Das kalte Schwert
und poliert und mit Kräften gebogen, von denen man nicht einmal träumen konnte. Glaskabel, dick wie der Arm eines Bogenschützen, hielten eine Straße von einer Breite in der Höhe, dass zwei Dutzend gepanzerte Männer Seite an Seite darüber reiten konnten, ohne einander anzustoßen.
Mit der Zeit gewöhnte er sich natürlich daran, genauso wie an die Kiriath selbst. Alles war Teil des Lebens in der großen Stadt. Aber noch eine ziemliche Weile danach warf die Brücke weiterhin ihren Schatten in einem eher pragmatischen Sinn über ihn. Die Straße, die sie über das Wasser hob, erreichte volle dreißig Fuß über dem Boden an der Nordseite das Ufer und gelangte erst sieben Blocks weiter wieder auf die ebene Erde. Und unten am Wasser, in dem Schatten, den die Brücke warf, stand die Kneipe Zum Ponyglück, eine heruntergekommene alte Kaschemme zum
Gedenken an einen jungen Pferdehändler aus der frühesten Geschichte der Stadt, der wohl so glücklich gewesen war, einen Teil seiner Herde genau hier am Ufer vor dem Ertrinken zu bewahren. Oder so ähnlich. Geschichten und Legenden über Pferde gab es in Yhelteth zuhauf, und nach einer Weile gingen sie alle ineinander über. Wie dem auch sein mochte, die so benannte Kneipe war schon seit jeher ein bekannter Treffpunkt für Söldner und freiberufliche Schläger von der Straße sowie eine Abrechnungsstelle für alle möglichen professionellen Angelegenheiten. Rekrutierungsoffiziere gingen dort regelmäßig einen trinken, Bandenlords und kleinere Kaufleute schauten von Zeit zu Zeit vorbei, um die verfügbaren Talente abzuschätzen, und für ein wenig Bares konnten gewaltbereite Männer, die gerade knapp bei Kasse waren und eine Beschäftigung suchten, stets ihren Namen und eine aktuelle Schlafadresse an der Bar hinterlassen.
Einen Großteil seines Lebens als junger Söldner in Yhelteth war das Ponyglück für Egar mehr eine zweite Heimat gewesen als sämtliche Truppenunterkünfte oder Liebesnester, in denen er zufällig zwischen zwei Beschäftigungen landete. Selbst später, als Inhaber eines Rangs und Offiziersquartiers, war er gewohnheitsgemäß hier heruntergekommen und hatte die trägen Sommernachmittage im Schatten der Brücke mit Trinken vertan. Oder er war bis zum Morgengrauen in der Kneipe geblieben und völlig fertig hinausgewankt, gestützt von den Barmädchen, den Kopf in den Nacken gelegt, und er hatte immer und immer weiter zu der schwebenden, fremdartigen Architektur hinaufgestarrt, und dann war er meist aus dem Gleichgewicht geraten und hatte sich aus benommener, weinseliger Verwunderung, die der Anblick nach wie vor in ihm hervorrufen konnte, rücklings auf seinen Allerwertesten gesetzt.
Und als er nach dem Krieg richtig heimgekehrt war und ein
Skaranak, ein Genosse, Jahre später mit der Nachricht durchgeritten kam, dass, unter anderem, das alte Ponyglück bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, hatte Egar sehr zur eigenen Überraschung einen Stich von Wehmut im Bauch verspürt.
Hätte er gewusst, dass die Kneipe wieder stand, wäre sie seine erste Anlaufstelle gewesen. Aus weitaus mehr Gründen als die bloße Suche nach Informationen.
Komm schon, Drachentöter! Die Vergangenheit ist tot und begraben. Bleiben wir doch in der Gegenwart, nicht wahr?
Die Gegenwart erwies sich als einfaches, jedoch nicht unattraktives zweigeschossiges Gebäude aus Stein und weißem Stuck. Stützbalken für das Obergeschoss ragten unvollendet ein paar Fuß aus jeder Mauer, und das Holz war noch nicht allzu verwittert. An ein paar Balkenenden entdeckte Egar sogar noch den roten Stempel der Zimmermannsgilde. Auf dem staubigen Grund zwischen der Kneipe und dem Ufer standen ähnlich roh bearbeitete Tische auf Böcken, und der neue Name der Kneipe war in billigen Goldbuchstaben von etwa einem Fuß Höhe zur Uferseite hin zu lesen. Die Vergoldung glitzerte in der aufgehenden Sonne, was ihr einen täuschenden frühmorgendlichen Glanz verlieh.
Und genau wie von Darhan versprochen hing ein kleiner Eisenkäfig an einer kurzen Kette an einem Balkenende in der Ecke der Kneipe. Der abgetrennte Kopf lag darin, sodass ihn alle betrachten konnten, schwarz mumifiziert und traurig zu einer Seite geneigt, wie eine übergroße Rübe, die viel zu lang hinten in der Speisekammer gelegen hatte. Irgendwann hatte jemand der Kreatur die Lippen abgeschnitten, damit die Fänge darunter besser zu sehen wären, aber selbst so war es ein erbärmlicher Anblick. Egar verzog das Gesicht zu einer
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