Das Karrieremacherbuch
ich achtmal den Job gewechselt. Den ersten Job hatte ich schon nach drei Monaten wegen der damaligen Wirtschaftskrise verloren. Danach habe ich über ein Jahr nach etwas Neuem gesucht. Das hätte ich mir während meines Studiums nicht so schwer vorgestellt. Eine Zeit lang habe ich als Suchmaschinenoptimierungsberater gearbeitet. Gerade mache ich eine Ausbildung zum Lerncoach. Ich möchte sehr gern Menschen beibringen, wie sie effektiver lernen. Im Moment arbeite ich aber noch als selbstständiger Projektmanager für virtuelle Teams. Ich arbeite von zu Hause und kann mir meine Zeit selbst einteilen.
Maischberger: Funktioniert das denn, wenn Sie die Teammitglieder nie sehen?
Mertens: Wir treffen uns im Internet, mindestens einmal die Woche. Jeder schaltet seine Webcam ein, und dann besprechen wir vor mannshohen Bildschirmen wie in einer richtigen Konferenz, was gerade anliegt. Dazu gibt es ebenfalls wöchentliche Einzelgespräche, in denen ich auf die Fragen und Probleme der Fachleute eingehen kann. Seitdem sich das Gehaltsniveau überall auf der Welt angeglichen hat, steht die Fachexpertise des Einzelnen glücklicherweise wieder mehr im Vordergrund. Früher haben wir mit Entwicklern aus Bangalore zusammengearbeitet. Heute kann es sein, dass einer in Rumänien sitzt, der Nächste in Südafrika, der Dritte in einem kleinen Dorf in Transsylvanien und Teammitglied Numero vier in einem Wald in Vorpommern. Überall wird ähnlich viel verdient, die Teams werden nach Fachkompetenz zusammengestellt. Wir müssen auch feststellen: Die Leute haben keine Lust mehr zu reisen. Je gefragter sie aufgrund ihres Spezialwissens sind, desto weniger bereit sind sie, andauernd irgendwohin zu fliegen. Macht auch nichts, denn das meiste geht ja längst via Internet. Da kann man sich über die Kameras inzwischen richtig ansehen, mit Blickkontakt. Wissen Sie noch, wie das 2009 über Skype war?
Maischberger: Ja … Sie arbeiten projektweise für Konzerne, aber auf eigene Rechnung. Beunruhigt es Sie nicht, wenn ein Projekt abgeschlossen ist und Sie nach einem neuen suchen müssen?
Kreuzberger: Meine Eltern hat es eine Zeit lang beunruhigt. Aber nein, mich nicht. Ich habe oft mehrere Angebote und kann nach Interesse und angebotenem Honorar wählen. Zudem sind längere Pausen sehr wertvoll für mich und meine Familie. Mein Ziel ist es ohnehin, jedes Jahr mindestens drei Monate nicht zu arbeiten. Das ist auch ein Grund, derzeit die Ausbildung zum Lerncoach zu machen. Ich kann meine Arbeitszeit noch flexibler einteilen, weil ich nicht an Projektlaufzeiten gebunden bin.
Maischberger: Und wie geht das finanziell?
Kreuzberger: Die Firmen bezahlen inzwischen ein Karenzgeld, das die Zeit bis zum nächsten Projekt überbrückt. Außerdem gibt es ja seit fünf Jahren das Überbrückungsgeld für alle Bürger, die zeitweise aus welchen Gründen auch immer keine Einkünfte haben. Früher gab es nur Arbeitslosengeld – doch wer hat da noch Anspruch drauf, seitdem die Selbstständigenquote auf über 40 Prozent angestiegen ist?
Maischberger: Frau Rettig, auf Sie werden voraussichtlich keine 23 Wechsel zukommen. Sie arbeiten in einem Unternehmen mit Rotationsprinzip. Das heißt, Sie wechseln spätestens alle drei Jahre Ihren Bereich.
Sarah Rettig: Ich bin jetzt seit sieben Jahren in diesem Unternehmen, und mir haben bisher zwei interne Wechsel sehr gutgetan. Nach einer gewissen Zeit schleicht sich einfach Routine in jede Tätigkeit ein. Da müssen wir uns nichts vormachen. In dem Moment, wo die Routine da ist, beginnen die Angestellten, den Besitzstand zu wahren, sich mit sich selbst und dem Abteilungsgerangel zu beschäftigen, und die Leistung nimmt ab. Da geht es dann irgendwann nur noch um interne Macht und Einfluss, gar nicht mehr ums Arbeiten. Das habe ich in meinem ersten Job miterlebt. Das ist sehr ungesund. Durch die Rotation vermeiden wir das. Ich hätte früher nie gedacht, dass ich genauso gut im Personalbereich wie im Controlling arbeiten könnte. Aber der Wechsel tut einfach sehr gut, er verhindert, dass man es sich allzu gemütlich einrichtet. Und gemütlich wird ja auch schnell langweilig.
Maischberger: Führung bedeutet heute vor allem Visionen und Richtungen vorgeben. Es haben sich in den oberen Etagen Menschen durchgesetzt, die kaum mehr einen Fachbezug haben. Wird dies von der Belegschaft akzeptiert?
Rettig: Natürlich beschweren sich immer einige, die Führungskraft hätte ja keine Ahnung. Da herrscht schon noch die alte Denke.
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