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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nennen konnte, besaß er nur sehr dürftige Kenntnisse der Wissenschaften, Künste und der herrschenden Literatur. Leidenschaftlich zu jagen, Tag und Nacht durch Wald und Feld zu streifen, Hirsche und Sauen zu hetzen, mit dem Messer in der Hand die wilden Thiere in den Bergen anzugreifen – das bildete so den gewöhnlichen Zeitvertreib des jungen Grafen, der, muthig und entschlossen, bei diesen rauhen Uebungen wahre Heldenthaten leistete.
    Die Gräfin von Telek starb, als ihr Sohn kaum fünfzehn Jahre zählte, und dieser hatte erst die Zwanzig erreicht, als sein Vater durch einen Jagdunfall ums Leben kam.
    Der Schmerz darüber schnitt Franz tief in die Seele. Wie er die Mutter beweint hatte, so beweinte er den Vater. Beide waren ihm im Laufe weniger Jahre entrissen worden. Seine ganze Zärtlichkeit, Alles, was sein Herz an liebevollen Regungen besaß, hatte sich bisher in jener kindlichen Anhänglichkeit vereinigt, die ja den Ansprüchen der Kindheit und der ersten Jugend vollständig Genüge leistet. Als diese Liebe ihm aber zu fehlen begann und er, da inzwischen auch sein Lehrer gestorben war, niemals einen Freund gehabt hatte, da fühlte er sich recht vereinsamt in der Welt.
    Noch drei Jahre lang blieb der junge Graf auf dem Schlosse bei Krajowa, das er nie zu verlassen gedachte. Er lebte hier, ohne Verbindungen nach außen auch nur anzustreben. Höchstens begab er sich zwingender Geschäfte halber ein-oder zweimal im Jahre nach Bukarest. Auch dann kürzte er seine Abwesenheit so gut es anging, und eilte nach dem alten Familiensitze zurück.
    Ein solches Leben konnte aber doch nicht immer andauern; Franz begann schließlich das Bedürfniß nach einer Erweiterung seines Horizonts zu empfinden, den die rumänischen Gebirge doch gar zu eng begrenzten, und es verlangte ihn nun, auch einmal über diese hinauszufliegen.
    Der junge Graf stand ungefähr im dreiundzwanzigsten Lebensjahre, als er den Entschluß zu reisen faßte. Sein Vermögen gestattete ihm, der neuen Liebhaberei unbeschränkt zu huldigen. So überließ er eines Tages das Schloß bei Krajowa der Sorge seiner alten Diener und verließ das walachische Vaterland.
    Mit sich nahm er Rotzko, einen früheren rumänischen Soldaten, der schon seit zehn Jahren im Dienste der Familie von Telek stand und ihn bisher auf allen Jagdausflügen begleitet hatte. Das war ein kühner, thatkräftiger Mann, voller Ergebenheit gegen seinen jugendlichen Herrn
    Die Absicht des jungen Grafen ging dahin, Europa zu besuchen, indem er einige Monate in den Residenzen und sonstigen Hauptplätzen des Erdtheiles zu verweilen gedachte. Nicht ohne Grund erwartete er, seine durch den Unterricht im Schlosse bei Krajowa doch nur mangelhaft entwickelte Ausbildung zu vervollkommnen durch die Erfahrungen bei einer längeren Reise, deren Plan er sich sorgsam zurechtgelegt hatte.
    Italien wollte Franz von Telek in erster Linie besuchen, weil er die italienische Sprache, die ihm der alte Geistliche gelehrt hatte, am geläufigsten sprach. Der Zauber dieses an Erinnerungen so überreichen Landes, zu dem er sich vor Allem hingezogen fühlte, fesselte ihn daselbst vier volle Jahre. Er verließ nur Venedig, um nach Florenz, oder Rom, um nach Neapel zu gehen, und kehrte nach diesen Hauptsitzen der Künste, von denen er sich nicht losreißen konnte, immer wieder zurück. Frankreich, Deutschland, Spanien, Rußland, England u. s. w. wollte er später sehen und hoffte, diese Länder mit um so größerem Erfolge studiren zu können, wenn die Zeit seine geistige Auffassung weiter gereist hätte. Dagegen bedarf es der frischesten Eindrucksfähigkeit der Jugend, um die Reize der italienischen Großstädte voll zu genießen.
    Franz von Telek war siebenundzwanzig Jahre alt, als er zum letztenmale nach Neapel kam. Er wollte hier vor seiner Abreise nach Sicilien nur wenige Tage verweilen. Mit einer Besichtigung der alten »Trinakria« gedachte er seine erste Reiseperiode abzuschließen, um sich dann einmal auf dem Schlosse Krajowa ein Jahr der Ruhe zu gönnen.
    Da sollte ein unvorhergesehener Zwischenfall nicht nur seine für die nächste Zukunft vorliegenden Pläne umwerfen, sondern über sein ganzes Leben entscheiden und diesem ein anderes Ziel geben.
    Wenn der junge Graf während des mehrjährigen Aufenthaltes in Italien bezüglich seiner wissenschaftlichen Ausbildung – wofür es ihm an natürlicher Anlage gebrach – wenig gewonnen hatte, so war in ihm doch das Gefühl für das Schöne ebenso erweckt worden,

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