Das kalte Schwert
Pferden liefen, letztlich zu allem, was der Horizont bieten mochte. Ringil versuchte, einen von ihnen im Vorüberrennen festzuhalten, wurde durch den Schwung des Mannes herumgewirbelt und packte am Ende bloß eine Faust voll leerer Luft. Der Mann rannte weiter, immer noch brüllend …
Schwere Kavallerie!
Ringil hatte erlebt, dass erfahrenere Männer als diese in die Flucht geschlagen wurden. Gepanzerte Kavallerie – für alle, die sich ihr einmal gegenüber gesehen hatten, barg sie ein Entsetzen, das schlimmer war als jegliche Zauberei. Damals, vor dem Aufstieg des yheltethischen Imperiums und der Gründung der Liga, die sich ihm entgegenstellen konnte, war die schwere Kavallerie immer wieder der entscheidende Faktor bei den endlosen Kleinkriegen zwischen den naomischen Stadtstaaten gewesen. Sie trampelte durch die Verteidigungsstellungen, sie zerschmetterte die Moral. Selbst von den Majak wusste man, dass sie unter dem Angriff der schweren Kavallerie zusammengebrochen waren. Zu erwarten, dass diese Bande von Ausgestoßenen zusammenhalten sollte, war, nun ja … er gab es als sinnlos
auf und eilte stattdessen den Hügel zu Eril hinauf. Wandte sich um und starrte nach Westen, als Eril erneut hinzeigte.
»Da. Links vom Felsvorsprung, wo die Baumlinie unterbrochen ist.«
Noch keine Details, aber Ringil sah das blasse Brodeln der Staubwolke. Kein Zweifel.
»Hinerion«, sagte er grimmig. »Dann ist was durchgesickert.«
»Ja, sieht so aus.« Eril beäugte den Staub und das bewaldete Gebiet, das sie von der Stelle trennte, wo er aufstieg. »Schwere Kavallerie wird nicht durch diese Bäume kommen, sie stehen zu dicht. Sie müssen auf der Straße bleiben.«
Ringil nickte. »Bleibt uns Zeit, ein Pferd zu satteln.«
»Bereits gesattelt. Oben hinter den Zelten. Komm schon, ich habe den Alten zur Bewachung abgestellt.«
Sie rannten den Hang hinauf. Entdeckten den alten Mann von Hreshims Anleger, der zwischen den Köpfen zweier Stuten mit zotteligen Mähnen stand, den eigenen Kopf mit der schmuddeligen Kappe hielt er gesenkt. Er hatte nicht die Zügel gepackt, sondern drückte den Tieren je eine Hand leicht an die Seite des Kopfs und plapperte sanft irgendwelche Worte, die Ringil völlig kribbelig machten. Der Alte sah auf, als sein Kommandant herantrat, und das Sonnenlicht glänzte rötlich auf einem Auge.
»Also halten wir die Stellung nicht, Sir?«
»Nein«, sagte Ringil knapp zu ihm.
»Wie schade! Ein alter Mann könnte sich einen guten Tod vorstellen, wenn er an der rechten Seite des Helden der Galgenschlucht kämpft.«
Ringil hielt inne und spähte dem Alten argwöhnisch ins wettergegerbte Gesicht. Soweit er sich entsann, hatten weder er noch Eril einem der Söldner gegenüber, die sie in den vergangenen Wochen angeheuert hatten, seine wahre Identität erwähnt.
Aber der alte Mann erwiderte bloß unschuldig seinen Blick, auf dem Gesicht keine Spur von Spott oder Täuschung.
Du hast keine Zeit für diesen Scheiß, Gil.
»Hier ist nicht die Galgenschlucht, Alter.« Die Stimme angespannt bei der Erinnerung. »Und der Krieg ist vorbei. Wir haben erledigt, wozu wir hergekommen sind. Wir gehen.«
Der alte Mann senkte ehrerbietig den Kopf. »Sehr schön, Mylord. Und Eure Pferde sind bereit für Euch, wie Ihr seht. Die beiden besten, die ich mir sichern konnte.«
Hinter dem alten Mann und den beiden Tieren sah Ringil etwas auf dem Boden liegen. Er trat um das rechte Pferd herum, um einen besseren Blick zu bekommen. Sah drei in sich zusammengesunkene Leichen – ihren nicht zueinander passenden Waffen sowie dem zerlumpten Äußeren nach zu urteilen, Mitglieder seiner eigenen Söldnertruppe. Die anderen Pferde waren an ihren Zügeln zurückgewichen, um möglichst weit von den toten Männer wegzukommen, und jetzt schnaubten und wieherten sie und rückten nervös hin und her, in auffälligem Gegensatz zu den beiden, die der alte Mann ausgewählt hatte. Ringil starrte die Leichen an, dann das Schwert des alten Mannes, das nach wie vor in der Scheide auf seinem Rücken steckte, ähnlich wie Ringil den Rabenfreund trug. Er runzelte die Stirn.
»Und dein eigenes Pferd?«, fragte er.
Der alte Mann grinste ihn verzerrt an. »Oh, ich muss mir kein Pferd nehmen, um der Gefangennahme zu entgehen, Mylord. Ich habe andere und bessere Mittel.«
»Ja? Wie zum Beispiel?«
… keine verdammte Zeit für so was, Gil …
Aber der alte Mann grinste nur erneut und berührte schweigend die Krempe seiner Kappe, als wäre
Weitere Kostenlose Bücher