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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Retyezat und einem Abstecher durch das Thal des Maros hatten sie im »König Mathias«, dem Gasthause des Dorfes Werst, Rast gemacht.
    Wir kennen schon den hier herrschenden Zustand, zur Zeit, wo Franz von Telek eintraf, und wie er über die scheinbar unbegreiflichen Ereignisse, deren Schauplatz die Burg war, unterrichtet wurde. Wir wissen auch, daß er zuletzt noch den Baron von Gortz als Besitzer jener Gespensterburg nennen hörte.
    Die Wirkung dieses Namens auf den jungen Grafen war zu deutlich, als daß sie dem Meister Koltz und den übrigen Anwesenden hätte entgehen können. Rotzko hätte diesen unseligen Meister Koltz, der jenen Namen zuerst aussprach, gern zum Teufel gejagt und dessen ganze alberne Geschichten hinterdrein gewünscht. Daß der unglückliche Zufall Franz von Telek gerade nach Werst und in die Nachbarschaft des Karpathenschlosses verschlagen mußte!
    Der junge Graf blieb stumm. Sein von dem Einen zum Andern irrender Blick verrieth nur zu sichtbar den Aufruhr seines Herzens, den er vergeblich zu verbergen sachte.
    Meister Koltz und seine Freunde begriffen wohl, daß den Grafen ein geheimnißvolles Band mit dem Baron von Gortz verknüpfen möchte; so neugierig sie aber auch waren, bewahrten sie doch eine höfliche Zurückhaltung und versuchten nicht, hierüber mehr zu erfahren. Später würde das Weitere sich ja von selbst ergeben.
    Wenige Minuten später hatten Alle den »König Mathias« verlassen, Alle aber erregt durch diese seltsame Verkettung von Abenteuern, die für das Dorf von keiner guten Vorbedeutung schien.
    Würde der junge Graf nun, wo er den Besitzer des Karpathenschlosses kannte, sein Versprechen halten? Würde er, in Karlsburg angelangt, die Behörden von Allem unterrichten und ihr Eingreifen erbitten? Diese Frage legten sich der Biró, der Schulmeister, der Doctor Patak und auch die Anderen vor. Jedenfalls war, wenn Jener das unterließ, Meister Koltz entschlossen, es zu thun. Die Polizei sollte Kunde erhalten, sie würde dann das Schloß durchsuchen lassen, würde klarlegen, ob hier Geister spukten oder Uebelthäter hausten, denn lange durfte das Dorf unter der jetzigen Anfechtung nicht leiden.
    Den meisten Bewohnern schien das freilich ein unnützer Versuch, eine wirkungslose Maßregel zu sein. Wer würde den Geistern etwas anhaben können! Dabei mußten ja die Säbel der Gendarmen wie Glas zersplittern und ihre Gewehre bei jedem Schusse versagen.
    Allein in der Gaststube des »König Mathias« zurückgeblieben, überließ sich Franz von Telek dem Laufe seiner Erinnerungen, die der Name des Baron von Gortz so schmerzlich wieder wachgerufen hatte.
    Nachdem er eine Stunde lang wie geistesabwesend in seinem Lehnstuhle gesessen, erhob er sich, verließ das Gasthaus, begab sich nach dem Ende der Terrasse und blickte in die Ferne hinaus.
    Auf dem Kamme des Plesa, in der Mitte der Hochfläche des Orgall, ragte das Karpathenschloß empor. Hier hatte jener Sonderling, der tägliche Gast des San Carlo-Theaters, also gelebt, jener Mann, der der unglücklichen la Stilla einen so unerträglichen Schrecken einflößte. Jetzt mochte die Burg wohl verödet, wenigstens der Baron von Gortz seit seiner Flucht aus Neapel hierher nicht zurückgekehrt sein. Niemand wußte ja, was aus ihm geworden war und ob er nach dem Ableben der großen Künstlerin nicht etwa gar selbst Hand an sich gelegt habe.
    Franz durchirrte also ein weites Feld von Vermuthungen, ohne sich für die eine mehr als für die andere entscheiden zu können.
    Andererseits nahm doch das Abenteuer des Forstwächters Nic Deck seine Gedanken in gewissem Grade gefangen, und er hätte, wäre es auch nur, um die geängstigten Bewohner von Werst zu beruhigen, gern das darüber liegende Geheimniß entschleiert.
    Da der junge Graf indeß kaum bezweifelte, daß nur Uebelthäter das alte Schloß als Versteck gewählt haben dürften, beschloß er, seinem Versprechen nachzukommen und durch Benachrichtigung der Karlsburger Polizei den schlauen Streichen der Missethäter ein Ende zu bereiten.
    Jedenfalls wünschte Franz, ehe er weitere Schritte that, über die betreffenden Vorgänge noch eingehender unterrichtet zu sein. Das Beste erschien ihm, sich deshalb persönlich an den jungen Forstmann zu wenden. Gegen drei Uhr Nachmittags begab er sich also, vor der Rückkehr in den »König Mathias«, nach dem Hause des Biró.
    Meister Koltz fühlte sich sehr geschmeichelt, ihn empfangen zu dürfen… einen Edelmann wie den Herrn Grafen von Telek… diesen

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