Das kalte Schwert
die Texte und ihre Hektar von verfluchtem Sand. Wen interessiert’s einen Scheißdreck?«
Egar sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, aber es gab bloß die Pritsche. Im Raum wurde es immer drückender.
»Na ja, wenn ich das nächste Mal am Hof bin, werde ich deinen strategischen Ratschlag bestimmt weitergeben.«
Harath warf ihm einen hungrigen Blick zu. »Du arbeitest wirklich für ’ne Adelige, hm?«
»Ja. Wie ich gesagt habe.«
»Gute Bezahlung, ja?«
Egar nickte. »Sehr gut. Möchtest du was zu essen?«
Sie fanden eine Kneipe in einer steilen Nebenstraße mit Ausblick über die Brücke und die Mündung. Harath kannte sie offenbar aus seinen reicheren Tagen, bevor Menkarak ihn gefeuert hatte. Sie nahmen einen Tisch draußen auf dem Balkon. Bestellten ein Bier, um dem Kater des Ishlinak etwas von seiner Schärfe zu nehmen.
»War nicht er persönlich, natürlich nicht.« Harath, der aus den Tiefen seines Ales wieder auftauchte. »Sie ließen es mir durch Alnarh ausrichten. Was er mit einem fetten verdammten Grinsen auf dem Gesicht tat, dieses Arschloch. Sagte, wenn ich mich nicht wie ein Mann des Glaubens aufführen könnte, hätte ich auch nichts als Wächter über das Eigentum der Zitadelle zu suchen. Als ob er nicht diese Hure besprungen hätte, wenn sie ihm auch nur einen halben Blick gegönnt hätte.«
»Also ging’s um dieses Mädchen?«
Harath starrte hinaus übers Wasser. »Oh, vermutlich. Wie gesagt, Alnarh war schon vorher ziemlich nervös, aber ja, das hat ihm anscheinend den Rest gegeben. Bei seinen Eiern, ist nicht so, als ob er sich nicht aus den anderen hätte welche aussuchen können.«
»Den anderen?«
»Natürlich, sie halten ’ne ganze Bande von denen da oben. Auch ein paar Jungs, wenn du darauf stehst.«
Egar runzelte die Stirn. »Da oben? In der Zitadelle?«
»Nein, Mann – in Afa’marag.« Harath zeigte mit dem Daumen über die Schulter, flussaufwärts. »Der alte Pferdebalken-Tempel, oben bei den Schleusen. Menkarak hat ihn im Frühjahr wieder öffnen lassen. Unheimlicher Ort. Das hast du nicht gewusst?«
»Nein. Und was tun sie da oben in Afa’marag? Abgesehen von Sklaven einsperren?«
»Keinen blassen Schimmer. Ich hab mir nie Mühe gegeben,
so nah ranzukommen, sie haben mir genügend dafür bezahlt, dass ich einfach nur ein Auge aufs Tor geworfen und Essen in die Sklavenunterkünfte gebracht habe. Alnarh und Larg haben freiwillig den Dienst fürs Heiligtum übernommen, sind Menkarak in den Arsch gekrochen, wie üblich.« Der junge Ishlinak schüttelte den Kopf. »Für mich gab es da viel zu viele Reinigungsgebete und der ganze Schwachsinn, den man sich merken sollte. Wer braucht so einen Scheiß?«
Das Essen kam. Harath langte zu. Egar sah ihm beim Essen zu und pickte der Form halber an seinem Teller herum. Vor allem ließ er sich jedoch die Sache durch den Kopf gehen. Mischte Haraths knurrige Bemerkungen mit dem, was er bereits von Archeths Unterweisung im vergangen Jahr und Imranas Hofklatsch seither wusste. Versuchte, ein Blatt zusammenzustellen, auf das man setzen konnte.
Hüter Pashla Menkarak – Sohn des großen Hüters Envar Menkarak sowie anscheinend selbst ein hohes Tier. Eine laute Stimme unter der neuen Bande humorloser Hüter-Arschlöcher, die sie offenbar heutzutage oben in der Zitadelle kultivierten. Bekannter Verfasser klerikaler Gutachten und Interpret heiliger Texte – das hatte Imrana ihm aus einem Hofkommuniqué vorgelesen, das sie unter der Hand vor ein paar Monaten bekommen hatte. Sie hatte vermutet, dass er einst ein ziemlich schlaues politisches Tier gewesen war, aber jetzt kritisierte er offen das Versagen des Reichs, die eroberten Territorien der Ungläubigen im Norden angemessen zu befrieden. Die Spione des Königs argwöhnten direkte Verbindungen zu den Aufständen in Demlarashan, aber sie konnten es anscheinend noch nicht beweisen, und so, wie es zurzeit zwischen dem Palast und der Zitadelle stand, konnte Menkarak unbesorgt sein.
Archeth war letztes Jahr bei Hofe mit dem Arschloch aneinandergeraten,
und der Imperator hatte sie dabei gestützt. Es waren kritische Augenblicke gefolgt, als es danach aussah, dass die Spannungen zwischen Palast und Zitadelle vielleicht zu stark werden würden. Aber besonnenere Köpfe von der Zitadelle hatten eine Entschuldigung erzwungen, und Menkarak hielt sich seitdem äußerst bedeckt. Es hatte keine weiteren direkten Zusammenstöße mehr gegeben, doch hinter jedem Schuss, den die Zitadelle
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