nicht im Geringsten zutraf.
    »Es kennt Euren Namen, Mylady.«
    »Oh, allerdings«, sagte die Stimme ätzend. »Es kennt auch deinen Namen, Senger Hald. Und die Namen aller deiner Männer, außer dem großen mit den Duellnarben, der aus irgendeinem Grund einen Tarnnamen benutzt und sich tatsächlich nicht mehr daran erinnern kann, wie er einstmals hieß. Ich würde mich an deiner Stelle mal darum kümmern – es erscheint unangemessen für eine erstklassige imperiale Einheit.«
    Archeth sah zu den Männern zurück. Alle umklammerten Amulette oder machten Zeichen. Einige trugen Duellnarben, daher war es unmöglich zu entscheiden, welchen Mann sich die Stimme herausgepickt hatte, aber misstrauische Blicke gingen hin und her. Jemand musste dem ein Ende setzen, rasch. Sie räusperte sich und hob leicht das Kinn, weil sie nicht in eine unbestimmte Richtung sprechen wollte.
    »Du bist der Botschafter, den Manathan versprochen hat?«
    »Nein, ich bin eine zufällige dämonische Stimme in der Wildnis.
« Unten aus dem Krater ertönte ein lautes Krach. »Natürlich bin ich der Botschafter, Tochter des Flaradnam. Siehst du den Rauch nicht? Wärest du jetzt bitte so freundlich und würdest hier herabkommen und eine Transportmöglichkeit zurück nach Yhelteth für mich organisieren? Es ist wirklich eine Sache von einiger Dringlichkeit.«
    Und in dem Hitzeschleier inmitten des Kraters eine jähe Bewegung.

9
    Sie waren immer noch dabei, die rote Xanthippe zu vergewaltigen, als der rote Rand der Sonne im östlichen Buschland über den Horizont stieg.
    Ringil saß auf einer Erhebung neben den Zelten der Aufseher und hörte zu, während er in das frühe Sonnenlicht starrte, als wäre es nur der Wind. Ihm waren die sinnvollen Ablenkungen ausgegangen; er hatte lange und sorgfältig den Rabenfreund gesäubert und ihn in die Scheide auf seinem Rücken gesteckt; er hatte zugesehen, wie Erils bunt zusammengewürfelte Schar von Söldnern die Leichen der Antreiber und Imperialen fledderte und hin und wieder eine Kehle aufschlitzte, wenn nötig, aber zumeist einfach bloß Taschen leerte; er hatte die Zelte der Xanthippe nach etwas auch nur annähernd Nützlichem durchsucht, hatte Schachteln umgestoßen und Siegel von Pergamentrollen abgerissen und in Schönschrift verfasste Dokumente genau unter die Lupe genommen, die entweder unerträglich banal oder chiffriert waren.
    Alles sinnlos – die Geräusche der Vergewaltigung verfolgten ihn bei allem, was er tat. Xanthippes Gekreisch schraubte sich herunter zu Schluchzern und schließlich zu einem leisen, unregelmäßigen Stöhnen; die Fröhlichkeit der grunzenden Männer vollführte einen

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