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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schmitz
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und der lebende Bär, ihrer Würde beraubt.
Das Pferd, das sein Leben lang den Karren gezogen hatte, hatten sie am Ende
erschossen und den wilden Tieren zum Fraß hingehängt. Den Bären hatten sie
kirre gemacht mit bequemer Beute, von der er speicheltriefend fraß, obwohl der
Geruch seines einzigen Feindes an ihr haftete.

    Die Geschichte von Forest Young aus Alaska fiel Schreiber
wieder ein, und der Spruch seines Freundes aus der Biologenzunft. ›Nichts ist
territorialer als ein Bär am Riss.‹ Schreiber setzte das Glas ab. Aus den
Augenwinkeln bekam er mit, dass Teddy das Gleiche tat. Zu ihrem Glück blies der
Wind sanft hangauf. Er verbarg sie vor der feinen Nase des großen, braunen
Fleischfressers. Bis auf hundert Meter waren sie dem Bären auf den Pelz
gerückt, eine Distanz, die er galoppierend in weniger als zehn Sekunden
überwinden konnte. Die Männer sahen sich an, nickten und zogen sich vorsichtig
zurück. Sie sprachen kein Wort und versuchten, beim Gehen jedes Geräusch zu
vermeiden. Erst als sie einen guten Kilometer weg waren, hielten sie an. Es war
Mittag geworden. Selbst unter dem Laubdach wurde es langsam heiß.

    Hannes ließ den Rucksack von den Schultern gleiten und
hockte sich auf einen der Felsknubbel, die aus dem Waldboden ragten. Aus der
Flasche trank er einen Schluck Wasser, der scheinbar schon in der Speiseröhre
verdunstete. Der Merresmisch hatte ihm ein paar Scheiben Weißbrot und ein Stück
Hartwurst eingepackt. Davon aß er und wartete darauf, was der Bärenflüsterer zu
sagen hatte.

    »Das ist illegal«, begann Teddy, nachdem er einen guten
Zug aus seiner Trinkflasche genommen hatte. »Seit einiger Zeit dürfen sie die
Bären nicht mehr mit Fleisch füttern.«

    »Warum nicht?«

    »Weil es sie auf den Geschmack bringt. Hier in den
Karpaten weiden im Sommer ein paar Millionen Schafe auf den Bergwiesen. Bären,
die einmal an Fleisch gewöhnt sind, bedienen sich da gern.«

    Schreiber nickte. Er hatte Block und Kuli aus der
Pattentasche seines Rucksacks geholt und machte sich Notizen. »Ist es das erste
Mal, dass Sie Aas an einer Fütterung gefunden haben?«

    Teddy brummte Zustimmung.

    »Wie lange sind Sie denn schon hier?«

    »Seit April.«

    Drei Monate, dachte Schreiber. Für einen Journalisten,
der von einer Geschichte zur nächsten hetzte, waren drei Monate eine lange
Zeit. Am Anfang seiner Jahre beim Magazin hatten sie Schreiber manchmal so viel Zeit zum Recherchieren gelassen. Aber das
war lange vorbei. Bartelmus kam von der Tageszeitung und wollte die Artikel, an
denen ihm etwas lag, am liebsten in der nächsten Woche im Heft sehen.

    »Und seit wann vergällen Sie das Futter?«, fragte Hannes,
schnitt zwei recht ordentliche Scheiben von der Wurst und hielt Teddy eine
davon auf der Schneide seines Messers hin. Der Gute betrachtete die Wurst, wie
er bei ihrem ersten Zusammentreffen die ausgestreckte Hand des Reporters
betrachtet hatte. Dann fixierte er Schreiber und sagte: »Ich esse kein Aas.«

    Hannes zog die Wurst zurück und stopfte sie sich selbst
ins Maul. »Dies ist ein freies Land«, sagte er kauend, »da kann jeder nicht
essen, was er will.« Als er die Wurst verschlungen und mit einem Schluck Wasser
nachgespült hatte, fiel ihm seine Frage wieder ein. »Sie wollten mir sagen,
seit wann Sie den Bären das Dieselöl ins Futter schütten. Oder reden Sie nicht
mit Aasfressern wie mir?«

    Teddy steckte den Konter weg wie nichts. »Von Anfang an.
Ein Nationalparkranger in den Staaten hatte mir die Methode verraten, lange
bevor ich nach Rumänien kam.«

    Hannes fand noch eine Tomate in seinem Lunchpaket, und
sogar an einen kleinen Salzstreuer hatte der Merresmisch gedacht. Saugend biss
er in das Nachtschattengewächs, um den Ausbruch einer Fontäne zu verhindern. Er
schaffte das und hatte eine Idee.

    »Kann es sein, dass die Förster Ihnen auf die Schliche gekommen
sind? Ich meine, Diesel stinkt doch. Man muss kein Bär sein, um das Zeug zu
riechen.«

    Teddy zog die Augenbrauen ein Stückchen höher in die
Stirn. »Die Typen, die die Fütterungen betreuen, sind keine Förster«, sagte er
in einem Ton, den der Reporter als belehrend empfand. Er war empfindlich an der
Stelle. »Das sind irgendwelche Hiwis, die sich Wildhüter nennen. Die meiste
Zeit sind sie betrunken.«

    Zwei Dinge hatte Schreiber im Laufe der Jahre mühsam
gelernt. Erstens war es gefährlich, einen Gegner zu unterschätzen, im Fußball
genauso wie im Rest des Lebens. Und zweitens sollte man

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