Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
Vom Netzwerk:
Pass auf deinen Kopf auf!«
    Das Zimmer hinter der Tür war heiß und eng, unter das Dach gepfropft. Nur genau in der Mitte konnte man aufrecht stehen. Harath füllte den Raum einfach dadurch aus, dass er darin stand – er war ein großer Bursche, jugendlich schlank, aber kräftig an Schultern und Oberschenkeln vom lebenslangen Reiten und Üben mit der Stablanze. Hinter ihm entdeckte Egar eine niedrige Pritsche unter einem winzigen Fenster, schmutzige und durcheinander geworfene Laken, einen fadenscheinigen Tuchvorhang, der das hereinströmende Sonnenlicht lediglich seihen konnte. In einer Ecke stand ein Nachttopf, aber der bärenartige Gestank im Raum war allgemeinerer Natur.
    »Teile den Herd und die Wahrheit des Herzens, brich das Brot und iss die Suppe unter einem gemeinsamen Himmel.« Die rituellen, entwaffnenden Willkommenssprüche funktionierten nicht so richtig, sobald man aus der Steppe und in eine Stadt
gekommen war, aber Harath murmelte sie dennoch. »Die Wärme meines Feuers ist die deine.«
    »Als dankbarer Verwandter nehme ich Platz.«
    »Ja, schon gut …« Harath zeigte das Häutemesser, das er hinter dem Rücken versteckt hatte. Vollführte damit eine Geste der Entschuldigung. Er stopfte die Klinge in die Scheide an seinem Gürtel und stand gähnend da – in Hemd und Hose geschlafen, das Haar eine wirre Masse, selbst nach majakischen Maßstäben. Ein Atem vom Abend zuvor, den Egar aus einem Meter Entfernung beim Gähnen riechen konnte. »Man kann nicht vorsichtig genug sein, weißt du. Kann hier an diesem verfluchten Ort nicht mal den Brüdern trauen. Und ich meine nicht Majak von jenseits der Grenze, Burschen wie dich – weil das immer etwas heikel ist, stimmt’s? Ich rede von meinen eigenen verdammten blutsverwandten Ishlinak hier.«
    Egar verzog das Gesicht und hoffte, Mitgefühl zu zeigen. Größtenteils war er damit beschäftigt, nicht zu viel von Haraths schalem Mundgeruch einzuatmen.
    »Schwer zu glauben, so was. Ja.«
    »Glaub’s, du Relikt.« Harath schlurfte zur Pritsche zurück und setzte sich schwer darauf, sodass der Rahmen quietschte. »Diese verdammte Stadt. Schlägt die Zähne in dich rein, weißt du. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte nie den Blick darauf geworfen. Verfluchter Alnarh, ich kenne ihn noch aus Ishlin-ichan. Kannte seine Verwandten aus der Steppe. Stimmt schon, er war ein bisschen ein Maulheld, sogar damals schon, aber man konnte ihm immer vertrauen in einer Schlägerei. Darauf vertrauen, dass er einem Bruder den Rücken freihielt.«
    »Wie ich gehört habe, ist er jetzt konvertiert«, wagte Egar zu sagen. »Wie steht’s damit?«
    »Ja, ist schon völlig bekloppt.« Harath kratzte sich durch das
Hemd den Bauch. »Ich meine, wir haben’s alle getan, die Bezahlung war zu gut, um sie auszuschlagen. Keine Bekehrung, keinen Auftrag, also haben wir uns gedacht, was soll’s, verdammt. Ist bloß, als würd man ’ne voronakische Göre oder so heiraten; man macht Trankopfer an alle ihre spitzgesichtigen kleinen Eisgötter, ansonsten wird dir ihre Familie sagen, das war’s gewesen, nicht wahr? Dasselbe hier. Du ziehst diese Nummer durch, bietest deine Klinge diesem Buch von denen dar. Jede Menge rezitieren, ein bisschen Weihrauch, und du bist dabei.«
    »Was ist also schief gelaufen?«
    »Weiß nicht, verflucht. Vor ein paar Monaten haben wir uns ein bisschen gekabbelt wegen einem Sklavenmädchen. Ein arschwackelndes kleines Ding oben von der Liga, du weißt, wie die sind, nicht wahr?«
    Egar nickte geistesabwesend – verlockende Bilder von Ishgrim tanzten in seinem Kopf.
    Der Ishlinak brachte ein schwächliches Grinsen zustande. »Hatte Euter, die Kleine, das würd’ste nicht glauben, Bruder. Und als ich sie besprungen habe, na ja, Alnarh hat das schwer missfallen. Er ist bestenfalls ’n eifersüchtiges Arschloch. Aber, nee …« Harath grub sich die Finger ins Haar und zog sich die Handflächen übers Gesicht herab. Schüttelte den Kopf. »Er ist schon lange vorher sehr merkwürdig gewesen. Als hätte er die Offenbarung für bare Münze genommen. Wenn er davon gesprochen hat, hat er diesen Ausdruck in den Augen gekriegt. Hat angefangen, uns zu sagen, wir sollten in seiner Nähe nicht mehr im Namen der Götter fluchen. Irgendwelchen Scheißdreck, dass wir dadurch die Engel beleidigen würden. Ich meine, nun komm schon! Ich hatte erwartet, dass ihm die anderen mal den Kopf zurechtrücken würden, ein paar von denen sind enger mit ihm verwandt, als ich es

Weitere Kostenlose Bücher