Das Karpathenschloß
das hier im »König Mathias« gesprochen wurde… und schon spannten Alle darauf, daß die unbekannte Stimme sich noch einmal vernehmbar machen würde.
Bei dieser Gelegenheit berichtete Meister Koltz noch dem jungen Grafen, unter welchen Umständen der Forstwächter unter Nennung seines Namens mit greulicher Strafe bedroht worden war, wenn er es unternähme, die Geheimnisse der Burg zu entschleiern.
Franz von Telek zuckte dazu nur mit den Achseln, dann stand er auf mit den Worten, daß in dieser Gaststube niemals eine Stimme – wie man es behauptete – hörbar gewesen sei. Alles das bestehe nur in der Einbildung der gar zu leichtgläubigen und vielleicht dem Schnaps des »König Mathias« etwas zu sehr huldigenden Kunden des Wirthshauses.
Daraufhin wandten sich schon Einige nach der Thür, da es sie nicht länger duldete, ferner in einem Raum zu verweilen, wo dieser junge Zweifler derartige Sachen vorzubringen wagte.
Franz von Telek hielt sie durch einen Wink zurück.
»Ganz entschieden, meine Herren, sagte er, erkenn’ ich, daß das Dorf hier unter der Herrschaft der bleichen Furcht steht.
– Und das nicht ohne Ursache, Herr Graf, versicherte Meister Koltz.
– Nun, da liegt ja das Hilfsmittel auf der Hand, dem Hexentreiben, das Ihrer Meinung nach im Karpathenschlosse vor sich geht, ein baldiges Ende zu machen. Uebermorgen werd’ ich in Karlsburg sein, und wenn Sie wünschen, erstatte ich einen Bericht an die Behörden der Stadt. Da wird man eine Abtheilung Gendarmen oder Polizisten hierhersenden, und ich stehe Ihnen dafür ein, diese werden schon in die Burg einzudringen wissen, um die Spaßvögel auszutreiben, die mit Ihrer Leichtgläubigkeit ihr Wesen treiben, oder um die Verbrecher zu verhaften, die vielleicht einen schlimmen Streich vorbereiten«.
Dieser Vorschlag erschien gewiß annehmbar, war aber doch nicht ganz nach dem Sinn der Notablen von Werst. Ihrer Meinung nach konnten weder Gendarmen noch Polizisten, nicht einmal Soldaten mit den übersinnlichen Wesen fertig werden, die sich ja mit ganz unbekannten Mitteln zu vertheidigen verstanden.
»Doch da fällt mir ein, meine Herren, nahm der junge Graf noch einmal das Wort, Sie haben mir ja noch gar nicht gesagt, wem das Karpathenschloß gehört oder doch gehört hat.
– Einer alten im Lande angesessenen Familie, Herr Graf, der der Barone von Gortz, antwortete Meister Koltz.
– Der Familie von Gortz… rief Franz von Telek.
– Ja, dieser.
– Zu derselben gehörte auch Baron Rudolph?
– Gewiß, Herr Graf.
– Und weiß Jemand, was aus diesem geworden ist?
– Nein. Seit einer Reihe von Jahren ist der Baron von Gortz nicht im Schlosse erschienen.«
Franz von Telek war kreidebleich geworden, und unwillkürlich wiederholte er mit halbgebrochener Stimme den Namen:
»Rudolph von Gortz.«
Neuntes Capitel.
Die Familie der Grafen von Telek, eine der ältesten und berühmtesten Rumäniens, nahm hier schon eine hervorragende Stellung ein, ehe sich das Land gegen Anfang des sechzehnten Jahrhunderts seine Unabhängigkeit erkämpft hatte. Verknüpft mit allen politischen Vorkommnissen, die die Geschichte dieser Gebiete bilden, leuchtete darin der Name der gräflichen Familie schon lange in fleckenreinem Glanze.
Heute, minder begünstigt als die vielgenannte Buche des Karpathenschlosses, der ja noch drei Zweige übrig geblieben waren, sah sich der Stammbaum der Telek’s auf einen einzigen Zweig beschränkt, den der Telek’s von Krajowa, dessen letzter Sproß in dem jungen Edelmanne blühte, der eben im Dorfe Werst angelangt war.
Während seiner Kindheit hatte Franz den Familienstammsitz, den der Graf und die Gräfin von Telek bewohnten, niemals verlassen. Die Nachkommen des Hauses genossen das größte Ansehen und machten von ihrem Vermögen freigebigen Gebrauch. Für gewöhnlich das sorglose und glatt verlaufende Leben des Landadels führend, verließen sie ihr Besitzthum bei Krajowa nur einmal jährlich, wenn Geschäfte sie nach dem Flecken gleichen Namens riefen, obgleich dieser nur wenige Meilen von ihrem Schlosse entfernt lag.
Diese Lebensweise äußerte selbstverständlich ihren Einfluß auf die Erziehung ihres einzigen Sohnes, und Franz sollte noch lange von der Umgebung, in der seine Jugend verstrichen war, gewisse Nachwehen fühlen. Als Lehrer hatte er nur einen alten italienischen Weltgeistlichen, der ihm nur beibringen konnte, was er selbst wußte, und das war verzweifelt wenig. Als man den Knaben schon mehr einen jungen Mann
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