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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schmitz
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bisschen zu jung für uns alte Knacker,
Ovidiu.«

    »What a pity!«

    Bevor sie die Last des Alters übermannte, fragte Hannes,
wen Vandra für den Mörder halte. Er kenne die Szene besser.

    »Darüber denke ich nach, seit Hulanu tot ist. Ich glaube,
es hat etwas mit der Jagd zu tun. Einer, der neidisch war auf die Euros und
Dollars, die sich Hulanu in die Taschen steckte. Jemand, den er aufs Kreuz
gelegt hat. Who knows? Vielleicht ist es auch eine Geschichte aus Ceausescus
Zeit. Hulanu hat damals Karriere gemacht.«

    »Wollen Sie Katharina helfen?« Schreiber sah dem Biologen
tief in die Augen.

    »Sure.«

    »Dann versuchen Sie, mehr über Hulanus Feinde herauszufinden.
Ich besuche Katharina bald im Knast. Es ist gut für sie zu wissen, dass Sie
etwas für sie tun. Anschließend fliege ich nach Deutschland. Ich kenne jemand
in Berlin, der helfen könnte, Katharina rauszuholen. Wenn er will. Danach komme
ich zurück nach Brasov.«

    Schreiber nestelte eine seiner Visitenkarten aus der
Tasche. Die Nacht in der Almhütte hatte ihr nicht gutgetan. »Sie können mich
jederzeit anrufen, Ovidiu. Kann ich auch Ihre Nummer haben?«

    Sie stand auf der Karte, die der Biologe ihm gab. Die
Männer reichten sich die Hand. »Good luck, Hannes«, sagte Vandra.

    »Ihnen auch.«

    Im Gehen wandte sich Hannes noch mal um. »Was wollen Sie
eigentlich beim Museumsdirektor?«

    Der Biologe grinste gequält. »Ich will ihn überreden, das
Bärenfell abzunehmen. Oder wenigstens eine Notiz daneben zu hängen, die auf das
Mästen des Tieres und die Dehnung des Fells hinweist.«

    »Wird er darauf eingehen?«

    »We will see.«

     

27

    Sie war zum ersten Mal seit Tagen allein. Katharina lag auf
dem Bett, starrte an die Decke und genoss die Stille. Ihre Mitgefangenen waren
nach dem Frühstück zur Arbeit ausgerückt, in die Näherei, auf die Felder, in
die Gefängnisküche. Die Wärterin sagte ihr nicht, warum sie zurückblieb. Elena,
mit der sich Katharina ein wenig angefreundet hatte, meinte, sie müsse zum
Verhör. Die Polizei ließe die Untersuchungshäftlinge immer ein paar Tage
schmoren, ehe sie erneut vernommen würden. Elena kannte sich aus im Knast. Sie
saß schon sechs Jahre, weil sie ihren versoffenen Mann mit einem Stein
erschlagen hatte. Ihre Eltern kümmerten sich um Elenas Kinder. Elena arbeitete
in der Näherei und hoffte, bald entlassen zu werden. Bald war für sie etwas
anderes als für Katharina. »In ein bis zwei Jahren bin ich wieder draußen«,
sagte sie. Die Vorstellung, zwei Jahre Gefängnis für überschaubar zu halten,
ließ Katharina frösteln. Sie war seit dreizehn Tagen in Targsor und weit davon
entfernt, sich damit abzufinden.

    Die alte Floria hatte die Frauen von Zelle vier gegen
Katharina aufgewiegelt. Niemand außer Elena sprach mit ihr. In der Schlange vor
der Toilette wurde sie nach hinten geschubst, bis sie fast in die Hose machte.
Beim Essen bekam sie die übelsten Stücke. Wenn sie eingeschlafen war, stahl man
ihr die Wäsche. Katharina hatte das Gefühl, das alles sei nur Geplänkel vor der
Schlacht. Sie war Tag und Nacht auf der Hut.

    Umso mehr gefiel ihr das Alleinsein. Wenn sie ihren iPod
hätte, würde sie die Gheorghiu für sich singen lassen, eine Oper lang
vergessen, wo sie war. Katharina summte die Arie der Tosca und schloss die
Augen. »Vissi d’arte, vissi d’amore«, sang sie leise. »Non feci mai male ad
anima viva.« Sie fasste Vertrauen in ihre Stimme. Das Ende der Arie sang
sie aus voller Brust: »Nell’ ora del
dolor, perchè, perchè, Signor, ah perchè me ne rimuneri così?«

    Dass jemand die Zellentür aufgemacht hatte, entging ihr.
Sie öffnete die Augen, weil sie sich beobachtet fühlte. Die Wärterin, die sie
den Kugelblitz nannte, stand vor ihrem Bett und sah sie an wie eine Frau mit
Knastkoller. Katharina wurde knallrot.

    »Kommen Sie mit, Orend«, schnarrte die Aufseherin.

    Katharina schlüpfte in ihre Schuhe und folgte der
Melonenträgerin über die Gänge. Was sollte sie der Polizei erzählen? Nichts
anderes als beim Verhör im Präsidium. Das würde den Bullen nicht gefallen. Sie
würden sie wieder wegsperren lassen. Für wie lange?

    Im Besuchszimmer standen ein langer Tisch und Stühle, die
noch aus der Ceausescu-Zeit stammten. Zwei Männer saßen darauf. Sie trugen
keine Uniform. Als Katharina hereingeführt wurde, standen sie auf und drehten
sich ihr zu. Pastor Arning sah sie verlegen an, Hannes Schreiber lächelte.

    Ihre Knie wurden weich. Sie ließ sich

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