Das kalte Schwert
aussehende Hoiran, gewöhnlich mit Stoßzähnen und Fängen bewehrt, war hier beschnitten zu etwas Städtischerem und Schmallippigerem, vielleicht beeinflusst vom Verkehr mit dem Süden und dessen Vorliebe für gelehrte menschliche religiöse Gestalten. Aber dank seiner gewaltigen, massigen Schultern und einem erschreckend zahnbewehrten Grinsen hätte der hier abgebildete Hoiran fast ein Heiliger aus Yhelteth sein können, der die Hände zum Segen gehoben hatte. An seinen Flanken standen die anderen Mitglieder des dunklen Hofs in einem Basrelief hervor wie ein hartgesottenes Söldnerkommando, dessen Dienste der dunkle König einem anzubieten versuchte. Vom Aussehen her waren sie gleichermaßen etwas abgeschwächt, besaßen jedoch nach wie vor die meisten der Waffen und Gegenstände ikonischer Macht, die ihnen in der eher nördlichen Tradition zugeschrieben wurden. Merkwürdig war, dass es links von Hoiran offenbar eine Lücke gab. Ringil war zu durcheinander, um sich auf die Frage zu konzentrieren, wer da fehlte.
In dem schwachen flackernden Licht der Straßenlaternen glaubte er, die Gestalt des Dakovash würde den Kopf ein klein wenig neigen und ihm zublinzeln.
Natürlich nicht.
Er atmete wieder gleichmäßig, warf einen knappen Blick über die Schulter und bemerkte, dass seine Eskorte ihn neugierig beobachtete.
Sie wandten die Blicke ab, sobald er sich umschaute, und entdeckten stattdessen anscheinend etwas Faszinierendes in den hell erleuchteten Fenstern des Gasthauses. Aus dem Innern ertönte plötzlich ein Schwall Gelächter. Es hörte sich ziemlich harmlos an. Ringil sah von einem Mann zum anderen, räusperte sich und kehrte dem abgedunkelten Tempel den Rücken zu.
»Dann mal weiter«, brummelte er mürrisch. »Ja?«
Er stolzierte zur Tür des Gasthauses hinauf und stieß sie auf. Stand auf der Schwelle. Ein verblüffender Schwall aus Geklapper und einem Gemisch aus Düften von gebratenem Fleisch und Kaffee wehte ihm entgegen. Warmes gelbes Licht huschte zwischen seinen Beinen hindurch wie eine Katze und ergoss sich auf die gepflasterte Straße hinter ihm. Ringil spähte hinein wie ein Besucher aus einer anderen, kühleren Welt.
Unter hellen Lampen und herabhängenden Kronleuchtern saß eine Menge aus rotwangigen, gut gekleideten Gästen an Tischen, die mit Tuch gedeckt waren, und aß mit der lockeren Selbstgewissheit von Männern und Frauen, die niemals hungrig gewesen waren. Kellner in fröhlicher, scharlachroter Livree warteten an den Tischen, und etwas dunkler uniformierte gemietete Schläger standen um die Bar herum, die Knüppel locker an den Gürteln befestigt. Der Fußboden war frisch mit Sägespänen bestreut statt mit Stroh, und Streichmusik, um Hoirans willen, ertönte von einem abgeschirmten Podest am anderen Ende des Raums.
Bei seinem Eintritt hoben sich ohne Eile Gesichter von den Tellern, registrierten seine Ankunft und machten sich dann wieder gleichermaßen unbesorgt ans Essen. Wenn das Schwert auf seinem Rücken bemerkt wurde, so erregte es nicht im Geringsten die Besorgnis wie in der anderen Kneipe, als Klithren und
seine Männer hereingekommen waren. Tatsächlich drehte sich eine junge Frau in Satin herum und beäugte ihn mit unverhohlenem und ziemlich raubtierhaftem Interesse, bevor ein Chor aus schockierter Fröhlichkeit und Vorhaltungen dafür sorgte, dass sie sich wieder ihrem Essen widmete.
Ringil ließ als Antwort ein dünnes Lächeln über sein Gesicht flackern. Er ging zur Bar hinüber.
»Ich suche Lady Quilien von Gris. Sie soll hier wohnen.«
Der Barkeeper wischte mit einem Tuch über die Bar. Er musterte Ringil und seine Gefährten und warf dem angeheuerten Schläger, der am nächsten stand, einen Blick von der Seite zu. Er zog die Luft durch die Zähne. »Erwartet sie Euch?«
»Nein. Aber wenn sie immer noch vorhat, morgen früh mit der Gunst der Sumpfkönigin zu reisen, muss sie mich empfangen.« Ringil nickte zu der Treppe und dem Absatz oberhalb der Bar hinauf. »Zimmer elf, nicht wahr?«
Der Barkeeper legte sein Tuch hin.
»Wartet hier«, sagte er. Er ging die Bar entlang, beugte sich hinüber und murmelte einem der Uniformierten etwas ins Ohr. Der Mann sah zu Ringil, war von seinem Anblick eindeutig nicht beeindruckt, zuckte jedoch die Achseln, stieß sich von der Bar ab, schritt zur Treppe und ging hinauf. Seine Schritte tönten laut auf der Galerie und verschwanden dann. Ringil wartete ab und beobachtete die Speisenden. Die kühle Frau in Satin schickte ihm
Weitere Kostenlose Bücher