Das Karrieremacherbuch
– Warum das Internet für mehr Networking und das Networking fürs Stellenfinden sorgt – Wieso immer mehr Jobs über Empfehlungen vergeben werden – Wie sich die Bewerbung verändert und schließlich ausstirbt
Angenommen, Ihr bester Freund arbeitet in einem genialen Unternehmen. Alle können kommen und gehen, wann sie wollen, und haben einen persönlichen Yogalehrer. Da wollen Sie auch hin, und wenn Sie kein Yoga mögen, ersetzen wir das jetzt mal durch einen muckibepackten Personal Trainer.
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Wenn Sie sich in diesem Unternehmen bewerben, werden Sie eine Bewerbung schicken? Wahrscheinlich nicht: Sie werden entweder angesprochen, oder Sie fragen ihren Kumpel, ob er nicht einen Kontakt herstellen kann, am besten per XING. So geht das demnächst nicht nur bei kleinen Unternehmen, sondern überall. Das hat mit der zunehmenden Vernetzung unserer Welt zu tun und mit der wachsenden Bedeutung von Netzwerken. Auch das vielbeschworene »Talent Marketing« der großen Unternehmen baut auf diesem Prinzip auf. Es werden Beziehungen zu vielversprechenden Talenten hergestellt, damit sie vielleicht irgendwann einmal als Mitarbeiter gewonnen werden können. Noch machen das wenige Firmen, aber da in einer zunehmend vernetzten Welt die »guten« Bewerber schnell weggeschnappt werden, wird sich das ganz sicher ändern.
Nachdem eine Absolventin ein erfolgreiches Projekt für ein neu gegründetes Unternehmen abgeschlossen hatte, fragte die Chefin sie, ob sie als Mitarbeiterin im Marketing fest einsteigen wolle. Die Chefin interessierte sich gar nicht für den Lebenslauf. Ihr reichte, dass sie von den Leistungen überzeugt war. Diese Absolventin rief mich an und fragte, ob es in Ordnung sei, dass man so ganz ohne offizielle Bewerbung bei einem Unternehmen angestellt würde. Ihr kam das irgendwie komisch und sehr untypisch vor. Sie hatte Sorge, dass es ihrer künftigen Karriere im Weg stehen könnte, sich nicht normal über schriftliche Unterlagen beworben und ein normales Vorstellungsgespräch durchlaufen zu haben. »Alle anderen bewerben sich doch richtig«, meinte sie.
Bewerbungen sind der Beginn jedes (Berufs-)Lebens
Das stimmt so nicht. Komischerweise denken gerade Berufseinsteiger, das Berufsleben beginne mit einer Bewerbung. Es gibt verschiedene Belege, dass das schon jetzt nur noch sehr bedingt stimmt und das klassische Bewerben über das Internet, eine E-Mail oder sogar eine Postmappe in Zukunft sogar die Ausnahme darstellen könnte. Es gibt Lobbys, die das so nicht wahrhaben und erst recht nicht dargestellt haben wollen. Schließlich verdienen ganze Industriezweige an dem Glauben, die Karriere beginne immer mit einer Bewerbung. Die Anbieter von Bewerbungsmappen etwa oder auch Bewerbungsfotografen, erst recht Personalberater, die oft aus gutem Grund gegen das Networking eingestellt sind: So gehen ihnen Provisionen verloren. Denn solche Headhunter erhalten Geld, wenn sie einen qualifizierten Kandidaten an ein Unternehmen vermitteln. Sie haben kein Interesse daran, dass sich weiter herumspricht, wie man leichter an Jobs kommt. Auch Personaler in Unternehmen stellen sich tendenziell gern gegen den Trend zum Networking. Es hebelt ihre Entscheidungskonzepte aus und begünstigt, was sie oft gern verhindern wollen, nämlich dass Menschen eingestellt werden, ohne dass man auf vorher definierte Eigenschaften und Qualifikationen achtet. Schließlich sind es die Personaler, die die Regeln für die Auswahl aufstellen. Ihre Regeln sollen verhindern, dass sich »Spezis« vom Chef, Vitamin-B-Junkies und andere unqualifizierte, aber einflussreiche Bewerber in die Unternehmen einschleichen und dann einnisten können. Deshalb limitieren Personaler die Einstiegsmöglichkeiten bei einer klassischen Bewerbung durch Noten, Auslandserfahrung, Praktika und Berufserfahrung. Deshalb schaffen sie ein Nadelöhr, durch das auf traditionellem Bewerbungsweg nur wenige Bewerber durchschlüpfen.
Doch die Fachabteilungen funktionieren nicht so, wie es aus Sicht vieler Personaler sinnvoll wäre, und auch viele Chefs machen letztendlich das, was ihnen persönlich einen Vorteil bringt. Da die Personalabteilung in den meisten Fällen als eine Art Inhouse-Dienstleister positioniert ist, sind ihr die Hände gebunden. Die Vertreter der Fachabteilungen nämlich wollen Mitarbeiter, mit denen sie gut zusammenarbeiten können. Also gehen sie selbst auf Kandidatensuche. Eine Absolventin der Kommunikationswissenschaften, die sich zwei Jahre von
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