Das kalte Schwert
Kapitän – ich würde sagen, wir sind fast zu Hause.«
Eril nickte. »Druck ausüben ist richtig. Verdammt, ich …«
Rasches Klopfen an der Tür des Nebenzimmers. Beide Männer versteiften sich und fuhren herum. Erils Hand glitt unaufgeregt unter seinen Mantel. Ringil lockerte seinen Ärmel, wo der Drachenzahldolch verstaut war.
»Ja?«
Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und der Junge, der sie zuvor bedient hatte, schob den Kopf und eine dürre Schulter um den Türpfosten.
»Mylord Laraninthal?« Über die tethannischen Silben stolpernd, Nervosität in den hektischen Worten. Sein Gesicht war bleich und verschwitzt im Lampenschein. Eine kühle Anspannung wie beim Zweikampf kroch in Ringils Glieder, setzte sich dort fest.
»Ja?«
»Äh … Jemand will Euch sprechen, Sir. Es ist …« Der Junge schluckte, leckte sich die Lippen. »Es sind Soldaten, Mylord.«
14
Er fand den Pfandleiher ziemlich leicht – auf diesem Abschnitt der An-Monal-Straße gab es mehrere, aber nur ein paar vermieteten Zimmer im Obergeschoss. Wenn man die Zeit mit einrechnete, die man zum Aufstieg über eine der Treppen der Wahnsinnsarchitektur der Kiriath benötigte und dann für den Gang über die Brücke, hatte die ganze Suche kaum eine halbe Stunde gedauert.
Der Pfandleiher, ein drahtiger alter Mann mit Augenklappe, kaufte ihm die Geschichte mit der Familie etwa genauso ab wie der Wirt vom Echsenkopf. Er winkte Egar durch ein muffiges Halbdunkel und hinaus in den Hinterhof des Geschäfts. Wackelige Außentreppen führten die Wand hoch zu einer Reihe von Türen unter dem Dach.
»Zweites Zimmer« , sagte er munter. »Sag ihm, ich brauche ihn heute Nacht.«
Egar stieg die Treppe hinauf. Knallte mehrmals seine Fingerknöchel gegen sonnengebleichtes Holz.
»Verdammt, was willst du?«, brüllte jemand in schlechtem Thetannisch.
Klingt nach einem Kater da drin. Egar grinste und rief auf Majakisch durch die Tür:
»Besteht die Möglichkeit, mit einem Bruder zu sprechen?«
Die Stimme hinter der Tür ertönte erneut. Sie hatte Egars Sprachwechsel mitgemacht.
»Was willst du, Bruder?«
Jugendlich höhnisches Grinsen und ein Ishlinak-Dialekt, etwas abgestumpft nach der Zeit der Abwesenheit von den Steppen. Und das dichte, unmissverständliche, schwelende Misstrauen. Egar wählte seine Worte sehr sorgfältig.
»Könnte ’ne Weile dauern, das zu erklären. Wie wär’s, wenn ich dir was zu essen und ’n Pint ausgebe?«
»Der verdammte Alnarh hat dich geschickt? Wenn er mich tot sehen will, dann hätte er den Mumm haben sollen, herzukommen und sein Werk eigenhändig zu vollenden.«
»Niemand hat mich geschickt. Ich hab ’n paar Fragen, die ich dir gern stellen würde, das ist alles. Über die Schlägerei unten im Echsenkopf.«
Schritte über die Bretter drinnen. Egar schätzte, dass der andere Mann noch gute drei Fuß hinter der Tür stand und wahrscheinlich etwas seitlich. Es war dieselbe grundlegende Vorsichtsmaßnahme, die auch er getroffen hätte. Wenn die Tür plötzlich eingeschlagen wurde, wollte man Platz haben.
»Ich bin selbst kein großer Anhänger der Zitadelle, verstehst du? Habe mir gedacht, vielleicht könntest du mir weiterhelfen.«
Schweigen. Ein Dielenbrett quietschte. Harath räusperte sich.
»Ich hab deinen Namen nicht verstanden, Bruder.«
»Egar. Von den Skaranak. Man nennt mich den Drachentöter.«
Husten, Gelächter. »Ja, bestimmt.«
»Hör mal.« Ein Schwall echten Ärgers stieg in ihm auf. »Wirst du jetzt diese verfluchte Tür aufmachen oder nicht?«
Eine letzte Stille, aber der Tonfall hatte sich verändert, und Egar wusste, dass er hereinkäme. Er wartete. Ein Riegel glitt
zurück. Das gebleichte Holz schwang widerwillig eine Handbreit nach innen, und ein junges Majakgesicht leuchtete hinter dem Türpfosten. Dünnes Bärtchen, langes, ungekämmtes Haar über den blutunterlaufenen Augen. Harath von den Ishlinak starrte den Drachentöter triefäugig mehrere Sekunden lang an, schien jedoch in ihm keine Bedrohung zu erkennen.
»Hat dir wer gesagt, ich hätte die Schlägerei angefangen, ist er ’n verdammter Lügner.«
Egar nickte. »Weswegen ich hergekommen bin. Ich will deine Seite hören. Lässt du mich rein?«
Der jüngere Mann zuckte wenig anmutig die Achseln und zog die Tür weit auf. Wich einige Schritte zurück und streckte beide Arme aus wie ein Verkäufer, der seine Waren präsentiert – oder ein Mann, der sich ergeben von der Stadtwache durchsuchen lässt.
»Natürlich.
Weitere Kostenlose Bücher