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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dachte er gar nicht. Er befand sich endlich in dem Schlosse, wo Rudolph von Gortz la Stilla zurückhielt, und er war sein Leben zu opfern bereit, wenn er nur bis zu dieser vordringen konnte.
    Die breite, hohe und flachgewölbte Gallerie, in der Franz jetzt hinging, lag im allertiefsten Dunkel, und theilweise verschobene oder gesprungene Steinplatten des Bodens machten das Vorwärtskommen darauf sehr unsicher.
    Franz näherte sich der linken Wand und folgte dieser, indem er, mit der linken Hand daran hinstreifend, den ausgeschwitzten Salpeter derselben abblätterte. Nicht das geringste Geräusch war hörbar außer dem seiner eignen Schritte, die weithin widerhallten. Ein warmer Luftstrom, dem sich widerlicher Modergeruch beimischte, traf ihn von rückwärts her, als ob am anderen Ende der Gallerie die Luft daraus kräftig abgesaugt würde.
    Nachdem er an einem, einen nach links abweichenden Winkel verstärkenden Strebepfeiler vorübergekommen, schrumpfte die Gallerie mehr zu einem engen Gang zusammen. Mit ausgestreckten Armen konnte er auf beiden Seiten die Wand erreichen.
    So drang er mit vorgebeugtem Körper und mit Hand und Fuß den Weg untersuchend weiter vor und suchte sich vor allem Rechenschaft zu geben, ob der Gang sich in gerader Richtung verlängerte.
    Etwa zweihundert Schritte von jenem Eckpfeiler erkannte Franz, daß diese Richtung mehr nach links hin abwich und noch fünfzig Schritt weiter fast die entgegengesetzte wurde. Freilich konnte er sich aber nicht darüber klar werden, ob der Gang nach der Zwischenmauer der Burg oder nach dem Fuße des Wartthurms hin verlief.
    Franz versuchte seinen Schritt zu beschleunigen, jeden Augenblick aber sah er sich durch eine Unebenheit des Erdbodens, gegen die er anstieß, oder durch eine scharfe Biegung, die seine Richtung änderte, aufgehalten. Dann und wann entdeckte er auch eine die Wand durchbrechende Oeffnung, die nach Seitengängen hinführte. Das Ganze war und blieb aber dunkel, unübersichtlich, und vergeblich suchte er sich in diesem Labyrinthe, einem wahren Maulwurfsbau, zu orientiren.
    Mehrmals mußte Franz, weil er sich in eine Art Sackgasse verirrt hatte, überhaupt wieder umkehren, und vorzüglich hatte er zu fürchten, daß vielleicht eine nicht fest schließende Fallthür unter seinen Füßen nachgeben könnte und daß er in ein tiefes Verließ hinabstürzte, aus dem es für ihn kein Entweichen mehr gegeben hätte. Sobald er daher unter sich hohl klingende Planken fühlte, drängte er sich stets dicht an der Mauer hin, doch immer vorwärts mit einem Feuereifer, der ihm zum weiteren Ueberlegen gar keine Muße ließ.
    Da Franz auf dem ganzen Wege noch nie auf-oder abwärts gegangen war, befand er sich voraussichtlich in gleicher Bodenhöhe mit den verschiedenen innern Höfen, die zwischen den Einzelwerken der Umwallung ausgespart lagen, und er durfte annehmen, daß der Gang schließlich im Wartthurm, vielleicht an dessen Treppe ausmünden werde.
    Unzweifelhaft mußte zwischen dem Thore und den Gebäuden der Burg ein näherer Weg vorhanden sein.
    Zur Zeit wo die Familie von Gortz hier wohnte, lag doch keine Nothwendigkeit vor, beim Aus-oder Eingehen einen solchen gedeckten Gang zu benutzen. Eine zweite Thür, dem Ausfallsthor gegenüber, führte wirklich nach dem Waffen-oder Turnierplatze, in dessen Mitte sich der Wartthurm erhob. Diese Thür war aber schon längst vermauert gewesen, so daß Franz nicht einmal die Stelle derselben entdecken konnte.
    Bereits eine Stunde war verflossen, seit der junge Graf auf gut Glück durch jene Irrwege vordrang, wobei er stets auf ein etwaiges entferntes Geräusch lauschte, den Namen la Stilla’s aber nicht zu rufen wagte, da er befürchtete, daß die hier eingeengten Schallwellen diesen bis nach den Stockwerken des Wartthurmes tragen könnten. Ohne jedoch den Muth zu verlieren, wollte er weiter vordringen, so lange ihm die Kraft nicht versagte, oder nicht ein unüberwindliches Hinderniß seinen Schritten Halt gebot.
    Wenn er es auch anfänglich nicht bemerkte, stand Franz doch nahe am Ende seiner Kräfte. Seit seinem Weggange aus Werst hatte er ja nichts zu sich genommen und litt jetzt Hunger und Durst. Seine Schritte wurden unsicher und seine Kniee schwankten. In der feuchtwarmen Kellerluft keuchte er nur noch, statt zu athmen, und das Herz pochte ihm zum Zerspringen.
    Es mochte gegen neun Uhr sein, als Franz, den einen Fuß vorsetzend, keinen Boden mehr unter sich fühlte.
    Er bückte sich und fand mit der Hand eine

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